VwGH 95/14/0099

VwGH95/14/009930.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde des GR in W, vertreten durch Dr. Klaus Schiller, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Linzerstraße 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. Oktober 1994, 666/2-10/Zö-1994, betreffend Antrag auf persönliche Zustellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80;
EStG §2;
KO §1 Abs1;
KO §1;
KO §3;
KO §81;
KO §83;
BAO §80;
EStG §2;
KO §1 Abs1;
KO §1;
KO §3;
KO §81;
KO §83;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 27. April 1984 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers der (Anschluss)Konkurs eröffnet und ein Masseverwalter bestellt.

Auf Grund einer vom Masseverwalter erhobenen Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 setzte das Finanzamt - ausgehend von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit von rund 144.000 S und solchen aus Kapitalvermögen von rund 120.000 S -

die Einkommensteuer des Beschwerdeführers mittels an den Masseverwalter zugestellter Berufungsvorentscheidung vom 5. November 1992 mit rund 23.000 S fest. Der Masseverwalter stellte keinen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Zustellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1991, um selbst Berufung gegen diesen Bescheid erheben zu können. Das Ansuchen seiner Ehefrau auf Gewährung einer Wohnbeihilfe sei abgewiesen worden, weil im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 seinen Einkünften aus der Berufsunfähigkeitsrente die Zinsen aus der Konkursmasse hinzugerechnet worden seien. Die Einkünfte aus der Berufsunfähigkeitsrente fielen jedoch nicht unter die Konkursmasse, weil diese Einkünfte bereits vor Jahren wegen krankheitsbedingter erhöhter Aufwendungen mit abgesondertem Beschluss aus der Konkursmasse ausgeschieden und ihm zur Gänze überlassen worden seien. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 seien daher Einkünfte zusammengerechnet worden, die weder de facto noch de jure zusammengehörten. Hinsichtlich der Einkünfte aus der Berufsunfähigkeitsrente sei nur er, nicht jedoch der Masseverwalter Verfügungsberechtigter. Der Masseverwalter sei hinsichtlich dieser Einkünfte überdies weder Vertreter iSd §§ 80 f BAO noch Zustellungsbevollmächtigter.

Das Finanzamt wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Zustellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1991 zurück. Mit der Konkurseröffnung gehe die Wahrnehmung aller abgabenrechtlicher Belange auf den Masseverwalter über, der ab diesem Zeitpunkt das zur Vertretung der Konkursmasse berufene Organ sei. Die Einkommensteuer sei zwar eine Abgabe, die den Gemeinschuldner persönlich treffe, wirtschaftlich aber in der Regel auf der Konkursmasse und ihren Erträgnissen laste. Bei der Veranlagung des Gemeinschuldners seien alle steuerlich relevanten Tatbestände des jeweiligen Steuerabschnittes zu erfassen. Hiebei sei es gleichgültig, ob deren Verwirklichung vor oder nach der Konkurseröffnung liege, ob sie mit der Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Konkursmasse im Zusammenhang stünden oder ob sie einen allfälligen konkursfreien Bereich beträfen. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 sei daher zu Recht dem Masseverwalter zugestellt worden. Nur dieser sei zur Ergreifung eines Rechtsmittels berechtigt, weswegen dem Beschwerdeführer in seiner Stellung als Gemeinschuldner der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 nicht zuzustellen sei.

In einer dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, persönliche Einkünfte des Gemeinschuldners, die nicht unter die Konkursmasse fielen, wären getrennt von den Einkünften aus der Konkursmasse zu veranlagen. Einkünfte aus der Konkursmasse seien nicht dem Gemeinschuldner zuzurechnen. Es sei auch unzumutbar, dass Zinsen aus der Konkursmasse als Einkünfte des Gemeinschuldners dessen steuerliche und sozialrechtliche Behandlung beeinflussten, obwohl der Gemeinschuldner nicht die geringste Verfügungsmöglichkeit über die Konkursmasse habe. Da die aus der Konkursmasse ausgeschiedenen Einkünfte aus der Berufsunfähigkeitsrente somit gesondert zu veranlagen seien, sei ihm auch der dementsprechende Bescheid zuzustellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung zurück, wobei sie zunächst ausführte, es sei nur über eine fristgerecht eingebrachte und zulässige Berufung eine Sachentscheidung zu fällen. Seien diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sei die Berufung von der Behörde zurückzuweisen. Unter teilweiser Wiederholung der Ausführungen des Finanzamtes vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Ansicht, mit der Konkurseröffnung gehe die Wahrnehmung aller abgabenrechtlichen Belange auf den Masseverwalter über, der ab diesem Zeitpunkt das zur Vertretung der Konkursmasse berufene Organ sei. Ab der Konkurseröffnung seien daher alle Bescheide dem Masseverwalter zuzustellen. Nur dieser sei zur Ergreifung von Rechtsmitteln berechtigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem mit dem ablehnenden Beschluss vom 12. Juni 1995, B 2552/94, ihm abgetretene Beschwerde erwogen:

Der Masseverwalter gehört zu den gesetzlichen Vertretern iSd § 80 BAO (vgl das hg Erkenntnis vom 2. August 1995, 94/13/0095, mwA). Die Zustellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1991 ist daher zu Recht ausschließlich an den Masseverwalter erfolgt. Damit ist der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1991 auch wirksam für den Beschwerdeführer zugestellt worden. Der Beschwerdeführer hat lediglich einen Antrag auf - neuerliche - Zustellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1991 gestellt und gegen den diesen Antrag zurückweisenden Bescheid Berufung ergriffen. Diese Berufung hat die belangte Behörde zurückgewiesen. In der Sache selbst, nämlich in Ansehung des Antrages auf Zustellung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1991, konnte der Beschwerdeführer keinesfalls zum Erfolg gelangen, weil eine neuerliche Zustellung eines bereits zugestellten Bescheides rechtswidrig gewesen wäre. Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Berufung zu Recht zurückgewiesen worden ist oder ob sie hätte abgewiesen werden müssen.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Gemeinschuldner zwar Eigentümer seines gesamten Vermögens und Träger von Rechten und Pflichten auch in Bezug auf die Konkursmasse bleibt. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. Februar 1995, 95/15/0016, Slg Nr 6977/F, mwA, ausgeführt hat, sind dem Gemeinschuldner auch die Einkünfte aus einem zur Konkursmasse gehörenden Unternehmen zuzurechnen, weil er wirtschaftlich das Unternehmerrisiko trägt. Gleiches gilt für die Einkünfte aus einem zur Konkursmasse gehörenden Vermögen. Mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen ist aber das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, welches dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört, oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 30. Oktober 2001

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