Normen
AVG §79a Abs3 idF 1995/471;
AVG §79a Abs7 idF 1995/471;
AVG §79a;
B-VG Art131 Abs1 Z2;
VwGG §26 Abs1 Z2;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §50;
VwGG §52 Abs1;
VwGG §52;
AVG §79a Abs3 idF 1995/471;
AVG §79a Abs7 idF 1995/471;
AVG §79a;
B-VG Art131 Abs1 Z2;
VwGG §26 Abs1 Z2;
VwGG §26 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §50;
VwGG §52 Abs1;
VwGG §52;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches über den Kostenersatz insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als die Mitbeteiligte nicht zum Kostenersatz verpflichtet wurde. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zunächst wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 94/02/0031, verwiesen, womit der Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 1993 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben wurde; dies im wesentlichen mit der Begründung, bei der Eingabe der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom 12. Oktober 1993 - nur diese sei Gegenstand des angefochtenen Bescheides - handle es sich um eine "bloße Aufsichtsbeschwerde" an den Stadthauptmann, sodaß in dem erwähnten Schreiben keine Beschwerde an die belangte Behörde zu erblicken sei.
Mit Bescheid vom 21. August 1996 entschied die belangte Behörde über eine Beschwerde der mitbeteiligten Partei wegen behaupteter Verletzung des Rechtes auf persönliche Freiheit im Zusammenhang mit der am 7. Oktober 1993 um 7.45 Uhr erfolgten Festnahme durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien sowie der daraufhin erfolgten Anhaltung bis 8.15 Uhr desselben Tages dahin, daß gemäß § 67c Abs. 3 AVG der auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerde stattgegeben und sowohl die Festnahme als auch die daraufhin erfolgte Anhaltung der Mitbeteiligten für rechtswidrig erklärt wurde. Gemäß § 79a AVG wurden der Mitbeteiligten "als Ersatz für Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand S 9.460,-- (S 18.920,-- Halbe zufolge gemeinsamer Beschwerde- und Verfahrensführung)" - gemeint:
gemeinsam mit ihrer Schwester (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 96/02/0482, diese betreffend) - zugesprochen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (früher: Wissenschaft, Verkehr und Kunst) an den Verwaltungsgerichtshof.
Dieser hat erwogen:
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde und der Mitbeteiligten in ihren jeweiligen Gegenschriften ist die vorliegende Beschwerde, wie sich aus deren Fertigungsklausel "Für den Bundesminister:" ergibt, dem beschwerdeberechtigten Bundesminister zuzurechnen (vgl. in diesem Sinne die bei Hauer-Leukauf, 5. Auflage, Seite 196f zitierte hg. Vorjudikatur zur Zurechnung eines Verwaltungsaktes).
Auch an der Rechtzeitigkeit der Beschwerde zu zweifeln besteht kein Anlaß. Insoweit genügt es im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 26 Abs. 1 Z. 4 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 2. März 1992, Zl. 91/19/321, unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zu verweisen; dieselben Erwägungen gelten sinngemäß für die im Beschwerdefall anzuwendende Vorschrift des § 26 Abs. 1 Z. 2 VwGG.
Schließlich sei zu einem diesbezüglichen Vorbringen der Mitbeteiligten in der Gegenschrift vermerkt, daß keine Vorschrift dahin besteht, wonach der zuständige Bundesminister im Grunde des Art. 131 Abs. 1 Z. 2 VwGG nicht auch den erwähnten Kostenspruch zum Gegenstand einer diesbezüglichen Beschwerde erheben könnte. Auch die Mitbeteiligte vermag sich auf eine solche Vorschrift nicht zu berufen. Entgegen der Ansicht der Mitbeteiligten ist daher auch der Kostenspruch einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, wobei dem auch die Vorschrift des § 63 Abs. 1 VwGG - sollte das Vorbringen der Mitbeteiligten in dieser Hinsicht zu verstehen sein - nicht entgegensteht, weil sich der Verwaltungsgerichtshof dazu im zitierten Vorerkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 94/02/0031, gar nicht geäußert hat (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 733 zitierte hg. Vorjudikatur).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers lag sehr wohl eine von der belangten Behörde zu erledigende Beschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG vor: Zu Recht hat die belangte Behörde bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf den Schriftsatz der Mitbeteiligten vom 17. November 1993 verwiesen, welcher (unbestrittenermaßen) innerhalb der sechswöchigen Frist des § 67c Abs. 1 AVG eingebracht wurde. Aus diesem Schriftsatz läßt sich jedoch entnehmen, daß die Mitbeteiligte (neben einer Reihe von weiteren behaupteten Verwaltungsakten wie etwa den Befehlen, mit dem Flugblattverteilen "sofort aufzuhören" bzw. zur Ausweisleistung) auch die "kurzfristige Festnahme" bekämpfte, wie sich insbesondere aus der expliziten Bezugnahme auf den erwähnten Schriftsatz vom 12. Oktober 1993 ("Präzisierung und Ergänzung der Beschwerde vom 12.10.1993") ergibt. Darauf, daß dieser Schriftsatz vom 12. Oktober 1993 nicht als Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat anzusehen war (vgl. das zit. hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 94/02/0031), kommt es nicht an. Für eine Zurückweisung dieser Beschwerde vom 17. November 1993 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache bestand - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - schon im Hinblick auf die dargestellte Rechtsnatur des Schreibens vom 12. Oktober 1993 kein Anlaß.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich auch vor, die belangte Behörde habe ohne "nähere Begründung" als erwiesen angenommen, daß die Festnahme der Mitbeteiligten auf den Verdacht einer Übertretung des § 82 StVO beruht habe, obwohl der Zeuge Insp. A anläßlich seiner Einvernahme am 11. Mai 1994 ausgesagt habe, "auch wegen § 78 StVO" eingeschritten zu sein. Damit vermag der Beschwerdeführer schon deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel darzutun, weil der erwähnte Zeuge bei diesem Anlaß nicht ausschließen konnte, daß die Ansammlung der Schüler auf dem Gehsteig ihre Ursache in der gegenständlichen Intervention der Polizei hatte ("Ich glaube nicht, daß die Schüler nur wegen der Polizei dastanden").
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Ansehung der Rechtswidrigkeit der Feststellung der von der Mitbeteiligten bekämpften Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darzutun. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Umfang als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Hingegen ist die Beschwerde, soweit damit der Ausspruch über den Kostenersatz bekämpft wird, berechtigt:
Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf den Umstand, daß die Mitbeteiligte (durch ihren Vertreter) am 18. Juli 1996 sämtliche anderen "Beschwerdepunkte" mit Ausnahme der Festnahme und Anhaltung zurückgezogen habe. In diesen (zurückgezogenen) Punkten sei daher die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat belangte Behörde, die Bundespolizeidirektion Wien, gemäß § 79a Abs. 3 AVG als obsiegende Partei zu betrachten gewesen; die belangte Behörde hätte daher auch der Bundespolizeidirektion Wien Kosten zusprechen müssen.
Die belangte Behörde verweist dagegen auf die "ständige Judikatur" des Verwaltungsgerichtshofes, daß selbst bei Bescheiden mit einer Vielzahl von Spruchpunkten der Beschwerdeführer bei Obsiegen auch nur in einem einzigen Spruchpunkt Anspruch auf vollen Kostenersatz habe, in der Mehrzahl der anderen Punkte jedoch kein Obsiegen der belangten Behörde zu sehen sei. Die belangte Behörde hat hiebei offenbar die Vorschrift des § 50 VwGG vor Augen, wonach in Fällen, in denen eine Beschwerde gegen einen Verwaltungsakt teilweise Erfolg hatte, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen ist, wie wenn der Bescheid zur Gänze aufgehoben worden wäre.
Damit verkennt die belangte Behörde zunächst, daß § 79a AVG durch die Novelle BGBl. Nr. 471/1995 eine Änderung erfahren hat, wobei diese Novelle insoweit am 1. Jänner 1996 in Kraft trat (vgl. deren Ziffer 22) und daher - mangels diesbezüglicher Übergangsbestimmung - im Beschwerdefall anzuwenden war.
§ 79a Abs. 7 AVG in der soeben erwähnten Fassung sieht lediglich vor, daß die §§ 52 bis 54 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (sohin nicht dessen § 50) auch für den Aufwandersatz nach Abs. 1 gelten. In § 79a Abs. 3 AVG ist unter anderem vorgesehen, daß dann, wenn die Beschwerde vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei ist. Der Beschwerdeführer ist daher damit im Recht, daß die Bundespolizeidirektion Wien als belangte Behörde vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in dem Umfang als obsiegende Partei anzusehen gewesen wäre, als die Mitbeteiligte ihre Beschwerde zurückzog und sie auf die Festnahme und Anhaltung reduzierte. Wurden nämlich von einem oder mehreren Beschwerdeführern in einer Beschwerde mehrere Verwaltungsakte angefochten, so ist gemäß dem nach § 79a Abs. 7 AVG hier anzuwendenden § 52 VwGG die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre (vgl. im Zusammenhang mit der Bekämpfung sogenannter "faktischer Amtshandlungen" die hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 1992, Zl. 91/01/0200 und vom 27. Dezember 1996, Zl. 94/01/0714).
Dadurch, daß die belangte Behörde allein der Mitbeteiligten Kosten gemäß § 79a AVG zugesprochen und damit implizit den Kostenanspruch der bei ihr belangten Behörde verneinte (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 94/01/0714), hat sie die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seines Ausspruches über den Kostenersatz gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insoweit aufzuheben, als die Mitbeteiligte nicht zum Kostenersatz verpflichtet wurde (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 94/01/0714).
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