VwGH 95/18/0300

VwGH95/18/030024.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Dezember 1994, Zl. SD 1026/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
EGG;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
EGG;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Dezember 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 und Z. 8 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 26. April 1994 auf einer Baustelle in Wien von Organen des Landesarbeitsamtes bei Schalungsarbeiten betreten worden, ohne im Besitz einer entsprechenden Berechtigung zu sein. Er habe angegeben, für ein namentlich genanntes Bauunternehmen zu arbeiten und dafür S 50,-- bis S 60,-- pro Arbeitsstunde zu erhalten. Nach Aussage des Geschäftsführers dieses Bauunternehmens wäre der Beschwerdeführer Gesellschafter einer namentlich genannten Offenen Erwerbsgesellschaft und hätte in dieser Funktion Arbeitsleistungen erbracht.

Daraus sei klar ersichtlich, daß der Beschwerdeführer Arbeitsleistungen für eine Gesellschaft erbracht habe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden. Eine Beschäftigung, die nicht gegen die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verstoße, läge nur dann nicht vor, wenn das Arbeitsamt auf Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 2 Abs. 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG festgestellt hätte, daß ein wesentlicher Einfluß des Beschwerdeführers auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausgeübt werde. Eine solche Feststellung liege jedoch nicht vor. Abgesehen davon finde sich auch im Gesellschaftsvertrag kein Hinweis dafür, daß der Beschwerdeführer die Möglichkeit habe, "seine Arbeit bzw. Arbeitszeit auch nur einigermaßen frei zu gestalten". Es lägen daher die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG vor.

Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung eines geordneten Beschäftigungs- und Fremdenwesens rechtfertigten die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme.

Überdies habe der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 7. September 1994 angegeben, über kein Geld zu verfügen. Er sei daher seiner Verpflichtung, (initiativ) nachzuweisen, über die notwendigen Unterhaltsmittel zu verfügen, nicht nachgekommen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er verfüge über ein Einkommen aus seiner - unerlaubten - Tätigkeit als Gesellschafter der erwähnten OEG, vermöge "daran nicht das geringste zu ändern". Es sei daher auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt.

Den Vorwurf des Gendarmeriepostenkommandos X, er habe einen Sichtvermerk gefälscht, habe der Beschwerdeführer bestritten.

Aufgrund der Tatsache, daß sich der Beschwerdeführer erst seit September 1992 im Bundesgebiet aufhalte und er keiner legalen Tätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen sei, könne von einer Integration keine Rede sein. Im Hinblick auf das Fehlen familiärer oder sonstiger Bindungen könne auch von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG keine Rede sein. Es sei daher weder zu überprüfen, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, daß er eine Beschäftigung ausgeübt habe, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, wobei er erkennbar auf seine Stellung als Gesellschafter einer Offenen Erwerbsgesellschaft abzielt.

1.2. Als Beschäftigung im Sinne des AuslBG gilt (u.a.) gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird (lit. b).

Gemäß § 2 Abs. 4 leg. cit. ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1. ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2. ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %

Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag fest, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragsteller zu erbringen.

1.3. Vorliegend hat der Beschwerdeführer nach seiner eigenen Aussage bei der niederschriftlichen Vernehmung anläßlich seiner Betretung am 26. April 1994 an Baustellen Schalungsarbeiten verrichtet und dafür S 50,-- bis S 60,-- pro Arbeitsstunde erhalten. Er hat sohin Arbeiten geleistet, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Da der Beschwerdeführer diese Arbeiten als Gesellschafter einer eingetragenen OEG erbrachte, welche Gesellschaftsform von § 2 Abs. 4 AuslBG umfaßt ist (vgl. Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz3, RZ 10 zu § 2), fiele die Tätigkeit nur dann nicht unter die Bewilligungspflicht nach dem AuslBG, wenn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Antrag des Beschwerdeführers festgestellt hätte, daß ein wesentlicher Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft tatsächlich persönlich ausgeübt werde. Daß eine derartige Feststellung vorliegt, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den Akten des Verwaltungsverfahrens.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht hat, weil er von den in dieser Gesetzesstelle genannten Organen bei einer Tätigkeit betreten wurde, die er mangels Vorliegens einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen.

1.4. Im Hinblick darauf, daß es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers für die genannte OEG nach den obigen Ausführungen um keine legale Beschäftigung handelt, geht auch das Vorbringen, der Beschwerdeführer verfüge aufgrund des Einkommens aus dieser Beschäftigung über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt, ins Leere. Seinen Unterhalt aus anderen Quellen zu beziehen - etwa aufgrund einer für den aktuellen Aufenthalt abgegebenen "Verpflichtungserklärung" einer dritten Person - hat der Beschwerdeführer, der bei seiner Vernehmung am 7. September 1994 auf die Frage nach seinen Unterhaltsmitteln aussagte, über "kein Geld" zu verfügen, im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht. Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, daß auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt ist.

2. Die belangte Behörde hat überdies aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet der Arbeitsmarktverwaltung) durch die - nach der Aussage des Beschwerdeführers etwa einen Monat ausgeübte - "Schwarzarbeit" sowie im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultierende Gefahr der illegalen Beschaffung der Unterhaltsmittel die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme zutreffend als gerechtfertigt erachtet (vgl. zur "Schwarzarbeit" etwa das hg. Erkenntnis vom 21. März 1996, Zl. 94/18/1153, und zur Mittellosigkeit etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1996, Zl. 94/18/0083).

Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten befand sich der Beschwerdeführer bis zu seiner Abschiebung am 12. September 1994 insgesamt etwa zwei Jahre - rechtmäßig jedoch nur bis zum 3. Juni 1994 - im Bundesgebiet. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde stellt die Erlassung des Aufenthaltsverbotes daher einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dar.

Durch die unrichtige Rechtsansicht der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer jedoch nicht in Rechten verletzt. Das Aufenthaltsverbot ist nämlich im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" und die beschriebene, aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultierende Gefahr zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG stehen den aufgrund des relativ kurzen und zum Teil illegalen inländischen Aufenthaltes nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers - die Feststellung des Fehlens familiärer Beziehungen im Inland blieb in der Beschwerde unbestritten - die aufgrund des beschriebenen Fehlverhaltens wesentlich schwerer wiegenden nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung der Maßnahme gegenüber.

Es steht somit auch das Ergebnis der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

4. Der Hinweis im angefochtenen Bescheid, daß der Beschwerdeführer den Verdacht der Urkundenfälschung bestreite, stellt keine tragende Begründung dar. Es erübrigt sich daher eine Befassung mit dem dagegen gerichteten Beschwerdevorbringen.

5. Was den Beschwerdevorwurf anlangt, es sei die ausgesprochene Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht begründet worden, so übersieht der Beschwerdeführer, daß im angefochtenen Bescheid die Gründe des Bescheides der Erstbehörde (welche diese Bemessung ausreichend begründet hat) übernommen wurden. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer zwei Tatbestände des § 18 Abs. 2 FrG verwirklicht hat und er seine illegale Beschäftigung durch den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zu verschleiern suchte, was darauf schließen läßt, daß er nicht nur gelegentlich "schwarz" arbeiten wollte, sondern es darauf anlegte, auf längere Sicht seinen Unterhalt dadurch zu erwerben, begegnet die Ansicht der Erstbehörde (und somit der belangten Behörde), daß mit einem Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor Verstreichen eines Zeitraumes von zehn Jahren vorhersehbarerweise nicht gerechnet werden könne, keinen Bedenken. Die Beschwerde zeigt im übrigen ihrerseits nicht auf, welche Umstände die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, zu dem Ergebnis zu gelangen, mit einem Wegfall der Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei bereits vor Ablauf dieses Zeitraumes zu rechnen.

6. Schon im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 7. September 1994 über Befragen ausführte, in seinem Heimatland "weder strafrechtlich, politisch noch im Sinne des § 37 FrG" verfolgt zu werden, geht auch der Beschwerdevorwurf, daß dem Beschwerdeführer niemals die Möglichkeit geboten worden sei, "eine Äußerung in Richtung § 54 FrG abzugeben", ins Leere.

7. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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