Normen
AVG §68 Abs1;
BauO Tir 1989 §25 lita;
BauO Tir 1989 §27 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
BauO Tir 1989 §25 lita;
BauO Tir 1989 §27 Abs3;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 2. Mai 1995 beantragte der Erstmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau des Dachgeschosses und den Aufbau von Kapfern für das Objekt F Nr. 428, wobei die Vergrößerung der Kubatur um 26,24 m3 erfolgen sollte. Eigentümer des Grundstückes sind der Erstmitbeteiligte und der Beschwerdeführer. Über dieses Ansuchen fand am 7. Juni 1995 eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer der Baubehörde ein Schreiben vom 7. Juni 1995 überreichte, in dem er im wesentlichen ausführte:
"Gegen das Bauvorhaben erhebe ich keine Einwendungen, wenn mir seitens des Bauwerbers (geltend auch für dessen Rechtsnachfolger) zugesichert wird, daß ..." (es folgen im weiteren zahlreiche Bedingungen). Der Bauwerber war mit diesen Bedingungen nicht einverstanden. Eine Einigung wurde in der Bauverhandlung nicht erzielt. Der Beschwerdeführer fügte seinem Schreiben vom 7. Juni 1995 in der Verhandlung handschriftlich folgenden Satz hinzu: "Und ich behalte mir weiterführende Schritte vor." Im Verhandlungsprotokoll über die mündliche Verhandlung wurde festgehalten, daß sich der Bauwerber bezüglich der privatrechtlichen Fragen mit dem Beschwerdeführer verständigen werde und daß der Bauwerber um den vorzeitigen Baubeginn angesucht habe. Dieser vorzeitige Baubeginn wurde von der Baubehörde erster Instanz noch in der Verhandlung vom 7. Juni 1995 abgelehnt, zumal es zwischen den Miteigentümern zu keiner Einigung gekommen sei und der Beschwerdeführer die erforderliche Zustimmung nicht erteile. Am 8. Juni 1995 setzte der Bauwerber unter die Eingabe des Beschwerdeführers vom 7. Juni 1995 die Worte "Zustimmung 8. Juni 1995 J". Mit Bescheid des Bügermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Juni 1995 wurde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, in der er ausführte, als Miteigentümer erteile er seine Zustimmung zum Bauvorhaben nicht.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Oktober 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Juni 1995 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die Baubehörde erster Instanz sei die Zustimmung des Miteigentümers gegeben gewesen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. März 1996 keine Folge. Sie teilte im wesentlichen die Rechtsansicht des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie der Erstmitbeteiligte, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 6 der Tiroler Bauordnung (TBO) ist als Zubau die Vergrößerung eines bestehenden Gebäudes durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume zu verstehen. Ein Anbau ist ein Zubau in waagrechter Richtung, ein Aufbau ist ein Zubau in lotrechter Richtung. Nach Abs. 7 dieser Bestimmung ist ein Umbau die bauliche Veränderung eines Gebäudes, durch die, ohne die Ausmaße zu vergrößern, die Raumeinteilung oder die äußere Gestalt des Gebäudes so verändert wird, daß das Gebäude nach der Veränderung im Verhältnis zum ursprünglichen Gebäude als ein anderes anzusehen ist.
§ 25 TBO normiert die bewilligungspflichtigen Bauvorhaben. Demnach bedarf einer Bewilligung der Baubehörden (lit. a) der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden. Nach § 27 Abs. 3 leg. cit. ist einem Ansuchen um die Erteilung der Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau eines Gebäudes der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes an der zu bebauenden Grundfläche anzuschließen bzw. die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer bzw. Bauberechtigter ist.
Die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. aller Grundeigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist, stellt sich somit als Belegerfordernis eines Ansuchens um Erteilung der Baubewilligung dar. Da das Gebäude durch die Ausgestaltung des Kapfers eine Vergrößerung der Kubatur erfahren soll, liegt zweifellos ein Zubau vor, zu dem die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich ist.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß die Zustimmung des Grundeigentümers "liquid" vorliegen, d.h. es darf nicht strittig sein, ob der Grundeigentümer seine Zustimmung erteilt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1986, Zl. 86/06/0080). Die Zustimmung des Miteigentümers ist bis zur Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides rechtlich erheblich, d.h., die Zustimmung kann auch im Berufungsverfahren mit der Wirkung zurückgezogen werden, daß die Baubewilligung nicht mehr erteilt werden kann. Die Zustimmung muß nämlich auch im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung liquid vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1987, Zl. 86/05/0109, BauSlg. 951, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die Zustimmung des Miteigentümers während des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegen ist oder nicht, da der Beschwerdeführer als Miteigentümer jedenfalls in seiner Berufung klargestellt hat, daß er dem Bauvorhaben seine Zustimmung nicht erteilt. Damit durfte aber der Gemeindevorstand die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters nicht als unbegründet abweisen, er hätte vielmehr die beantragte Baubewilligung versagen müssen. Die Vorstellungsbehörde hat, ausgehend von der falschen Rechtsansicht, daß es nur auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides ankomme, zu Unrecht die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters abgewiesen wurde, abgewiesen. Damit belastete sie ihren Bescheid ihrerseits mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
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