VwGH 95/13/0265

VwGH95/13/026531.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der PL in W, vertreten durch Rechtsanwälte Brandstetter, Politzer & Pritz-Partnerschaft in Wien I, Herrengasse 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat Ia) vom 29. Juni 1995, Zl. 15-93/1361/02, betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 187 BAO und Gewerbesteuer für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §36;
EStG §2 Abs2;
EStG §36;
GewStG §11 Abs3;
KStG 1966 §22 Abs5;
KStG §23 Z1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §36;
EStG §2 Abs2;
EStG §36;
GewStG §11 Abs3;
KStG 1966 §22 Abs5;
KStG §23 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Architektin und war auch Inhaberin einer Boutique (Textilwareneinzelhandel). Nachdem die Beschwerdeführerin aus dem Textilhandelsgeschäft in den Jahren seit 1984 lediglich Verluste erklärt hatte, wurde im Jahr 1989 über das Vermögen der Beschwerdeführerin ein Insolvenzverfahren eröffnet, das im Oktober 1990 nach Abschluß eines Zwangsausgleiches mit der Aufhebung des Konkurses endete.

Ob auf den nach Erfüllung des Zwangsausgleiches dem Gewerbebetrieb zuzurechnenden Schuldnachlaß die Begünstigungen des § 36 EStG 1988 (Sanierungsgewinn) und des (inhaltsgleichen) § 11 Abs. 3 GewStG 1953 anwendbar sind, ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittig.

Im angefochtenen Bescheid verneinte die belangte Behörde die Anwendbarkeit der erwähnten Bestimmungen. Der Textilhandel des Handelsbetriebes der Beschwerdeführerin sei im Zuge des Insolvenzverfahrens eingestellt worden, wobei die Veräußerung des Geschäftslokales und die Erzielung des letzten Warenerlöses bereits vor dem Nachlaß der Bankschulden erfolgt sei. Vom Vorliegen einer Sanierungsabsicht könne demnach "kaum ausgegangen werden". Keinesfalls habe jedoch - mangels Weiterführung des Betriebes - Sanierungseignung bestanden, sodaß die Voraussetzungen zur Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsgewinnes nicht gegeben seien. Der von der Beschwerdeführerin herangezogenen Rechtsprechung des (deutschen) Bundesfinanzhofes, wonach die Steuerbefreiung auf die Sanierung der Person des Steuerpflichtigen und nicht des Unternehmens abstelle, könne für den österreichischen Rechtsbereich nicht gefolgt werden.

Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 11. Oktober 1995, Zl. B 2656/95-5, abgelehnt. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf verletzt, daß bei Ermittlung ihres Einkommens des Jahres 1990 "Einkommensteile in der Höhe von S 5,312.709,87, die durch Vermehrung des Betriebsvermögens infolge eines teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind, ausgeschieden und weder einer Einkommens- noch einer Gewerbebesteuerung unterzogen werden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Sanierungsfähigkeit des betreffenden Betriebes eine der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes im Sinne des § 36 EStG 1988 (und des § 11 Abs. 3 GewStG 1953). Damit liegt keine Sanierung nach diesen Bestimmungen vor, wenn der Schulderlaß gegenüber einem Unternehmen erfolgt, das sich aufgelöst hat oder sich im Stadium der Abwicklung befindet. Der Schuldenerlaß muß geeignet sein, den Betrieb vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1993, 92/15/0041, m.w.N.). Bereits wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, daß die bloße Sanierung des Unternehmers und nicht auch des Unternehmens nicht ausreiche, um den Schulderlaß der Gläubiger als Sanierungsgewinn ansehen zu können. Das Unternehmen muß durch die Sanierung als Wirtschaftsfaktor erhalten bleiben. Der Gerichtshof verwies dazu auch darauf, daß er die anders gelagerte Ansicht des (deutschen) Bundesfinanzhofes nicht teile (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1996, 94/15/0137, vom 23. Jänner 1997, 93/15/0043, und vom 29. Juli 1997, 95/14/0117).

Damit können aber die Beschwerdeausführungen, die sich ausschließlich darauf stützen, als Gegenstand der Sanierung sei der Unternehmer "Mag. (Beschwerdeführerin) Zivilingenieur und Eigentümerin des Textileinzelhandelsgeschäftes A. und nicht isoliert der "Betrieb A."" anzusehen (die "Bewahrung vor einem Konkurs" sei auch Voraussetzung dafür gewesen, die Berufsbefugnis nach dem Ziviltechnikergesetz nicht zu verlieren) und dazu u.a. auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 14. März 1990, IR 64/85, BStBl. 1990 II, 810 ff) hinweisen, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen.

Die Beschwerde war damit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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