Normen
AVG §58 Abs2;
VwRallg;
WehrG 1990 §35 Abs1 impl;
ZDG 1986 §8 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VwRallg;
WehrG 1990 §35 Abs1 impl;
ZDG 1986 §8 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes ab 2. Oktober 1995 einer näher genannten Einrichtung zugewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 2 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) ist der Zuweisungsbescheid vom Bundesminister für Inneres bei einer Zuweisung 1. zum Grundzivildienst spätestens vier Wochen und
2. zu Zivildienstübungen spätestens acht Wochen vor dem Tag des vorgesehenen Dienstantrittes zuzustellen, sofern dies mit Zweck des Einsatzes vereinbar ist.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die im § 8 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. normierte vierwöchige Mindestfrist sei in seinem Falle unterschritten worden. Zunächst sei versucht worden, ihm den Bescheid an einer schon seit längerem aufgegebenen Adresse in Innsbruck zuzustellen. In der Folge sei am 25. September 1995 ein Zustellversuch an seinem Hauptwohnsitz in Wien, wo er seit August 1994 gemeldet sei, unternommen und die Sendung hinterlegt worden. Er sei damals ortsabwesend gewesen und erst am 2. Oktober 1995 nach Wien zurückgekommen. Am 3. Oktober 1995 habe er die hinterlegte Sendung beim Postamt behoben.
Die belangte Behörde tritt den - mit der Aktenlage im Einklang stehenden - Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend die Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht entgegen, verweist darauf, daß er in seiner Zivildiensterklärung vom 4. August 1993 als Studienadresse die Anschrift in Innsbruck, an der zunächst die Zustellung versucht worden sei, bekanntgegeben habe und daß ihr kein Meldezettel betreffend seine Anmeldung in Wien zugekommen sei, und vertritt in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, § 8 Abs. 2 ZDG richte sich an die belangte Behörde, vermittle jedoch dem Zivildienstpflichtigen keine subjektiven Rechte. § 35 Abs. 1 Wehrgesetz 1990 (WG) diene dem gleichen Zweck, wobei die dort genannten Mindestfristen für die Zustellung von Einberufungsbefehlen sogar ohne Begründung gegenüber dem Einzelnen verkürzt werden könnten.
Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß § 35 Abs. 1 WG im wesentlichen den gleichen Inhalt hat und den gleichen Zweck verfolgt wie § 8 Abs. 2 ZDG. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den im § 35 Abs. 1 WG genannten Mindestfristen für die Zustellung von Einberufungsbefehlen bereits wiederholt die Auffassung vertreten, daß der Wehrpflichtige auf die Einhaltung der dort genannten Fristen ein subjektives Recht besitzt (siehe das hg. Erkenntnis vom 15. März 1994, Zl. 93/11/0275, mwN). Sollen die Fristen gemäß § 35 Abs. 1 vierter Satz WG nach Maßgabe militärischer Erfordernisse verkürzt werden, bedarf dies einer entsprechenden Begründung.
Die zu § 35 Abs. 1 WG entwickelte Rechtsprechung ist im Hinblick auf den im wesentlichen gleichen Regelungsinhalt und -zweck auf § 8 Abs. 2 ZDG übertragbar. Diese Gesetzesstelle räumt demnach dem Zivildienstpflichtigen ein subjektives Recht auf Einhaltung der dort genannten Fristen ein. Sollte nach dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung der Zweck des Einsatzes ein Unterschreiten der Mindestfristen erfordern, ist dies im Zuweisungsbescheid entsprechend zu begründen. Die Auffassung der belangten Behörde, daß § 8 Abs. 2 ZDG dem Zivildienstpflichtigen kein subjektives Recht einräumt, erweist sich demnach als verfehlt. Daß eine Verkürzung im Grunde des § 8 Abs. 2 letzter Halbsatz ZDG zulässig gewesen wäre, wurde im angefochtenen Bescheid nicht begründet. Derartiges wird auch in der Gegenschrift nicht behauptet.
Die Tatsache, daß die belangte Behörde von der Anmeldung des Beschwerdeführers in Wien keine Kenntnis erlangt hat, kann allenfalls auf einen Verstoß gegen die Meldepflicht nach § 56 Abs. 1 ZDG idF der ZDG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 187, zurückzuführen sein und eine Verwaltungsübertretung nach § 69a leg. cit. darstellen, bewirkt jedoch nicht die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung nach dem Zustellversuch an der Innsbrucker Adresse, weil es sich dabei nicht um eine Abgabestelle des Beschwerdeführers gemäß § 4 Zustellgesetz gehandelt hat.
Der in der Gegenschrift weiters ins Treffen geführte Umstand, daß der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid hätte befolgen müssen, hat mit dessen Rechtmäßigkeit nichts zu tun. Von der Verpflichtung, dem (rechtswidrigen) angefochtenen Bescheid nachzukommen, wurde der Beschwerdeführer erst durch die mit hg. Beschluß vom 16. November 1995, Zl. AW 95/11/0148, erfolgte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung enthoben.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)