Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §39 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §39 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 24. März 1993 (bei der Erstbehörde eingelangt am 29. März 1993) richtete die mitbeteiligte Partei an die Bezirkshauptmannschaft Hartberg folgendes Schreiben:
"Ich bin im Besitze einer Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Getreidemüllergewerbes gem. Par. 94 Z 20 GewO 1973 mit dem Standort 8230 H, B-Gasse 24. Verl.Daten: Gewerbeschein der BH Hartberg vom 3.1.1989, GZ: 4 Po 180-1988,
Reg.Zl.: P 2/1989 hw.
Gem. Par. 74 GewO 1973 ersuche ich um gewerbebehördliche Genehmigung einer Aufbereitungsanlage von Getreide bzw. Leguminosen sowie für die Zerkleinerung von Getreide bzw. Leguminosen (Vermahlung/Schälung) auf dem Standort
8230 Hartberg, B-Gasse 24."
In einem weiteren Schreiben an die Erstbehörde vom 20. Juni 1993 führte die mitbeteiligte Partei folgendes aus:
"Kurzbeschreibung unserer Getreidemühle:
Getreidemühle P ist 70 Jahren ein Familienbetrieb. 1989 wurde die Mühle dem Getreidemüllermeister R P übergeben.
Aufgabenbereich ist, Aufkauf von Getreide, mit anschließender Verarbeitung (Vermahlen-Schälen) des Getreides.
Arbeitnehmer sind in der Produktion nicht beschäftigt. (Mühle) Meine Mutter, M P arbeitet als kaufmännische Kraft im Betrieb.
Unsere Kunden sind Bäckereien, Handelsbetriebe, Gastronomie, Internate und Letztverbraucher.
Die Fertigprodukte werden lose und verpackt ausgeliefert."
Nach Durchführung zweier mündlicher Augenscheinsverhandlungen erließ die Bezirkshauptmannschaft Hartberg über dieses Ansuchen den mit 18. Juli 1994 datierten Bescheid, dessen Spruch in seinem ersten Absatz wie folgt lautet:
"Gemäß § 81 in Verbindung mit § 359 Abs. 1 GewO. 1994, BGBl. Nr. 194, wird die gewerbebehördliche Genehmigung für die im Abschnitt A (Betriebsbeschreibung) dieses Bescheides beschriebene Betriebsanlage in 8230 Hartberg, B-Gasse 24, auf Gst.Nr. 13/3, auf Baufläche .35/2, KG.: H, nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen unter Zugrundelegung der Betriebsbeschreibung (Abschnitt A des Spruches) sowie der anschließend angeführten Auflagen (Abschnitt B des Spruches) erteilt."
Unter Punkt A) Betriebsbeschreibung wird u.a. folgendes ausgeführt:
"Für die gegenständliche Betriebsanlage bestehen nachstehende gewerbebehördliche Betriebsstättengenehmigungen:
GZ.: 4 P 19/3 - 1964 vom 16.3.1965 (Genehmigung für den Bau eines Getreidespeichers);
GZ.: 4 P 15/2 - 1966 vom 2.12.1966 (gewerbe- und baubehördliche Genehmigung für den Bau eines Mehllager- und Laderaumes);
GZ.: 4 P 3/6 - 1967 vom 25.1.1967 (gewerbe- und baubehördliche Benützungsbewilligung für einen Getreidespeicher)."
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 27. April 1995 insofern Folge, als zu den im erstbehördlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen eine weitere Auflage vorgeschrieben wurde.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. Dezember 1995 abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit einem gleichlautenden Antrag.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in den durch § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2, § 77 Abs. 1 und 2 und § 81 GewO 1994 gewährleisteten Rechten auf Untersagung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Betrieb einer Mühle verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, der von der belangten Behörde beim Schlafzimmerfenster seiner Wohnung gewählte Immissionspunkt sei unrichtig gewählt. Richtigerweise hätte als Immissionspunkt die Grundgrenze herangezogen werden müssen. Auch sei im Rahmen der Lärmmessung nicht der Grundgeräuschpegel in den späteren Nachtstunden festgestellt worden.
Die Beschwerde erweist sich bereits auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt:
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in der Z. 1 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen oder die in den Z. 2 bis 5 genannten Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen hervorzurufen.
Nach dem § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 81 GewO 1994 handelt es sich so wie auch bei einer Genehmigung nach § 77 leg. cit. um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Die Behörde ist in einem solchen Verfahren an den Inhalt des Antrages gebunden. Es steht ihr nicht frei, abweichend von diesem je nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Genehmigung zur Errichtung im Sinne der §§ 74 Abs. 2 und 77 oder zur Änderung im Sinne des § 81 leg. cit. zu erteilen bzw. zu versagen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 91/04/0197). Um dem Bestimmtheitserfordernis des § 59 AVG zu entsprechen, muß der Spruch eines derartigen Bescheides so gefaßt sein, daß kein Zweifel darüber aufkommen kann, ob es sich bei der erteilten Genehmigung um die erstmalige Genehmigung einer Betriebsanlage oder um die Genehmigung der Änderung einer bereits genehmigten Betriebsanlage handelt.
Schließlich setzt die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage begrifflich das Bestehen einer bereits genehmigten Betriebsanlage voraus. Der Begriffsinhalt (Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage) schließt die Subsumtion eines gegebenen Sachverhaltes unter die Bestimmung des § 81 GewO 1994 dann aus, wenn ein unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 74 Abs. 2 Einleitungssatz leg. cit. im konkreten Fall zu beurteilender sachlicher oder örtlicher Zusammenhang mit der bestehenden genehmigten - "geänderten" - Betriebsanlage fehlt. Demnach kann etwa auch eine Gesamtumwandlung einer bereits bestehenden Betriebsanlage unter Wegfall des genannten Zusammenhanges nicht als Änderung im Sinne des § 81 GewO 1994 angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1987, Zl. 86/04/0118, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall vermag der Verwaltungsgerichtshof dem eingangs wörtlich wiedergegebenen Ansuchen der mitbeteiligten Partei nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, ob es sich dabei um ein Ansuchen um Genehmigung der Änderung einer bereits bestehenden Betriebsanlage (wofür der Inhalt der dem Ansuchen beigelegten technischen Beschreibung spricht) oder um ein solches um Genehmigung einer Betriebsanlage im Sinne des § 77 GewO 1994 (wofür der Wortlaut des Ansuchens selbst spricht). Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, auf eine entsprechende Klarstellung zu drängen, bevor sie über dieses Ansuchen in der einen oder anderen Weise absprach. Sollte diese Klarstellung im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß es sich um einen Antrag nach § 81 GewO 1994 handelt, ist auf die Feststellungen im erstbehördlichen Bescheid hinzuweisen, wonach für den fraglichen Standort bisher lediglich gewerbebehördliche Genehmigungen für den Bau und den Betrieb eines Mehllager- und Laderaumes bzw. eines Getreidespeichers ergangen sind, während das vorliegende Ansuchen die Errichtung (Änderung) eines Produktionsbetriebes betrifft. Für den Verwaltungsgerichtshof ist unter diesen Umständen der in der oben wiedergegebenen Rechtsprechung geforderte sachliche und örtliche Zusammenhang zwischen der bestehenden genehmigten Betriebsanlage und der beabsichtigten Änderung nicht ohne weiteres ersichtlich. Die belangte Behörde wird daher in diesem Fall durch geeignete Erhebungen, allenfalls unter Beiziehung eines gewerbetechnischen Sachverständigen, die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, um im Rechtsbereich die Frage dieses Zusammenhanges abschließend beurteilen zu können.
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß es dem durch seine Bestätigung auch zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhobenen Spruch des erstbehördlichen Bescheides insofern an der erforderlichen Klarheit mangelt, als darin zwar einerseits als Rechtsgrundlage § 81 GewO 1994 zitiert wird, andererseits aber die Genehmigung für eine näher bezeichnete Betriebsanlage und nicht für die Änderung einer bereits bestehenden Betriebsanlage erteilt wird, mag auch aus der diesem Abspruch beigegebenen Betriebsbeschreibung die wahre Absicht der belangten Behörde erkennbar sein.
Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da einerseits der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war und andererseits wegen seines Umfanges von lediglich drei Bogen hiefür eine Beilagengebühr von S 90,-- zu entrichten war.
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