VwGH 96/02/0113

VwGH96/02/011329.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in der Beschwerdesache des P in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen die vom Beschwerdeführer als "Bescheid" qualifizierte Erledigung des Kommandanten des Polizeigefangenenhauses Wien vom 2. Juni 1995, Zl. G 566/1995, betreffend eine Beschwerde gemäß § 23 der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Erledigung vom 2. Juni 1995 teilte der Kommandant des Polizeigefangenenhauses Wien dem Beschwerdeführer zu dessen Eingabe gemäß § 23 der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung (kurz: PGH-HO) mit, daß die Dauer der Anhaltung des Beschwerdeführers im Polizeigefangenenhaus Wien schon längere Zeit vor Einbringen dessen Beschwerde geendet habe. Die genannte Norm würde nur in Haft befindlichen Personen ein Beschwerderecht an den Kommandanten einräumen. Eine derartige Beschwerde habe der Beschwerdeführer aber während seiner Anhaltung nicht an den Kommandanten herangetragen. Das Schreiben des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, eine nachträgliche (d.h. nach Beendigung von dessen Haft getroffene) Entscheidung gemäß § 23 Abs. 2 erster Satz PGH-HO durch den Kommandanten herbeiführen. In weiterer Folge nahm der Kommandant zu den vom Beschwerdeführer gestellten Anträgen allgemein rechtlich Stellung, ohne über diese in formeller Weise abzusprechen, und informierte den Beschwerdeführer, daß er wegen eines weiteren Teilantrages seine "Beschwerde" an die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See weitergeleitet habe.

Gegen diese Erledigung, die der Beschwerdeführer als Bescheid qualifizierte, erhob dieser zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 27. November 1995, B 2171/95, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde durch denjenigen erhoben werden, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde ist daher unter anderem, daß überhaupt ein Bescheid im Sinne dieser Bestimmung vorliegt.

Unbestritten ist, daß die gegenständliche Erledigung keinen als Spruch gekennzeichneten Teil enthält und ihr auch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid fehlt. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, VwSlg. Nr. 9458/A, ausgeführt hat, kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nach der zitierten Judikatur nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Bei Zweifel über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar der Verwendung "... teile ich Ihnen mit ..." oder der Grußformel "Mit freundlichen Grüßen". Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher zu schließen, daß kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0195). Da dem angefochtenen "Bescheid" lediglich die Mitteilung der Rechtsansicht des als belangte Behörde genannten Kommandanten - ohne Anhaltspunkt für eine normative Regelung gegenüber dem Beschwerdeführer - zu entnehmen ist, fehlt dieser der erforderliche Bescheidcharakter.

Die Beschwerde war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

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