Normen
BDG 1979 §49 Abs1;
GehG 1956 §16 Abs1;
GehG 1956 §16 Abs8;
GehG 1956 §49 Abs1;
BDG 1979 §49 Abs1;
GehG 1956 §16 Abs1;
GehG 1956 §16 Abs8;
GehG 1956 §49 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Allgemeinen Verwaltung, der zur Ausübung einer Unteroffiziers-Funktion herangezogen wird, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist beim Militärkommando Kärnten/Ergänzungsabteilung tätig.
Mit Befehl vom 15. September 1993 ordnete das Militärkommando Kärnten für die Teilnahme des Bundesheeres an der Gedenkfeier zur 73. Wiederkehr des Tages der Kärntner Volksabstimmung für die Gedenkfeier des Landes Kärnten am Zentralfriedhof Klagenfurt/Annabichl am 10. Oktober 1993 an, daß durch das Militärkommando Kärnten zu dieser Feier als ausgerückte Truppe eine Ehrenkompanie, die Militärmusik Kärnten, ein Feldzeichen/Fahnentrupp, zwei Ehrenposten, Kranzträger und Richtungschargen für den Vorbeimarsch beigestellt werden; darüberhinaus wurde eine Abordnung in der Stärke von 6 Offizieren/Unteroffizieren entsendet, wobei für diese kleiner Ausgangsanzug mit Tellerkappe, witterungsbedingt Regenmantel und Lederhandschuhe befohlen wurden. Für die "ausgerückte Truppe" waren hiefür zwei Überstunden angeordnet.
Der Beschwerdeführer, der Mitglied der Abordnung war, machte mit Überstundennachweis vom 10. Dezember 1993 für den 10. Oktober 1993 Überstunden in der Zeit von 10.00 bis 12.00 Uhr geltend, in der er als Abordnung an der Gedenkfeier teilgenommen hatte.
Da das Militärkommando diese Überstunden nicht anwies, begehrte der Beschwerdeführer bescheidmäßige Absprache.
Darauf sprach das Korpskommando I als Dienstbehörde erster Instanz aus, daß dem Beschwerdeführer keine Sonn- und Feiertagsvergütung für die von ihm geltend gemachten Überstunden am 10. Oktober 1993 gebührt. Die Dienstbehörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß aus dem Befehl des Militärkommandos Kärnten klar ersichtlich gewesen sei, daß Überstunden ausschließlich für die ausgerückte Truppe befohlen worden seien. Weiters sei aus der Teilnahme an Empfängen und gesellschaftlichen Veranstaltungen, auch wenn diese dienstlich notwendig sei, nach § 16 Abs. 8 GG 1956 weder ein Anspruch aus Freizeitsausgleich noch ein Anspruch auf Überstundenvergütung abzuleiten.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß durch den bereits genannten Befehl des Militärkommandos Kärnten für die ausgerückte Truppe Überstunden angeordnet worden seien, nicht jedoch für die "befohlenen Abordnungen", die aber genauso wie die ausgerückte Truppe den Befehl gehabt hätten, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Delegationen habe darin bestanden, daß die ausgerückte Truppe am Einsatzort einer militärischen Befehlsgebung, betreffend Antreten, Gewehrgriffe, Vorbeimarsch, etc., unterlegen und bewaffnet aufgetreten sei. Dies sei bei der Abordnung nicht der Fall gewesen, weil sich diese nur an einem bestimmten Ort aufzuhalten gehabt habe. Die Teilnahme an einer solchen Abordnung habe für den Beschwerdeführer keine freiwillige Leistung, sondern eine Weisung bzw. einen Befehl dargestellt, der von ihm zu befolgen gewesen sei. Bei Nichtbefolgung wäre der Beschwerdeführer Gefahr gelaufen, daß gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet werde. Darüberhinaus brachte der Beschwerdeführer vor, daß sowohl die "ausrückende Truppe" wie auch die "Abordnung" unter dem Kommando des Kommandanten der Ehrenkompanie gestanden sei. Die Ansicht der Dienstbehörde erster Instanz, wonach es sich bei der Abordnung um die Teilnahme an einer gesellschaftlichen Veranstaltung gemäß § 16 Abs. 8 GG 1956 gehandelt habe, sei daher als verfehlt anzusehen.
Nach Erhebung der unter Zl. 95/12/0082 protokollierten Säumnisbeschwerde erging der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.
Zur Begründung wird in diesem nach Darstellung des Verfahrensablaufes, der "Einwendungen" des Beschwerdeführers und der Rechtslage weiter ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 10. Oktober 1993 befehlsgemäß als "Abordnung" an der genannten Gedenkfeier teilnehmen müssen. Auf Grund des Befehles stehe eindeutig fest, daß ausschließlich für die ausrückende Truppe Überstunden angeordnet worden seien. Die ausgerückte Truppe habe Leistungen im Sinne von Dienst zu erbringen gehabt. Dementgegen hätten die Angehörigen der Abordnung keine Dienstleistungen erbracht; Entgegenstehendes sei auch im Verfahren nicht vorgebracht worden.
Auch den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach Gedenkfeiern wie jene, an der er am 10. Oktober 1993 teilgenommen habe, nicht als gesellschaftliche Veranstaltungen angesehen werden könnten, weil sie weder der Unterhaltung noch der Präsenz oder der Repräsentation im Rahmen der Gesellschaft als Inbegriff einer statusbestimmenden Schicht zuzuordnen seien, könne seitens der belangten Behörde nicht beigetreten werden, weil nach der Rechtsansicht der belangten Behörde eine gesellschaftliche Veranstaltung nicht ausschließlich der Unterhaltung oder der Repräsentation dienen müsse. Die Befolgung des genannten Befehles habe für den Beschwerdeführer zwar eine Dienstpflicht dargestellt, jedoch habe die Teilnahme des Beschwerdeführers an dieser Gedenkfeier keinen Anspruch auf Überstundenvergütung begründet, weil es sich dabei um keine Dienstleistung im Sinne des § 49 Abs. 1 BDG 1979 gehandelt habe. Es könnten sich vielmehr aus der Erfüllung von Dienstpflichten für den Bediensteten auch Aufwendungen oder Beeinträchtigungen der Freizeit ergeben, die keinen Anspruch auf Abgeltung nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften begründeten. Beispielsweise sei die Pflicht des Bediensteten zur Durchführung einer Dienstreise auch außerhalb der Normalarbeitszeit angeführt, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Anspruch auf Überstundenvergütung begründe. Auf Grund der Tatsache, daß dem Beschwerdeführer als Angehörigem einer Abordnung durch den zuständigen Anordnungsbefugten keine Überstunden angeordnet worden seien und derartige Überstunden rechtfertigende Dienstleistungen vom Beschwerdeführer auch nicht erbracht worden seien, sowie unter Bedachtnahme auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Sonn- und Feiertagsvergütung gemäß §§ 16 und 17 GG 1956 verletzt.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die belangte Behörde verkenne den Begriff "Dienst". Sie bestreite nicht, daß die Befolgung des mehrfach genannten Befehles für den Beschwerdeführer eine "Dienstpflicht" gewesen sei. Dennoch hätte die Befolgung dieses Befehles - nach Auffassung der Behörde - nicht bewirkt, daß die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Veranstaltung Dienst gewesen sei. Gewiß sei nicht alles, was für einen Beamten zu den Dienstpflichten zähle, Ausübung eines "Dienstes" im Sinne der §§ 49 ff BDG 1979. Die Unrichtigkeit der von der belangten Behörde gezogenen Folgerungen für den konkreten Fall zeige jedoch schon folgende grundsätzliche Überlegung. Es gebe in Wahrheit keinen Unterschied zwischen "militärischen Abläufen" (Vorbeimarsch, Ehrenbezeugungen mit der Waffe und ähnliches) und der unter gleichem Kommando stehenden Teilnahme von Personen in Form einer Abordnung, die vorbestimmte Positionen stehend einzunehmen gehabt hätten. Auch der Hinweis der belangten Behörde auf die höchstgerichtliche Judikatur im Zusammenhang mit Dienstreisen sei nicht zielführend. Es gehe im vorliegenden Beschwerdefall nicht um die Frage beschäftigungsfreier Zeiten, wie sie bei Dienstreisen außerhalb der Normalarbeitszeit anfielen, sondern um die Ausübung einer im Rahmen des erteilten Befehles streng geregelten, mit Einhaltung von Adjustierungsvorschriften verbundenen Berufsausübung. Von einer beschäftigungsfreien Zeit im Zusammenhang mit einer Dienstpflichterfüllung könne daher im Beschwerdefall keine Rede sein. Soweit sich die belangte Behörde auf § 16 Abs. 8 GG 1956 berufe, könne ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Der Versuch, die gegenständliche Befehlsausführung als Teilnahme an einem "Empfang" oder einer "gesellschaftlichen Veranstaltung" zu werten, müsse ebenfalls scheitern. Gedenkfeiern der gegenständlichen Art seien keine gesellschaftlichen Veranstaltungen. Sie hätten nichts mit persönlicher Repräsentation von Unteroffizieren oder mit sonstigen Momenten zu tun, die für einen "Empfang" bestimmend seien. Auch von einer gesellschaftlichen Veranstaltung könne nicht gesprochen werden, weil es sich im gegenständlichen Fall um eine "staatssymbolische Gedenkfeier" gehandelt habe. Es fehlten hier alle für eine gesellschaftliche Veranstaltung sprechenden Erscheinungsformen.
Gemäß § 49 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Überstunden). Den auf Anordnung geleisteten Überstunden sind - ausgenommen bei gleitender Dienstzeit - Überstunden gleichzuhalten, wenn
- 1. der Beamte einen zur Anordnung der Überstunde Befugten nicht erreichen konnte,
- 2. die Leistung der Überstunde zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,
- 3. die Notwendigkeit der Leistung der Überstunde nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Überstunde geleistet hat, hätte vermieden werden können, und
- 4. der Beamte diese Überstunde spätestens innerhalb einer Woche nach der Leistung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung.
Dem Beamten gebührt nach § 16 Abs. 1 GG 1956 für Überstunden, die
- 1. nicht in Freizeit oder
- 2. gemäß § 49 Abs. 2 Z. 3 BDG 1979 im Verhältnis 1 : 1 in Freizeit ausgeglichen werden,
eine Überstundenvergütung.
Die Teilnahme an Empfängen und gesellschaftlichen Veranstaltungen begründet nach Abs. 8 der zuletzt genannten Bestimmung, auch wenn sie dienstlich notwendig ist, weder einen Anspruch auf Freizeitausgleich noch einen Anspruch auf Überstundenvergütung.
Zur Frage der Teilnahme an Empfängen und gesellschaftlichen Veranstaltungen wird in den Durchführungsbestimmungen des Bundeskanzleramtes zur 24. GG-Novelle, Rundschreiben vom 9. November 1972, Zl. 120.000-3b/72 (abgedruckt bei Zach, Gehaltsgesetz, Grenz-Verlag, zu § 16/9) ausgeführt, von der Teilnahme an solchen Veranstaltungen könne nur bei den Personen gesprochen werden, die als Einladende oder als EINGELADENE daran teilnehmen, nicht aber bei Bediensteten, die im Rahmen einer solchen Veranstaltung zum Dienst herangezogen werden.
Mit Erkenntnis vom 10. März 1977, Slg. N. F. Nr. 9272/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine anspruchsbegründende Anordnung einer Überstunde auch dann vorliegt, wenn diese von einem Dienstvorgesetzten ausgeht, dessen Weisung der Beamte befolgen muß. Ob der Dienstvorgesetzte nach der internen Kompetenzverteilung zur Weisung berechtigt war oder nicht, ist belanglos. Es kommt vielmehr ausschließlich darauf an, ob die Überstunde in Ausführung einer darauf gerichteten Anordnung eines Dienstvorgesetzten geleistet wurde, wobei die Anordnung das Wort "Überstunde" nicht ausdrücklich enthalten muß.
Im Beschwerdefall verneint die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Überstundenanspruch, weil ihm keine Überstunden angeordnet worden und auch die Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 BDG 1979 nicht gegeben gewesen seien. Dem steht aber entgegen, daß der Beschwerdeführer auf Grund des ihm erteilten Befehles ohne jeden Zweifel verpflichtet war, an dieser Feier teilzunehmen. Eine derartige Anordnung kann daher im Sinne der vorher genannten Rechtsprechung auch ohne Verwendung des Wortes "Überstunde" im Ergebnis eine solche bewirken. Ein Vergleich mit der Zeit der Reisebewegung während einer Dienstreise, die für einen Beamten in der Regel keine Dienstleistung darstellt, obwohl dadurch eine Einschränkung seiner Freizeit eintritt, kommt für den Beschwerdefall schon deshalb nicht in Frage, weil der Beschwerdeführer als Angehöriger einer unter militärischem Befehl stehenden Abordnung während der Feier keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten in dem Sinn hatte, daß er über seine Zeit individuell hätte verfügen können (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 22. Mai 1975, Slg. N. F. Nr. 8829/A, betreffend die Reisezeit).
Insoweit sich die Behörde auf § 16 Abs. 8 GG 1956 bezieht, teilt der Verwaltungsgerichtshof die in den Durchführungsbestimmungen zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung, daß unter Teilnahme im Sinne des § 16 Abs. 8 GG 1956 nicht jede Form der Anwesenheit bei einer der genannten Veranstaltungen zu verstehen ist, sondern nur eine Gestaltungsmöglichkeiten umfassende Teilhabe wie etwa als Einladender oder Eingeladener.
Im Beschwerdefall ist aber unbestritten, daß der Beschwerdeführer auf Grund einer Weisung verpflichtet war, in Form einer militärischen Abordnung an dieser Gedenkfeier teilzunehmen. Er war weder Einladender noch EINGELADENER noch konnte er sonst seine Anwesenheit individuell gestalten; er war vielmehr zwingend verpflichtet, an dieser Veranstaltung in einer bestimmten Form und als Teil einer militärischen Abordnung, also ohne persönliche Gestaltungsmöglichkeit und unter militärischem Befehl stehend, teilzunehmen. Unter diesen Voraussetzungen kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weder von einer Teilnahme an einer gesellschaftlichen Veranstaltung im Sinne des § 16 Abs. 8 GG 1956 noch davon gesprochen werden, daß es sich hiebei überhaupt nicht um Dienst gehandelt habe.
Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416)1994.
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