VwGH 96/01/0797

VwGH96/01/079719.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1996, Zl. 4.347.079/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 19. Juli 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. August 1995, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft.

Mit Bescheid vom 7. Februar 1996 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz angegeben, sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten zu haben.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers und damit der Versagung von Asyl ausdrücklich auch damit begründet, daß der Beschwerdeführer infolge seines Aufenthaltes in diesem Staat bereits dort Verfolgungssicherheit erlangt habe, weshalb zufolge Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Asylgewährung ausgeschlossen sei. Die belangte Behörde befaßte sich hiebei näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit", wobei sie im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die Rechtslage richtig erkannt hat.

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde neben Ausführungen betreffend seine behauptete Flüchtlingseigenschaft zur Frage der Erlangung von Verfolgungssicherheit vorgebracht, es sei für die Erlangung von Verfolgungssicherheit erforderlich, daß der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden eines Durchreisestaates bekannt sei und von diesen geduldet werde. Er habe sich in Ungarn lediglich auf der Durchreise mit einem Auto für einige Stunden aufgehalten, wobei sein Aufenthalt den ungarischen Behörden nicht bekannt gewesen sei, sodaß diese seinen Aufenthalt hätten weder dulden noch billigen können. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde daher davon auszugehen müssen, daß sich der Beschwerdeführer nicht in einem sicheren Drittland aufgehalten habe.

Darauf ist zu erwidern, daß es für die Annahme der Verfolgungssicherheit genügt, daß der Asylwerber in dem Staat, in dem er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet aufgehalten hat, keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Von Verfolgungssicherheit kann nicht erst ab einer bestimmten Aufenthaltsdauer des Asylwerbers in einem Durchreisestaat oder dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde (vgl. für viele andere das bereits angeführte Erkenntnis vom 6. September 1995). Dem Einwand, die "neue Rechtslage" verlasse den Boden der Genfer Flüchtlingskonvention, ist entgegenzuhalten, daß die Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl. Nr. 55/1955) und das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. Nr. 78/1974) gemäß Art. 50 Abs. 1 und3 B-VG im Rang einfachgesetzlicher Bestimmungen in die österreichische Rechtsordnung transformiert wurden. Es handelt sich dabei nicht um gegenüber dem Asylgesetz 1991 höherrangige Normen, an denen das Asylgesetz 1991 zu messen wäre. Vielmehr stellt das Asylgesetz 1991 gegenüber der Genfer Flüchtlingskonvention und dem angeführten Protokoll im innerstaatlichen Bereich die lex posterior und die lex specialis dar, der im Fall eines Konfliktes dieser Normen der Vorrang zukäme (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/01/1177, und vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0402). Mit den von ihm ins Treffen geführten Argumenten hat der Beschwerdeführer somit keine Umstände geltend gemacht, aus denen sich Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 oder an der Erlangung der Verfolgungssicherheit in Ungarn ergeben könnten.

Ausgehend vom Beschwerdevorbringen sind somit keine Gründe ersichtlich, aus denen der Beschwerdeführer gehindert gewesen wäre, bereits in Ungarn - dieser Staat ist der Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1989 mit Wirksamkeit vom 12. Juni 1989 (Artikel 43 Z. 2) unter der Einschränkung des Artikels 1 Abschnitt B lit. a beigetreten (vgl. BGBl. Nr. 260/1992) - um Asyl anzusuchen. Da auch kein Sachverhalt geltend gemacht wurde, aus dem sich die Nichteinhaltung der aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen, insbesondere des Refoulement-Verbots, durch diesen Staat ergäbe, wurden somit keine Umstände vorgebracht, die gegen die von der belangten Behörde angenommene Erlangung der Verfolgungssicherheit in Ungarn sprächen.

Es ergibt sich somit, daß angesichts des Vorbringens des Beschwerdeführers der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer bereits in einem anderen Staat - nämlich in Ungarn - vor Verfolgung sicher war. Daraus folgt, daß die belangte Behörde, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, das Vorliegen des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung zugrunde legen konnte. Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als gegeben erachtet hätte, käme sohin die Asylgewährung für ihn nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde herangezogene, in der Beschwerde nicht bekämpfte Ausschlußgrund entgegenstünde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers betreffenden Beschwerdeausführungen unterbleiben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und somit auch ohne die beantragte Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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