VwGH 95/13/0111

VwGH95/13/011126.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des PK in W, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien I, Stock-im-Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Februar 1995, Zl. GA 7-1310/94, betreffend Haftung für Umsatzsteuer 1980-1983 und Kapitalertragsteuer 1979-1983, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
EStG 1972 §78 Abs3;
EStG 1972 §96 Abs1;
UStG 1972;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
EStG 1972 §78 Abs3;
EStG 1972 §96 Abs1;
UStG 1972;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Jahren 1976 bis 1984 Geschäftsführer der G. GmbH. Mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 1987 wurde der Beschwerdeführer zur Haftung für Umsatzsteuerschuldigkeiten der Jahre 1980 und 1981 samt Nebengebühren im Gesamtbetrag von S 4,337.363,84 in Anspruch genommen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid verwies der Beschwerdeführer auf den Umstand, daß die angeführten Steuerbeträge nach Durchführung einer Betriebsprüfung mit Bescheid vom 13. Februar 1987 vorgeschrieben worden seien. Der Grund für die Nachforderung an Umsatzsteuer sei darin gelegen gewesen, daß die GmbH "fertiggestellte Aufträge" nicht abgerechnet habe und dadurch auch keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt habe. Beim Bauvorhaben P seien wegen angeblicher Mängel Forderungen in der Höhe von ca. 2 Millionen S nicht bezahlt worden. Wenn die Abgabepflichtige eine Schlußrechnung mit Mehrwertsteuerausweis an die einzelnen Vertragspartner gelegt hätte, wären diese Beträge auf keinen Fall bezahlt worden. Eine Anzahl von Restarbeiten seien von der Gemeinde P ausgeführt worden und mit den Hauseigentümern direkt abgerechnet worden.

Mit einem weiteren Haftungsbescheid vom 11. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer für Umsatzsteuerverbindlichkeiten 1982 bis 1983 sowie Kapitalertragsteuerverbindlichkeiten der G GmbH für die Jahre 1979 bis 1983 einschließlich Nebengebühren im Gesamtbetrag von S 3,776.935,84 in Anspruch genommen. In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, wesentliches Ergebnis des Betriebsprüfungsverfahrens seien Differenzen in den angesetzten Erlösen aus Bauaufträgen der G GmbH gegenüber den ursprünglichen Kaufverträgen der Wohnungseigentums- bzw. Eigenheimbewerber gewesen.

Mit zwei Berufungsvorentscheidungen vom 20. April 1994 wurden die beiden Berufungen als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verwies das Finanzamt auf den Umstand, daß die G GmbH ihre Geschäftstätigkeit im Jahre 1984 eingestellt hätte und daher die Uneinbringlichkeit der Nachforderungen bei der GmbH anzunehmen gewesen sei. Im Zuge der Betriebsprüfung sei festgestellt worden, daß Unterlagen über Geschäfte in einer Reihe von Fällen nicht den tatsächlichen Empfänger der Leistungen ausgewiesen hätten, das Maß der erbrachten Leistungen nicht richtig wiedergegeben und die vereinbarten Entgelte unrichtig ausgewiesen worden seien. Teile der an die G GmbH geflossenen Mittel seien in der Buchhaltung nicht oder nicht zur Gänze erfaßt worden; als durchlaufende Posten zu behandelnde Aufwendungen seien buchhalterisch nicht "neutralisiert" worden. Im Zusammenhang mit Umsätzen über Grundstücke stehende Vorsteuern seien vom Prüfer aberkannt worden. Die Art der Feststellungen lasse erkennen, daß es sich bei den vom Prüfer beanstandeten Sachverhalten nicht um das Ergebnis einer unrichtigen Würdigung von wirtschaftlich und rechtlich nicht eindeutigen Sachverhalten, sondern um die systematische Verschleierung von Geldflüssen an die G GmbH gehandelt habe. Die Geldflüsse seien vom Prüfer aus Anzahlungen der GmbH "rekonstruiert" worden. Diese "Rekonstruktion" habe beträchtliche Abweichungen zwischen den tatsächlich eingegangenen Zahlungen und den in den Geschäftsbüchern erfaßten Zahlungen ergeben. Diese Gelder seien den beiden Gesellschaftern als verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechnet worden. Dem Beschwerdeführer seien trotz der von ihm erwähnten Forderungsausfälle Mittel zur Entrichtung der Abgaben in hinreichendem Ausmaß zur Verfügung gestanden. Der Beschwerdeführer habe bisher nicht dargestellt, daß er trotz des Vorhandenseins hinreichender Mittel ohne sein Verschulden an der Erfüllung der abgabenrechtlichen Zahlungsverpflichtungen gehindert gewesen sei.

Nach dem Antrag auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde den Berufungen insoferne teilweise stattgegeben, als der Haftungsbetrag auf S 6,557.068,68 eingeschränkt wurde. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten bei der G GmbH im Hinblick auf die Einstellung der Geschäftstätigkeit und die Vermögenslosigkeit uneinbringlich seien. Hinsichtlich des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung bezog sich die belangte Behörde auf die Ausführungen in den Berufungsvorentscheidungen, denen der Beschwerdeführer im "Vorlageantrag" nichts entgegnet hätte.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift an sich zutreffend rügt, daß vom Beschwerdeführer der Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG nicht bestimmt bezeichnet worden sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß dem Erfordernis der bestimmten Bezeichnung des verletzten Rechtes auch dann entsprochen ist, wenn der Inhalt der Beschwerde insgesamt klar erkennen läßt, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer verletzt erachtet (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 243, und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Beschwerdefall ist dabei aus der Begründung der Beschwerde erkennbar, daß sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht zur Haftung für die in Rede stehenden Abgabenschulden herangezogen zu werden, verletzt erachtet.

Vom Beschwerdeführer wird vorgebracht, die Abgabenbescheide an die G GmbH seien erst nach Eintritt ihrer Vermögenslosigkeit erlassen worden. Die nicht entrichteten Abgaben seien erst zu jenen Zeitpunkten festgesetzt und damit fällig geworden, zu denen die G GmbH bereits vermögenslos gewesen sei.

Unabhängig von der Frage, ob die Umsatzsteuer hinsichtlich der im Beschwerdefall maßgeblichen Jahre 1980 bis 1983 insoweit, als sie die jeweiligen Vorauszahlungen überstiegen hat, tatsächlich erst infolge Bekanntgabe der nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide fällig geworden ist (vgl. dazu Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 21 UStG 1972, Anm. 48b ff, das in der Literatur kritisierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1979, 3133/78, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1984, G 111, 112, 128, 131 und 132/84, Slg. Nr. 10.156), hat bereits die Abgabenbehörde erster Instanz - worauf sich die belangte Behörde bezogen hat - ausführlich auf den Umstand verwiesen, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der G GmbH wesentliche Teile der Einnahmen in der Buchhaltung nicht erfaßt hat. Auf Grund dieser Verkürzungshandlungen des Beschwerdeführers, die weder im Abgabenverfahren noch in der Beschwerdeschrift bestritten worden sind, wurden die jeweils monatlich fällig gewordenen Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Jahre 1980 bis 1983 nicht in der dem Gesetz entsprechenden Höhe entrichtet, was zur Folge hatte, daß die G GmbH nach der mit den Jahresbescheiden 1980 bis 1983 erfolgten Steuervorschreibung infolge der inzwischen eingetretenen Vermögenslosigkeit die Steuerschuld nicht (mehr) entrichten konnte. Die belangte Behörde hat somit hinsichtlich der Umsatzsteuerschuld im Ergebnis zutreffend eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO angenommen.

Hinsichtlich der Kapitalertragsteuerschuldigkeiten wird vom Beschwerdeführer überdies übersehen, daß dieser Steuern gemäß § 96 Abs. 1 EStG 1972 bereits innerhalb einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge, somit jedenfalls vor Eintritt der Vermögenslosigkeit der G GmbH, fällig geworden sind.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Hinweis der belangten Behörde, bei der Umsatzsteuer handle es sich um eine bereits mit den Preisen vereinnahmte Abgabe wendet, so ist zwar darauf zu verweisen, daß das Verschulden des Geschäftsführers bei der Haftung für Umsatzsteuer nach der nunmehrigen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht anders als bei sonstigen Abgaben zu beurteilen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 0038). Bei der angeführten Sach- und Rechtslage hatte die dem entgegenstehende Auffassung der belangten Behörde für den Beschwerdefall aber keine entscheidende Bedeutung mehr.

Der vom Beschwerdeführer gerügte Umstand, daß der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben von der Abgabenbehörde nicht (explizit) angeführt worden ist, stellt dabei keinen Verfahrensmangel dar, bei dessen Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Ebensowenig stellt der Umstand, daß im angefochtenen Berufungsbescheid die im erstinstanzlichen Haftungsbescheid vom 11. Juni 1990 jahrgangsmäßig dargestellten Abgaben nicht (neuerlich) aufgegliedert worden sind, einen Verfahrensmangel dar.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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