VwGH 96/01/0643

VwGH96/01/06437.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Gemeinde S, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen die mit 28. Mai 1996 datierte Erledigung der Salzburger Landesregierung, Zl. 11/01-1512/34-1996, betreffend aufsichtsbehördliche Kurzeinschau, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
GdO Slbg 1994 §88;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
GdO Slbg 1994 §88;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Im vorgelegten Verwaltungsakt erliegt als OZl. 1 eine undatierte, weder paraphierte noch gefertigte Aufstellung über die Entwicklung der Finanzlage der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm sowie über die Tätigkeit der Gemeindeaufsicht. Auf Seite 3 dieser Aufstellung wird ausgeführt, am 23. Februar 1996 sei der Auftrag ergangen, die eingelangten Aufsichtsbeschwerden zu überprüfen. Diese Prüfung habe vom 20. bis 22. Mai 1996 stattgefunden, wobei auch die finanzielle Entwicklung und der ausgeglichen vorgelegte Voranschlag 1996 geprüft worden seien. Die Prüfung des Voranschlages sei in die Prüfung der Aufsichtsbeschwerden einbezogen worden, da angenommen habe werden können, dass der Ausgleich des Voranschlages 1996 auf Grund der Empfehlung vom 11. April 1995 (einjährige Abwicklung des Soll-Ergebnisses 1994 und dessen Bedeckung durch Sparmaßnahmen in den Jahren 1995 und 1996) ohne größere Probleme habe erreicht werden können.

Am 4. Juni 1996 übermittelte die Abteilung 11 des Amtes der Salzburger Landesregierung dem Landeshauptmann-Stellvertreter beigeschlossen "den Entwurf des Berichtes über die Kurzeinschau in der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm zur gefl. Kenntnisnahme und der ausdrücklich vorbehaltenen Unterfertigung". Auf diesem Schreiben vom 4. Juni 1996 findet sich handschriftlich der Vermerk

"s. seite 4 ansonsten o.k." sowie die Unterschrift (offenkundig) des Landeshauptmann-Stellvertreters unter Beifügung des Datums "5.6.95" (OZl. 3). Als OZl. 2 erliegt im Verwaltungsakt ein mit 28. Mai 1996 datierter Entwurf eines Schreibens der Salzburger Landesregierung an den Bürgermeister der Ortsgemeinde Saalbach-Hinterglemm. Handschriftlich findet sich auf diesem Entwurf der Vermerk "Mit Änderung auf Seite 4 o.k." und die Unterschrift des Landeshauptmann-Stellvertreters einschließlich des Datumsvermerks "5.6.95".

Unter Berücksichtigung der erwünschten Änderung auf Seite 4 erging, abgefertigt am 10. Juni 1996, die an den "Herrn Bürgermeister" der Ortsgemeinde Saalbach-Hinterglemm gerichtete Erledigung mit dem Betreff "Kurzeinschau" (weiterhin datiert mit 28. Mai 1996).

Das Schreiben wird wie folgt eingeleitet:

"Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Die Gemeinde Saalbach-Hinterglemm wurde einer aufsichtsbehördlichen Kurzeinschau mit dem Schwerpunkt 'Finanzlage' unterzogen. Das Ergebnis und die über den Schwerpunkt hinausgehenden Prüfungsfeststellungen werden in den folgenden Punkten dargestellt."

Das Schreiben ist in neun Punkte, diese teilweise auch weiter in Unterpunkte, unterteilt. Einzelne Passagen des Textes sind durch "Schwarzdruck" stärker hervorgehoben.

Punkt 1. des Schreibens ("Finanzlage") behandelt unter 1.1. zunächst die so genannte "Freie Budgetspitze 1994 und 1995". Unter

1.2. ("Voranschlag 1996") wird der von der Gemeinde vorgelegte Voranschlag für 1996 knapp zusammengefasst und als Schlussfolgerung ausgeführt, dass die Budgetspitze weit in den negativen Bereich sinken werde, wenn der Voranschlag 1996 in der vorgelegten Form vollzogen werde und die gestundeten Tilgungen als laufende Ausgaben berücksichtigt würden. Dies bedeute, dass es der Gemeinde nicht mehr möglich sei, ihre laufenden Ausgaben mit den laufenden Einnahmen zu bedecken. Unter 1.3. ("Ausgleich des Voranschlages 1996") wird ausgeführt, dass die Ausgeglichenheit des Voranschlages nur durch dessen unrealistische Erstellung habe erreicht werden können. Der von der Gemeinde vorgelegte Voranschlag für das Jahr 1996 könne von der Aufsichtsbehörde nicht zur Kenntnis genommen werden. Der Voranschlag sei realistisch zu erstellen und erneut der Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorzulegen. Als Termin für die Vorlage des überarbeiteten Voranschlages werde der 15. Juli 1996 vorgesehen. Bis dahin dürften nur Ausgaben zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes und keinesfalls Ausgaben, die in das Ermessen der Gemeinde fallen, bestritten werden.

Unter Punkt 2. ("Aussetzung von Tilgungen") behandelt das Schreiben die von der Gemeindevertretung beschlossene Aussetzung für 1996 fälliger Kapitalraten näher genannter Darlehen. Die diesbezüglichen Vorgänge seien in der Gemeinde nicht ausreichend dokumentiert worden. Die Gemeinde werde aufgefordert, die kompletten Unterlagen über die Änderungen der Darlehensverträge zur Prüfung vorzulegen.

Punkt 3. ("Jahresrechnung 1995") zerfällt in drei Unterpunkte. Unter 3.1. ("Ergebnisse") wird festgestellt, dass außerordentliche Einnahmen nicht zweckgebunden verwendet worden seien, was einen Verstoß gegen das im außerordentlichen Haushalt zwingend anzuwendende Einzeldeckungsprinzip darstelle. 3.2. ("Tunnel Hinterglemm") behandelt die Finanzierung des außerordentlichen Vorhabens "Tunnel Hinterglemm". Die Gemeinde habe zwischen 1988 und 1991 über S 6 Mio. vom ordentlichen Haushalt dem außerordentlichen Vorhaben zugefügt. Maximal dieser Betrag dürfe wieder in den ordentlichen Haushalt zurückfließen. Die restlichen verbleibenden Mittel seien ihrer Widmung entsprechend für Tilgungen zu verwenden. Unterpunkt 3.3. ("Vergütungen") behandelt kritisch eine Anordnung des Bürgermeisters, der zufolge ab April 1995 bestimmte Vergütungen zwischen den einzelnen Verwaltungszweigen nicht mehr zu erfassen und auch nicht zu buchen seien. Durch diese Anordnung sei wissentlich die Aussagekraft des Rechenwerkes wesentlich eingeschränkt worden, womit die Basis für eine gewissenhafte Gebührengestaltung verloren gegangen sei. Der Bürgermeister werde aufgefordert, die Anweisung vom 10. Mai 1995 aufzuheben.

Punkt 4. ("Hinterglemmer Bäder Ges.m.b.H. & CO KG") zerfällt in drei Unterpunkte. 4.1. ("Beteiligung") behandelt die Beteiligungsverhältnisse der Hinterglemmer Bädergesellschaft. In Anbetracht der finanziellen Lage müsse die Gemeindeaufsicht der Übernahme von zusätzlichen Gesellschaftsanteilen die Genehmigung verwehren, weil die daraus folgenden Mehrbelastungen zumindest "derzeit" nicht im Einklang mit der laufenden finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinde stünden.

Unter 4.2. ("Abstimmung") wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 27 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 ein Mitglied der Gemeindevertretung, soweit es nicht zeitweise zur Auskunftserteilung zugezogen wird, für die Dauer der Beratung und Beschlussfassung den Sitzungssaal zu verlassen habe.

Unter 4.3. ("Verlustabdeckung") wird festgestellt, dass die Gemeinde gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages von einer Verlustbeteiligung ausgeschlossen sei. Trotz dieser eindeutigen Regelung habe die Gemeinde für die Jahre 1991 bis 1994 Abgänge in einer Größenordnung von über S 1 Mio. übernommen. Zudem seien Vorauszahlungen für eine Kapitalaufstockung überwiesen und in den Jahren 1989 und 1990 Grundsteuer von je über S 50.000,-- übernommen worden. Mit Ausnahme der Übernahme der Grundsteuer seien alle angeführten Zahlungen beschlussmäßig bedeckt. Die derzeitige Finanzlage erlaube keine weiteren freiwilligen Kostenübernahmen.

Unter 5. ("TMG Tourismus Management Gesellschaft m.b.H.") wird darauf hingewiesen, dass der Gesellschaftsvertrag am 17. November 1992 von den Gesellschaftern unterfertigt und bereits am 7. Mai 1993 von der Gemeindeaufsicht genehmigt worden sei. Seitens der Gemeinde seien auch Zahlungen an die TMG erfolgt. Diese stehe aber nach wie vor in Gründung, es existiere nach rund zweijährigem Betrieb weder ein Büro, noch werde Personal beschäftigt. Die weitere Vorgangsweise sei mit den restlichen Gesellschaftern zu klären bzw. die Liquidation der Gesellschaft in Erwägung zu ziehen, weil bei weiterem Stillstand zumindest Kosten für die jährliche Erstellung der Bilanz anfielen, die durchaus zu vermeiden wären.

Unter Punkt 6. ("Auftragsvergaben/Vergabeordnung") wird festgestellt, dass bei Auftragsvergaben häufig nicht nach den gemeinderechtlichen Normen vorgegangen werde. Die Gemeinde sei bislang ihrer Verpflichtung, gemäß § 43 GdO 1994 eine eigene Vergabeordnung zu erlassen, nicht nachgekommen. Die Gemeinde werde aufgefordert, im Sinne der genannten Bestimmung eine eigene Vergabeordnung zu beschließen und diese auch einzuhalten. Dies stelle zwingendes Recht dar und könne von der Gemeinde nicht selbstständig abgeändert werden. Die Einhaltung der Bestimmungen des § 43 GdO 1994 stelle darüber hinaus eine wesentliche Bedingung für die Zuweisung von Mitteln aus dem "GAF" dar. Die Gemeinde habe zur Erlangung der Ausschüttung von GAF-Mitteln nicht nur die Aufstellung der entsprechenden Rechnungen, sondern auch den Nachweis der gesetzeskonformen Vorgangsweise bei den Auftragsvergaben vorzulegen. Widrigenfalls würden die GAF-Mittel nicht zur Auszahlung gelangen.

Unter Punkt 7. ("Geschäftsordnung") wird gerügt, dass die Gemeinde noch keine Geschäftsordnung besitze, obwohl diese gemäß § 32 GdO 1994 verpflichtend vorgeschrieben sei. Die Gemeinde habe ehestens eine Geschäftsordnung zu erlassen und der Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorzulegen.

Unter Punkt 8. ("Verfügungsmittel") wird festgestellt, dass im Jahr 1995 mehr "Verfügungsmittel" ausgegeben, als veranschlagt worden seien. Bei diesen Verfügungsmitteln handle es sich um solche Mittel, die der Bürgermeister im Rahmen des Voranschlages frei verwenden könne. Trotzdem seien Belege, die den einzelnen Geschäftsfall dokumentieren, vorzulegen. Es scheine wenig sinnvoll, einzelne Ausgaben im Rahmen der Verfügungsmittel zu kritisieren, vielmehr sei bereits bei der Festsetzung der Höhe dieser Mittel auf die Finanzlage und die Ausgeglichenheit des Voranschlages Rücksicht zu nehmen.

Sodann lautet das Schreiben wörtlich wie folgt:

"9. Zusammenfassung

Die Kurzeinschau zeigt einerseits, wie angespannt die Finanzlage der Gemeinde Saalbach-Hinterglemm ist. Dies kommt insbesonders in der unrealistischen Veranschlagung der Gewerbesteuer und der Härteausgleichszahlungen sowie der Stundung von Tilgungen zum Ausdruck. Diese Maßnahmen belaufen sich in Summe auf gerundet S 12,6 Millionen. Damit wurden trotz der Veranschlagung des Soll-Abganges 1994 (S 7,588.000,--) 'Reserven' geschaffen. Andererseits musste festgestellt werden, dass elementare gemeinderechtliche Normen zum Teil wissentlich missachtet werden.

Die Gemeinde Saalbach-Hinterglemm hat zur Sanierung der festgestellten Missstände folgende Maßnahmen zu treffen:

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