VwGH 96/04/0264

VwGH96/04/026417.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der P-Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 15. Oktober 1996, Zl. 15/223-1/1996, betreffend Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §51 Abs1;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §51 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 15. Oktober 1996 wurde die Beschwerde der P-Gesellschaft m.b.H. gegen die Beschlagnahme einer weißen Ringmappe mit Werbematerial und Nichtherausgabe dieser Gegenstände bis zum 30. August 1996 als unzulässig zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei bereits im Beschwerdevorbringen ausgeführt worden, daß der gegenständlichen Beschlagnahme der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 2. Juli 1996, Zl. 2-St-1682/4, zugrunde gelegen habe. Die Beschlagnahme habe daher auf Grund dieses Bescheides bekämpft werden können und es habe die Bekämpfung auch zu einem entsprechenden Erfolg geführt. Mit dem am 29. August 1996 den Geschäftsführern der Beschwerdeführerin zugestellten Berufungsbescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. August 1996 sei ausgesprochen worden, daß der erstbehördliche Beschlagnahmebescheid ins Leere gegangen sei. Für ein weiteres Rechtsmittel in der gleichen Angelegenheit sei daher kein Raum, zumal nach dem Willen des Gesetzgebers durch die Beschwerdemöglichkeit gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG ein doppelter Rechtszug nicht eröffnet werden sollte. Durch die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme vom 29. August 1996 bis zum 30. August 1996 sei keine Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden, weil es sich dabei nicht um ein Tun, sondern um ein Unterlassen gehandelt habe. Es sei der Beschwerdeführerin freigestanden, die Mappe bei der Behörde abzuholen und es habe sie diese dort auch ausgehändigt erhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Sachentscheidung über ihre an die belangte Behörde erhobene Beschwerde, im Recht auf Nichtbeschlagnahme, Stattgebung der an die belangte Behörde erhobenen Beschwerde sowie auf Zuspruch von Kostenersatz verletzt. Sie bringt hiezu im wesentlichen vor, sie sei Eigentümerin einer weißen Ringmappe mit Werbematerial, die am 6. März 1996 von der Gendarmerie gemäß § 39 Abs. 2 VStG beschlagnahmt worden sei. Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel jeweils vom 2. Juli 1996 sei den handelsrechtlichen Geschäftsführern der Beschwerdeführerin vorgeworfen worden, sie hätten es zu verantworten, daß von der Beschwerdeführerin - auf näher beschriebene Art und Weise - das Versicherungsagentengewerbe ausgeübt worden sei, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gleichzeitig sei zur Sicherung der Strafe des Verfalls die Beschlagnahme der weißen Ringmappe mit Werbematerial ausgesprochen worden. Die vom Geschäftsführer N. erhobene Berufung sei mit dem am 29. August 1996 zugestellten Bescheid der belangten Behörde als unzulässig zurückgewiesen worden, weil der Beschlagnahmebescheid ins Leere gegangen sei. Die Beschlagnahme von Gegenständen könne nur dem Eigentümer gegenüber ausgesprochen werden, an diesen sei der Beschlagnahmebescheid aber gar nicht gerichtet worden. Es seien daher weder N. noch die Beschwerdeführerin zur Berufung legitimiert. Teile man diese Auffassung der belangten Behörde, so fehle es an einer bescheidförmigen Deckung für die Beschlagnahme und zwar von Anfang an, sodaß die Beschlagnahme als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden müsse, die aus näher dargelegten Gründen auch rechtswidrig sei. Unzutreffend sei weiters die Ansicht der belangten Behörde, die Untätigkeit der Behörde zwischen dem 29. und dem 30. August 1996 sei nicht als faktische Amtshandlung zu werten. In der nicht sofortigen Rückstellung der Werbemappe liege nämlich eine "qualifizierte Untätigkeit"; diese sei jedoch als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen.

Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Wie die belangte Behörde insoweit zutreffend ausgeführt hat, dienen die Regelungen über die sogenannte Maßnahmenbeschwerde nach ständiger hg. Judikatur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein und desselben Rechtes. Akte, deren Rechtmäßigkeit im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu beurteilen ist, sind daher nicht als Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG bekämpfbar (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0231).

Im vorliegenden Beschwerdefall steht unbestritten fest, daß die zunächst vorläufig erfolgte Beschlagnahme durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 2. Juli 1996 bestätigt wurde. Gegen diesen Bescheid stand der Beschwerdeführerin als Sacheigentümerin und somit als Partei im Beschlagnahmeverfahren (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1983, Zl. 83/17/0034), die Möglichkeit offen, Berufung zu erheben und solcherart die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme beurteilen zu lassen. Der Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 1996 ist im übrigen mit hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1997, Zl. 96/04/0215, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden; in diesem Erkenntnis wurde u.a. die Auffassung, der erstbehördliche Beschlagnahmebescheid sei ins Leere gegangen, als unzutreffend beurteilt.

Konnte die Beschwerdeführerin die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme aber in dem ihr offenstehenden Verfahren nach § 39 VStG beurteilen lassen, so besteht die Auffassung der belangten Behörde, die von der Beschwerdeführerin gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erhobene Beschwerde sei unzulässig, zu Recht.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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