Normen
AVG §68 Abs1;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2 idF 1992/690;
AVG §68 Abs1;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2 idF 1992/690;
Spruch:
Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1966 geborene Beschwerdeführer leistete vom 1. Oktober 1985 an den Grundwehrdienst. Mit Bescheid der Erstbehörde, des Militärkommandos Salzburg, vom 29. April 1992 wurde er über seinen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung von Truppen- und Kaderübungen bis 31. Dezember 1992 befreit; sein darüber hinaus gehender Antrag auf Befreiung bis 31. Dezember 1997 wurde abgewiesen. Als Befreiungsgrund wurden besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit seinem damals neu gegründeten Unternehmen, einem Platten- und Fliesenlegerbetrieb, angenommen.
Mit Schreiben vom 1. Februar 1995 begehrte er die "Freistellung" von der Truppen- und Kaderübung, für die er mit einem am selben Tag zugestellten Einberufungsbefehl für die Zeit vom 2. bis zum 13. Mai 1995 einberufen worden war.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag vom 1. Februar 1995 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragte dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anträge von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines Bescheides Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage) bezwecken. Identität der Sache liegt dann vor, wenn weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgebenden tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich das neue Parteibegehren im wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1991, Zl. 90/11/0229).
Der Bescheid des Militärkommandos Salzburg vom 29. April 1992 war hinsichtlich seines abweisenden Abspruches damit begründet worden, daß vom 1. Jänner 1993 an die Leistung von Übungen keine "unmittelbare Bedrohung" des im Jahr 1991 gegründeten Unternehmens des Beschwerdeführers mehr darstellte. Nach Erhalt der Information über abzuhaltende Übungen habe er die Möglichkeit, durch geeignete Dispositionen erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die mit der verhältnismäßig kurzfristigen Abwesenheit von seinem Betrieb verbunden sein könnten, abzuwehren.
Inhalt des Bescheides vom 29. April 1992 - dessen Rechtmäßigkeit im vorliegenden Zusammenhang nicht zu hinterfragen ist - war es somit u.a., daß dem Beschwerdeführer vom 1. Jänner 1993 an die Vermeidung von schweren wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Leistung von Übungen möglich sei. Von der mehrere Monate vorher erfolgten Verständigung über die in Aussicht genommene Teilnahme an einer Übung an habe er die Möglichkeit zu entsprechenden Dispositionen. Zu dieser Aussage kam die Erstbehörde aufgrund der Sachverhaltsannahme, der Beschwerdeführer sei in seinem Unternehmen tätig.
In seinem Antrag vom 1. Februar 1995 wies er darauf hin, daß er acht Arbeitskräfte beschäftige und für den Zeitraum der Übung vom 2. bis zum 13. Mai 1995 schon Bauzusagen habe, die "mit Bauzeiteinhaltungen (Pönale...) versehen sind".
Mit dem Vorbringen, er beschäftige acht Arbeitnehmer, macht er insoferne (bereits in seinem Anbringen an die Erstbehörde - vgl. das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1991) eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes geltend, als sich die von seinem Unternehmen erbrachten Arbeiten und damit auch die diesbezüglich vorzunehmenden Dispositionen erheblich von denen eines "Einmannbetriebes" unterscheiden. Der Beschwerdeführer hat auch in seiner Berufung geltend gemacht, daß seine Interessenlage saisonal unterschiedlich und in den Wintermonaten die Leistung von Übungen möglich sei; dies war nach Auffassung der Behörde seinerzeit weder vor noch nach dem 1. Jänner 1993 der Fall.
Beide Umstände, die Größe des Unternehmens und die behauptete unterschiedliche Interessenlage zu verschiedenen Zeiten des Jahres, verbieten es, von einem im wesentlichen identen Sachverhalt zu sprechen. Diese Umstände sind entgegen der Meinung der belangten Behörde nicht bloß unerhebliche Nebenumstände. Der Bescheid vom 29. April 1992 konnte daher in Ansehung des neuerlichen Befreiungsbegehrens keine rechtskräftig entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG bewirken. Die Zurückweisung des Begehrens aus diesem Grund entsprach folglich nicht dem Gesetz und verletzte den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung, wie immer diese hätte ausfallen müssen.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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