VwGH 95/20/0666

VwGH95/20/066612.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. September 1995, Zl. SD 880/95, betreffend Entziehung des Waffenpasses und der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §60;
AVG §60;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid gab die belangte Behörde den Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Bescheide der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Juni 1995, Zl. III-W-772/AB/84, keine Folge und bestätigte die erstinstanzlichen Bescheide gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Ergänzung, daß die Entziehung der Urkunden auf § 20 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz 1986 (im folgenden: WaffG) gestützt werde. Mit diesen Bescheiden waren dem Beschwerdeführer der am 23. Juli 1987 ausgestellte Waffenpaß Nr. XXXX und die am 8. Oktober 1976 ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr. XXXX entzogen worden.

Zur Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde zunächst aus:

"Die Gründe der angefochtenen Bescheide waren auch für die Berufungsentscheidung maßgebend."

Die erstinstanzliche Behörde hatte ihre Entziehungsbescheide wie folgt begründet:

"Ihnen wurde im Zeitraum zwischen 14.12.1994 und 21.04.1995 Ihre Faustfeuerwaffe Marke Star, Nr.XXXX aus Ihren Büroräumlichkeiten in W, H-Straße 90 gestohlen. Bei Erhebungen konnte festgestellt werden, daß Sie die FFW in Ihrem Schreibtisch verwahrt hatten. Die Lade war abgeschlossen, jedoch ist die Stirnseite des Schreibtisches offen und man kann von dieser Seite in die Lade greifen. Diese Verwahrung muß auf jedenfall als mangelhaft angesehen werden, da mehrere Personen Zutritt zu Ihrem Büro haben und Sie auch eine Party mit 50 Personen gaben, wobei sich diese in den Büroräumlichkeiten frei bewegen konnten.

In Ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme vertreten Sie die Meinung, daß Personen in gehobenen Positionen nicht zu Gelegenheitsdieben werden können und somit als Täter ausscheiden. Diese Ansicht kann die Behörde nicht teilen. Faktum ist, daß die FFW entwendet wurde und die Verwahrung durch die Bauweise des Schreibtisches als mangelhaft anzusehen ist."

Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinen Berufungen eingehend, führte die belangte Behörde weiters aus, auch sie gehe davon aus, daß dem Beschwerdeführer im genannten Zeitraum eine Faustfeuerwaffe "abhanden gekommen" sei. Der Beschwerdeführer habe in seiner Diebstahlsanzeige angegeben, daß er die Waffe im Büro seiner Firma in einem abgesonderten Privatzimmer bzw. Büroraum in einer Lade des Schreibtisches verwahrt gehabt habe. Diese Schreibtischlade und die Tür zu diesem Büroraum seien grundsätzlich in seiner Abwesenheit versperrt, Spuren einer Gewaltanwendung seien nicht erkennbar gewesen, doch habe bei den Erhebungen festgestellt werden können, daß man von hinten in die Schreibtischlade greifen könne und daß es möglich sei, auf diese Weise die Waffe herauszunehmen. Die belangte Behörde setzte fort, der Berufungswerber habe glaubwürdig ausgeführt, daß ihm diese Zugriffsmöglichkeit nicht bekannt gewesen sei, sowie daß man in die Lade nur in der Weise greifen könne, daß man sich unter den Schreibtisch lege und sich zur Lade vortaste, was mangels Sichtmöglichkeit akrobatische Fähigkeiten erfordere.

Abschließend beurteilte die belangte Behörde den von ihr angenommen Sachverhalt wie folgt:

"Daraus ergibt sich aber, daß für einen Diebstahl der Faustfeuerwaffe - man muß übrigens beachten, daß nur diese Waffe aus der Kunststoffbox abhanden gekommen ist - ein Gelegenheitstäter, dem die Lage der Waffe nicht bekannt war, nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden kann. Da nun aber der Berufungswerber selbst die mit der Situation vertrauten Gelegenheitspersonen als Täter ausschließt, mußte die Berufungsbehörde geradezu zwangsläufig zu dem Schluß kommen, daß die Waffe dem Berufungswerber auf andere Weise bzw. in einem anderen Zusammenhang abhanden gekommen ist. Dafür, daß die Waffe nicht aus dem versperrten Schreibtisch entwendet wurde, spricht vor allem auch der Umstand, daß der Täter die Waffe samt der Box herausgenommen, die Waffe daraus entnommen und die Box wieder auf dem selben Weg in die Schreibtischlade unter die Geschäftspapiere und Unterlagsmappen hätte plazieren müssen, was kaum als wahrscheinlich angesehen werden kann.

Zusammenfassend zieht die Berufungsbehörde, ausgehend von der Tatsache, daß die Faustfeuerwaffe des Berufungswerbers tatsächlich abhanden gekommen ist und daß der Berufungswerber dieses Abhandenkommen nicht auf befriedigende Art und Weise zu erklären vermochte, aus dem vorliegenden Sachverhalt den Schluß, daß dieses Abhandenkommen auf mangelnde Verwahrung zurückzuführen ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 67 iVm § 60 AVG hat auch die Rechtsmittelbehörde in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß sie in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise dartun, welcher für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand dafür zutreffend erachtete (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 14. September 1993, Slg.Nr. 13.885/A). Die Rechtsmittelbehörde genügt ihrer Begründungspflicht jedoch allgemein mit einer kurzen Verweisung auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz, falls sie in der Frage des Tatbestandes und der rechtlichen Beurteilung mit der Vorinstanz einer Meinung ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 6. Dezember 1974, Zl. 1017/74, vom 5. Mai 1987, Zl. 86/04/0232, und vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0153).

Die belangte Behörde hat somit einerseits

- zulässigerweise - die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides übernommen, wonach der Beschwerdeführer seine (von der Behörde als gestohlen erachtete) Faustfeuerwaffe IN seinem Schreibtisch verwahrt gehabt habe, durch die Bauweise dieses Schreibtisches müsse diese Verwahrung jedoch "auf jeden Fall als mangelhaft" angesehen werden. Anderseits gelangt die belangte Behörde in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers zur Feststellung, daß die Waffe nicht aus dem versperrten Schreibtisch entwendet worden, sondern auf andere Weise bzw. in einem anderen Zusammenhang abhanden gekommen sei, weshalb von mangelnder Verwahrung AUßERHALB des Schreibtisches ausgegangen wird.

Bestehen innerhalb der Begründung eines Bescheides wesentliche Widersprüche, dann liegt eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 606, zitierte hg. Rechtsprechung).

Der aufgezeigte Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides belastete diesen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG abgesehen werden.

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