VwGH 95/18/0688

VwGH95/18/068819.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Februar 1995, Zl. SD 165/95, betreffend Ausweisung,

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

1. den Beschluß gefaßt:

Die Anträge, der belangten Behörde "aufzutragen, bis nach Rechtskraft des Verfahrens die gegen mich beabsichtigte Abschiebung abzubrechen und auszusetzen", die Beschwerde zur Prüfung dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen sowie der belangten Behörde "aufzutragen, mir einen Sichtvermerk zu erteilen", werden zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Februar 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG seien Fremde - gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf § 19 FrG - mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.

Der Beschwerdeführer sei am 2. August 1992 in das Bundesgebiet eingereist und habe in weiterer Folge Sichtvermerke erhalten, wobei der ihm zuletzt erteilte Sichtvermerk am 30. Oktober 1993 seine Gültigkeit verloren habe. Da mittlerweile auch ein Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes abgewiesen worden sei, halte er sich seit Ablauf des eben genannten Sichtvermerkes ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet auf. Sohin lägen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG vor.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so sei im Hinblick darauf, daß sich sowohl die Ehegattin als auch das Kind des Beschwerdeführers in Österreich befänden, von einem mit dieser Maßnahme verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen gewesen.

Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung des Beschwerdeführers zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit über einem Jahr unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz einer bereits erfolgten Bestrafung wegen seines unerlaubten Aufenthaltes und trotz Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung könnte dem Beschwerdeführer entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmungen den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0331). Somit erweise sich die Ausweisung des Beschwerdeführers auch im Grunde des § 19 FrG als zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer seit dem Ende der Geltungsdauer des ihm zuletzt erteilten Sichtvermerkes unrechtmäßig in Österreich aufhalte, bleibt in der Beschwerde unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hegt - auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen - gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2. Der Beschwerdeführer hält seine Ausweisung im Hinblick auf § 19 FrG für rechtswidrig, weil sich in Österreich auch seine Ehegattin und sein Kind befänden. Dieser Rüge kommt keine Berechtigung zu. Die Begründung des angefochtenen Bescheides bringt zum Ausdruck, daß die belangte Behörde angenommen hat, durch die Ausweisung erfolge ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde hat aber auch zum Ausdruck gebracht, daß die persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers gegenüber dem einen hohen Stellenwert einnehmenden maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, welches die Ausweisung des Beschwerdeführers dringend gebieten würde, zurückzustehen hätten. Diese Beurteilung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Denn einerseits kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0116). Andererseits sind die persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich angesichts seines fast 16 Monate dauernden unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, dem ein rechtmäßiger Aufenthalt von lediglich etwa 15 Monaten voranging, nicht so stark ausgeprägt, und zwar auch nicht unter Bedachtnahme auf seine familiäre Situation, daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte maßgebliche öffentliche Interesse; weiters fällt zuungunsten des Beschwerdeführers - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten wird - ins Gewicht, daß er mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes (in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 351/1995) normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei, eine solche Bewilligung auch nicht erlangen kann.

3. Das Beschwerdevorbringen, daß "Österreich ... alle Bosnier gleich behandeln und nicht nur die Moslems und Katholiken bevorzugt behandeln" sollte und "daß Moslems auch ohne Sichtvermerk auch wenn diese bereits straffällig geworden sind in Österreich geduldet werden ohne Papiere und ohne Sichtvermerk und ohne Beschäftigungsbewilligung offenbar da es sich um Moslems handelt ..." entbehrt jeglicher Substantiierung und zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

4. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die im Spruchteil 1. der vorliegenden Entscheidung genannten Anträge des Beschwerdeführers waren mangels diesbezüglicher Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte