Normen
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. März 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
In der Begründung ihres Bescheides nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer, der sich seit 1990 im Bundesgebiet aufhalte, vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 4. November 1992 wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat, am 8. März 1994 wegen Nötigung und gefährlicher Drohung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten und am 25. August 1994 wegen Nötigung und gefährlicher Drohung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Dadurch seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG in zweifacher Hinsicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer mehr als einmal wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden sei und bei einer Verurteilung auch eine (unbedingte) Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verhängt worden sei. Die Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung durch das den Verurteilungen zugrundeliegende Fehlverhalten rechtfertige auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme. Im Hinblick auf die Dauer des bisherigen Aufenthaltes im Inland sei ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gegeben, obwohl dieser weder mit seinem Kind, für das er sorgepflichtig sei, noch mit anderen Angehörigen im gemeinsamen Haushalt lebe.
Es sei zu berücksichtigen, daß sich der Beschwerdeführer trotz rechtskräftiger Verurteilung nicht davon habe abhalten lassen, weitere strafbare Handlungen zu begehen und insgesamt dreimal "wegen Gewaltdelikten" verurteilt worden sei. Weiters habe sich der Beschwerdeführer dazu hinreißen lassen, eine Richterin gefährlich zu bedrohen. Unabhängig davon, aus welchem Grund diese Bedrohung erfolgt sei, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Freiheiten anderer dringend geboten (und somit im Grunde des § 19 FrG zulässig).
Bei der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG sei zu berücksichtigen, daß das Kind des Beschwerdeführers bei dessen geschiedener Gattin lebe. Den Unterhaltspflichten könne er auch aus dem Ausland nachkommen. Im Hinblick auf die erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers fiele die Interessenabwägung zu dessen Ungunsten aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die aufgrund des obigen Sachverhaltes zutreffende Beurteilung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.
2.1. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde eine unrichtige Anwendung des § 19 FrG vor. Nach dieser Bestimmung sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur dann gerechtfertigt, wenn - über die Erfüllung eines der im § 18 Abs. 2 genannten Tatbestände hinaus - Gründe vorlägen, aus denen die Maßnahme dringend geboten sei. Die beiden Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen gefährlicher Drohung reichten sohin "mit Sicherheit nicht aus", das Aufenthaltsverbot zu begründen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß es bei der Beurteilung, ob ein Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zulässig ist, darauf ankommt, ob diese Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei ist - anders als bei der Frage, ob der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt ist - nicht nur auf die Anzahl der Verurteilungen und das Strafausmaß abzustellen, sondern auch die Art und Schwere der den Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen zu berücksichtigen (siehe etwa die zur besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität entwickelte ständige hg. Rechtsprechung, z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0025). Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer innerhalb eines Zeitraumes von nicht einmal zwei Jahren insgesamt dreimal rechtskräftig gerichtlich verurteilt. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer trotz (kurz vorher) erfolgter Verurteilungen neuerlich straffällig wurde, hat die belangte Behörde bei der Frage der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG ebenso zu Recht berücksichtigt wie den Umstand, daß der Beschwerdeführer auch eine Richterin (von der er sich ungerecht behandelt fühlte) bedroht hat. Im Hinblick auf diese Umstände und die Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Rechtsbrüche begegnet die Ansicht der belangten Behörde, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Freiheiten anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten sei, keinen Bedenken (siehe das zu einem vergleichbaren Fall - Verurteilung des Beschwerdeführers wegen schwerer Nötigung, Hausfriedensbruch und Körperverletzung - ergangene hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0498).
2.2. Die Beschwerde bringt gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vor, daß der zweijährige Sohn des Beschwerdeführers nicht nur dessen finanzieller, sondern auch emotionaler Unterstützung bedürfe. Überdies sei der Beschwerdeführer über lange Zeit beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen, woraus dessen soziale Integration abzuleiten sei.
Die - von der belangten Behörde ohnehin berücksichtigte - Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem Sohn wird durch den Aufenthalt des Kindes bei der vom Beschwerdeführer geschiedenen Mutter und die Tatsache, daß sich die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers auch gegen die Mutter des Kindes richteten, relativiert. Die belangte Behörde hat überdies zutreffend ausgeführt, daß der Beschwerdeführer seiner Unterhaltsverpflichtung auch von einem anderen Land aus nachkommen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0064). Auch der Berufstätigkeit durch längere Zeit beim selben Arbeitgeber kommt nur ein geringes Gewicht zu, weil die für eine daraus abzuleitende Integration wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. März 1995, Zl. 95/18/0286).
Im Hinblick auf diese Umstände vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit zu erkennen, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
3.1. Unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vermeint der Beschwerdeführer, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides den logischen Denkgesetzen widerspreche und daher gegen § 60 AVG verstoße. Die belangte Behörde hätte den Rückfall des Beschwerdeführers nach dessen rechtskräftiger Verurteilung nicht für die Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG berücksichtigen dürfen, weil das Vorliegen mehrerer rechtskräftiger Verurteilungen bereits zum Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG gehöre.
Zur Widerlegung dieses Vorbringens genügt es, auf die Ausführungen zu 2.1. zu verweisen.
3.2. Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte die Gründe für seine strafbaren Handlungen, insbesondere seine psychische Erkrankung, feststellen müssen, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich die Vorwerfbarkeit der strafbaren Handlungen aus den rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen ergibt.
3.3. Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die von ihm vorgelegte ärztliche Bestätigung nicht eingegangen sei. Bei entsprechender Würdigung dieses Beweismittels hätte festgestellt werden müssen, daß die Verurteilungen zum Teil auf eine psychische Erkrankung zurückzuführen seien, welche infolge ihrer Erkennung und richtigen Behandlung bald überwunden sein werde.
Wie bereits ausgeführt, war es für die belangte Behörde aufgrund der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen nicht erforderlich, die Frage zu überprüfen, wie weit das strafbare Verhalten dem Beschwerdeführer aufgrund einer allenfalls bestehenden psychischen Erkrankung nicht vorwerfbar ist. Im übrigen ergibt sich aus der vorgelegten ärztlichen Bestätigung nur, daß der Beschwerdeführer aufgrund einer "schweren psychischen Erkrankung" regelmäßig Medikamente bekommt. Ein Hinweis darauf, daß diese Krankheit bald überwunden sein werde, ist darin nicht enthalten. Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt somit nicht vor.
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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