Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erwarb mit Kaufvertrag vom
15./17. Oktober 1990 von der L GmbH & Co KG 65/100 Anteile an der Liegenschaft EZ 124 Grundbuch nnn1 O, Bezirksgericht H.
Am 14. November 1990 langte beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien eine dementsprechende Abgabenerklärung ein.
Datiert vom 12. April 1991 richtete der Rechtsfreund der Beschwerdeführerin an das Finanzamt unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Kaufvertrag vom 15./17. Oktober 1990 ein Schreiben, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"Der obige Kaufvertrag wurde durch Firma G als Treuhänder für Frau D geschlossen, da Frau D deutsche Staatsbürgerin ist und erst die Zustimmung des Amtes der Wiener Landesregierung für den Erwerb erwirkt werden mußte. Das Auftreten des Treuhänders war nötig, um sich die Liegenschaftsanteile zu sichern.
In Anbetracht der nunmehr vorliegenden Genehmigung (mit 10.4.1991) wird die Treuhandschaft aufgelöst und heben die Vertragsparteien Firma L und Firma G im Sinne des § 11 GrEStG den Vertrag auf und beantragen von der Steuervorschreibung Abstand zu nehmen, bzw. eine bereits allfällig vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer entsprechend (auf Null) herabzusetzen.
Mit gleicher Post gelangt der neue Kaufvertrag zwischen Firma L und Frau D fristgerecht zur Gebührenanzeige."
Am 8. März 1991 hatten die obgenannte Verkäuferin und D betreffend dieselbe Liegenschaft einen (mit dem Vertrag vom 15./17. Dezember 1990 nahezu wortgleichen) Kaufvertrag abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 13. September 1991 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin betreffend den Kaufvertrag vom 17. Oktober 1990 Grunderwerbsteuer vor und wies mit Bescheid vom 16. September 1991 den Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer ab.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wobei sie vorbrachte, es sei keineswegs sicher gewesen, für D die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erlangen; erst als die Grundverkehrsbehörde ihre Zustimmung gegeben habe, habe die Verkäuferin "zu einem neuerlichen Vertragsabschluß, diesmal mit Frau D (unter einer gleichzeitigen Rückgängigmachung des Erstvertrages) bewegt werden" können. § 11 GrEStG sei daher anzuwenden.
Der Berufung beigeschlossen war ein Schreiben der Verkäuferin an den Rechtsfreund der Beschwerdeführerin vom 5. November 1990, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"Unsere Geschäftsleitung sieht sich nicht in der Lage die von Ihnen gewünschte unwiderrufliche Vollmacht beglaubigt unterfertigt zur Verfügung zu stellen oder auch einen zweiten Kaufvertrag mit Frau D zu unterschreiben. Sollte der derzeit rechtsgültige bestehende Kaufvertrag ordnungsgemäß storniert bzw. rückgängig gemacht werden, so kann der geplante Kaufvertrag mit Frau Dreier abgeschlossen werden."
Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung begehrte die Beschwerdeführerin fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei sie im Kern ihres Vorbringens betonte, die Verkäuferin habe durch die Rückgängigmachung des ersten Vertrages freie und ungebundene Entscheidungsgewalt, zu verkaufen, wiedererlangt.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Meinung, die Aufhebung des Erstvertrages sei nur zum Zwecke der gleichzeitigen Übertragung des Grundstückes auf eine von der ursprünglichen Käuferin ausgesuchte Person erfolgt. Die Verkäuferin habe daher nicht jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die sie vor dem ursprünglichen Vertragsabschluß gehabt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 11 GrEStG verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 idF vor der Novelle BGBl. 682/1994 (= jetzt § 17 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.) wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt dazu in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 1995, Zl. 94/16/0074, und vom 16. März 1995, Zl. 94/16/0097-0099, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) die Auffassung, daß für die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges entscheidend ist, daß sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen, daß die Möglichkeit der Verfügung über das betroffene Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Stellung wiedererlangt. Wenn hingegen die Rückgängigmachung eines Kaufvertrages nur erfolgt, um den Verkauf des Grundstückes an eine im voraus bestimmte Käuferin zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluß des neuen Kaufvertrages gleichsam uno actu erfolgen, so erlangt in Wahrheit der Verkäufer die Möglichkeit nicht zurück, das Grundstück auch an einen Dritten zu verkaufen.
Nicht anders gelagert ist der jetzt zu entscheidende Fall. Nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren in Verbindung mit dem oben erwähnten Schreiben der Verkäuferin vom 5. November 1990 erfolgte die Rückgängigmachung des ersten Kaufes nur zu dem Zweck, nach Erwirkung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung jener Person den Erwerb der Liegenschaft zu ermöglichen, für die die Beschwerdeführerin ursprünglich als Treuhänderin erworben hatte.
Daraus folgt, daß die Verkäuferin in Wahrheit keineswegs jene freie Verfügungsmacht wiedererlangt hat, die es ihr ermöglicht hätte, das Kaufobjekt auch an eine dritte Person zu veräußern. Die belangte Behörde hat daher frei von Rechtswidrigkeit die von der Beschwerdeführerin angestrebte Anwendung des § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG verneint, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Mit Rücksicht auf die durch die oben zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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