VwGH 95/21/0569

VwGH95/21/056921.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. März 1995, Zl. 104.975/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
B-VG Art132;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
B-VG Art132;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. Mai 1994 auf Verlängerung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Unterhalt des Beschwerdeführers allein durch die Pension seiner Ehegattin bzw. "durch die Verpflichtungserklärung" seines Enkels bestritten werden solle. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers durch Dritte sei aber nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Aufenthalt im Bundesgebiet seien den öffentlichen Interessen an der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung hintanzustellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, weil er am 18. März 1995 Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben habe. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, innerhalb von sechs Monaten ab Einlangen der Berufung gegen den abweislichen Bescheid der Erstbehörde über die Berufung abzusprechen. Mit Einlangen der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Sachantrag auf diesen Gerichtshof übergegangen. Die belangte Behörde sei zur Erlassung des nach diesem Zeitpunkt ergangenen Bescheides nicht mehr zuständig gewesen.

Dem kann nicht beigepflichtet werden. Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ändert sich an der Zuständigkeit der mit der Säumnisbeschwerde belangten Behörde zur Erlassung des versäumten Bescheides durch die Erhebung der Beschwerde nichts. Die in der genannten Vorschrift zwingend vorgesehene Erteilung eines Auftrages durch den Verwaltungsgerichtshof an die belangte Behörde, innerhalb einer Frist von höchstens drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Gerichtshof vorzulegen, knüpft an die nach wie vor bestehende Entscheidungszuständigkeit der belangten Behörde an und begrenzt diese lediglich. Mit dem fruchtlosen Ablauf dieser Frist geht die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache an den Verwaltungsgerichtshof über (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 auf Seite 534 zitierten hg. Entscheidungen). Da in dem hier in Rede stehenden Säumnisbeschwerdefall der versäumte Bescheid von der belangten Behörde vor Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof bestimmten Frist erlassen worden war, trifft der Vorwurf, die belangte Behörde sei hiefür unzuständig gewesen, nicht zu.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Finanzierung seines Aufenthaltes durch Dritte aufgrund einer Verpflichtungserklärung nicht geeignet sei, die Sicherung seines Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0765, ausgesprochen, daß die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG, wonach die Behörde einem Fremden trotz Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z. 2 oder 3 oder gemäß Abs. 2 einen Sichtvermerk erteilen kann, wenn aufgrund der Verpflichtungserklärung einer Person mit ordentlichem Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen können, gesichert erscheint, auch dann zum Tragen kommt, wenn die Behörde ihre Entscheidung nicht ausdrücklich auf das Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 2 oder Z. 3 FrG, sondern auf den im § 5 Abs. 1 AufG hervorgehobenen, inhaltsgleichen Ausschließungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes des Fremden stützt. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 3 Z. 2 FrG verneinte - wobei auch bei Heranziehung dieser Norm der Lebensunterhalt des Fremden für die Geltungsdauer der Bewilligung und nicht "dauernd" gesichert sein muß -, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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