VwGH 95/17/0025

VwGH95/17/002527.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, in der Beschwerdesache des Vereins XY in Kapfenberg, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Mai 1992, Zl. 7-48 Ve 9/2-1992, betreffend Lustbarkeitsabgabe und Kriegsopferzuschlag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Kapfenberg), zu Recht erkannt:

Normen

LustbarkeitsabgabeG Stmk;
LustbarkeitsabgabeO Kapfenberg §1;
LustbarkeitsabgabeO Kapfenberg §2 Z7;
LustbarkeitsabgabeO Kapfenberg §20 Abs1;
LustbarkeitsabgabeG Stmk;
LustbarkeitsabgabeO Kapfenberg §1;
LustbarkeitsabgabeO Kapfenberg §2 Z7;
LustbarkeitsabgabeO Kapfenberg §20 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Vorschreibung des Zuschlages gemäß § 1 des Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetzes betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit sieben Bescheiden je vom 13. Dezember 1991 setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde gegenüber dem beschwerdeführenden Verein "gemäß den Bestimmungen des Lustbarkeitsabgabengesetzes, LGBl. Nr. 37/1950, idgF., des Lustbarkeitsabgabenzuschlagsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1950, idgF., sowie der für die Stadtgemeinde Kapfenberg geltenden Lustbarkeitsabgabenordnung vom 11. Dezember 1986 idgF.," für das Halten je eines näher bezeichneten Geldspielapparates "auf" dem Standort Kapfenberg, G-Straße 6, die Lustbarkeitsabgabe mit je S 4.000,-- und den Zuschlag gemäß § 1 Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz mit je S 800,--, zusammen also je S 4.800,-- fest. Diese Vorschreibung gelte ab 1. Dezember 1991 bis zur Erlassung eines neuen Abgabenbescheides bzw. bis zur Meldung über das Erlöschen der Abgabepflicht. In der Begründung dieser Bescheide verwies die Abgabenbehörde erster Instanz jeweils auf § 14a des Lustbarkeitsabgabegesetzes sowie auf § 20 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der beschwerdeführende Verein im wesentlichen sinngemäß vor, das Lustbarkeitsabgabegesetz habe in den Beschwerdefällen mangels Öffentlichkeit der Veranstaltung nicht Anwendung zu finden.

1.2. Mit Bescheid vom 30. März 1992 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung ab. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, daß zum gegenständlichene Klublokal praktisch jedermann Zutritt habe. Im übrigen sei dem Begriff der Veranstaltung nach dem Lustbarkeitsabgabegesetz nicht das Kriterium der Öffentlichkeit immanent.

1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Steiermärkische Landesregierung die dagegen erhobene Vorstellung des beschwerdeführenden Vereines als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, im Hinblick auf die Generalklausel des § 1 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg sei Voraussetzung für die Steuerpflicht, daß ein im Gebiet der Stadtgemeinde "veranstaltetes Vergnügen" vorliege. Als ein solches gelte gemäß § 2 Z. 7 der zitierten Verordnung das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969 idgF. Es spiele auch keine Rolle, ob das Spiel selbst entgeltlich oder unentgeltlich habe durchgeführt werden können. Das Lustbarkeitsabgabegesetz knüpfe die Abgabepflicht lediglich an das Halten der in § 14a genannten Apparate. Der beschwerdeführende Verein sei unbestritten Halter von sieben Spielapparaten. Durch die Bestimmung des § 2 der Lustbarkeitsabgabeordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde sei klargestellt, daß die unter Z. 1 bis 21 aufgezählten Veranstaltungen jedenfalls als steuerpflichtige Vergnügungen gälten, ohne daß noch besonders geprüft werden müßte, ob sie geeignet seien, der Unterhaltung der Teilnehmer zu dienen.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der beschwerdeführende Verein in seinem Recht auf Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Abgabe verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

1.5. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragten.

1.6. Mit Beschluß vom 26. November 1993, A 35/93, stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof unter anderem den Antrag, § 2 Z. 7 sowie § 20 der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg (Gemeinderatsbeschluß vom 11. Dezember 1986), kundgemacht durch Auflegung im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht und Kundmachung der Auflegung durch Anschlag an der Amtstafel vom

15. bis 29. Dezember 1986, in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 28. Mai 1991, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 29. Mai bis 12. Juni 1991, als gesetzwidrig aufzuheben; und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß die Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg keine dem § 2 lit. f Stmk. Lustbarkeitsabgabegesetz entsprechende Einschränkung der Abgabepflicht auf den Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten (darunter auch von Geldspielapparaten) in ÖFFENTLICHEN RÄUMEN enthalte.

1.7. Mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1994, V 4/94, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge und verwies zur Begründung auf sein Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, V 3/94 und Folgezahlen, betreffend den gleichgelagerten Fall der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987. Dort hatte der Verwaltungsgerichtshof den Verordnungsprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß durch die Einfügung des § 14a des Lustbarkeitsabgabegesetzes mit der Novelle LGBl. Nr. 34/1986 ein spezieller Abgabentatbestand für das HALTEN von GELDspielapparaten geschaffen worden und das Kriterium des Betriebes "in öffentlichen Räumen" daher für GELDspielapparate nicht mehr von Bedeutung sei. Der Gemeindeverordnungsgeber sei daher nicht gehalten gewesen, bezüglich der Besteuerung von Geldspielapparaten den Inhalt des § 2 lit. f

Stmk. Lustbarkeitsabgabegesetz in die Lustbarkeitsabgabeordnung

zu übernehmen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes lauten:

"§ 1.

Abgabeberechtigung.

(1) Die steirischen Gemeinden sind ermächtigt, anläßlich von Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) einzuheben. Die Abgabe ist vom Gemeinderat ordnungsgemäß zu beschließen. Der Beschluß ist öffentlich kundzumachen und durch 14 Tage zur Einsicht im Gemeindeamt aufzulegen.

(2) Unter Lustbarkeiten (Vergnügungen) sind Veranstaltungen zu verstehen, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten oder zu ergötzen.

§ 2.

Abgabepflichtige Veranstaltungen.

Als Lustbarkeiten (Vergnügungen) im Sinne des § 1 Abs. 2

gelten insbesondere folgende Veranstaltungen:

...

f) mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen sowie der Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten in öffentlichen Räumen;

...

§ 14a

Abgabe für das Halten von Geldspielapparaten

Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung der Steiermärkischen Veranstaltungsgesetznovelle 1986 (Spielapparatenovelle), beträgt die Lustbarkeitsabgabe höchstens 4000 S je Apparat und begonnenem Kalendermonat."

2.1.2. Das Steiermärkische

Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, normierte die Einhebung eines Zuschlages von 20 v.H. zur Lustbarkeitsabgabe der Gemeinden zur Deckung der Ausgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern.

2.1.3. "Aufgrund der Ermächtigung des § 1 Abs. 1 des Lustbarkeitsabgabegesetzes" beschloß der Gemeinderat der Stadt Kapfenberg in seiner Sitzung vom 11. Dezember 1986 die "Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg". Ihre im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 28. Mai 1991 lauten:

"I. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§ 1

Gegenstand der Abgabe

(1) Alle im Gebiet der Stadtgemeinde Kapfenberg veranstalteten Vergnügungen unterliegen einer Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) nach den Bestimmungen dieser Abgabeordnung.

(2) Unter Vergnügungen sind Veranstaltungen zu verstehen, die geeignet sind, der Unterhaltung der Teilnehmer zu dienen.

(3) Als Teilnehmer gelten alle Anwesenden mit Ausnahme der in Ausübung ihres Berufes beschäftigten Personen ...

§ 2

Abgabepflichtige Veranstaltungen

Als abgabepflichtige Vergnügungen im Sinne des § 1 Abs. 2

gelten insbesondere folgende Veranstaltungen:

...

7. Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Stmk. Veranstaltungsgesetzes LGBl. Nr. 192/1969 idgF.,

...

§ 20

Abgabe für das Halten von Geldspielapparaten

(1) Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der am Tage des Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung der Steiermärkischen Veranstaltungsgesetznovelle 1986 (Spielapparatenovelle), beträgt die Lustbarkeitsabgabe S 4.000"-- (das sind S 4.800"-- einschließlich des Zuschlages gemäß Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz) je Apparat und begonnenem Kalendermonat.

..."

Abs. 2 dieser Verordnungsstelle enthält Vorschriften über das Ende der Abgabepflicht und über den Austausch eines angemeldeten gegen einen gleichartigen Apparat.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof versteht den Spruch des angefochtenen Vorstellungsbescheides so, daß damit über den Vorstellungsantrag, es mögen "die Bescheide beider Unterinstanzen ersatzlos gestrichen werden", zur Gänze, also auch hinsichtlich des Zuschlages nach dem Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz, abgesprochen wurde. Dies ungeachtet der offensichtlich unvollständigen Wiedergabe des Inhaltes des Berufungsbescheides, der im Vorstellungsbescheid mit dem Betreff "betreffend die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe für das Halten von sieben am Standort ... aufgestellten Geldspielapparaten im Sinne des § 14a Lustbarkeitsabgabegesetz 1950 ..., in Höhe von S 4.000,-- für jeden angefangenen Kalendermonat ab 1. Dezember 1991" wiedergegeben wird, ohne den Zuschlag zur Lustbarkeitsabgabe zu erwähnen. Dieses Verständnis des Spruchinhaltes beruht darauf, daß eben "die Vorstellung" gegen den Berufungsbescheid abgewiesen wird, ohne daß sprachlich zum Ausdruck gebracht würde, daß über sie nur zu einem Teil abgesprochen werden sollte. Eine nur unvollständige Inhaltsangabe des mit Datum und Geschäftszahl zitierten Berufungsbescheides gebietet keine andere Auslegung des Spruches des Vorstellungsbescheides, was seinen Erledigungsumfang betrifft, zumal sich aus seiner Begründung hiefür keinerlei Hinweis ergibt.

Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, G 230-232/93-8, hat der Verfassungsgerichtshof das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat gleichzeitig ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden ist.

Der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes schließt die Anwendung des aufgehobenen Gesetzes auch im vorliegenden Beschwerdefall aus (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. N.F. Nr. 9.994/A). Die diesbezüglichen Bestimmungen der Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg haben durch die Aufhebung des Gesetzes jedenfalls ihre Anwendbarkeit verloren (vgl. zur Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1994, Zl. 94/17/0438, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 1981, Slg. N.F. Nr. 10.400/A).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich des in den erstinstanzlichen Abgabenbescheiden (deren Inhalt Eingang in den abweislichen Berufungsbescheid gefunden hat) ziffernmäßig gesondert von der Lustbarkeitsabgabe und damit in trennbarer Weise vorgeschriebenen Zuschlages nach § 1 des Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetzes 1950 (insofern ist der Beschwerdefall anders gelagert als der zuletzt zitierte Grazer Fall) als inhaltlich rechtswidrig.

Der angefochtene Vorstellungsbescheid war daher, soweit er sich auf die Vorschreibungen des Zuschlages nach § 1 des Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetzes 1950 (des Kriegsopferzuschlages) bezieht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.3. Hingegen kam es - entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei - nicht darauf an, daß nach ihrer Behauptung die gegenständlichen Apparate nur für Vereinsmitglieder zugänglich seien und daher kein Betrieb der Apparate IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN vorliege. Die aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1994, V 4/94, diesbezüglich jedenfalls anzuwendende Lustbarkeitsabgabeordnung der Stadt Kapfenberg aus 1986 in der Fassung aus 1991 kennt nämlich eine solche Einschränkung nicht.

Die Beschwerde war somit, soweit sich der angefochtene Vorstellungsbescheid nicht auf die Vorschreibung des Zuschlages nach § 1 des Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetzes 1950, sondern auf jene der Lustbarkeitsabgabe bezieht, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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