VwGH 95/11/0054

VwGH95/11/005421.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 15. September 1994, Zl. 421.367/7-I/10-94, betreffend Versagung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
KDV 1967 §30 Abs3;
KDV 1967 §34 Abs1 litd;
KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;
AVG §52;
KDV 1967 §30 Abs3;
KDV 1967 §34 Abs1 litd;
KFG 1967 §67 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Nach einer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. November 1984 ausgesprochenen Entziehung der Lenkerberechtigung der Beschwerdeführerin aus Anlaß eines Verkehrsunfalles in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand wurde der Beschwerdeführerin in der Folge eine Lenkerberechtigung jeweils befristet erteilt (zuletzt bis 17. Mai 1993). Begründet wurde dies jeweils mit der Gefahr eines Rückfalls in den Alkoholmißbrauch. Am 14. März 1993 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer unbefristeten Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B. Aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Wien vom 20. April 1993 wurde mit mündlich verkündetem Bescheid vom selben Tag der Beschwerdeführerin eine bis 20. Juli 1993 befristete Lenkerberechtigung erteilt. Die Beschwerdeführerin berief gegen die Befristung.

Da der Landeshauptmann von Wien hierüber nicht fristgerecht entschied, begehrte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 3. März 1994 den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG. Einer Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 24. Juni 1994 zur Beibringung eines die Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit einschließenden Befundes der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien binnen 6 Wochen kam die Beschwerdeführerin nicht nach. Daraufhin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag vom 14. März 1993 unter Hinweis auf § 67 Abs. 2 KFG 1967 wegen Fehlens der erforderlichen geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B ab.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; sie beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß das Begehren der Beschwerdeführerin auf Streichung der Befristung ihrer Lenkerberechtigung der Sache nach die Erteilung einer - über den 20. Juli 1993 hinaus wirksamen - unbefristeten Lenkerberechtigung zum Gegenstand hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1988, Zl. 88/11/0085).

Bei der im Beschwerdefall strittigen geistigen und körperlichen Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B handelt es sich um eine der im § 64 Abs. 2 KFG 1967 normierten Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung. Zur Prüfung dieser Erteilungsvoraussetzung sieht § 67 Abs. 2 erster Satz KFG 1967 die Einholung eines ärztlichen Gutachtens vor. Nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle hat der Antragsteller die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen besonderen Befunde zu erbringen.

Die belangte Behörde ging unter Hinweis darauf, daß die Beschwerdeführerin der Verfahrensanordnung vom 24. Juni 1994 zur Beibringung eines die Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit einschließenden Befundes der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien nicht nachgekommen sei, vom Fehlen der nötigen geistigen und körperlichen Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B aus. Die Notwendigkeit des verlangten Befundes begründete die belangte Behörde mit dem Hinweis auf eine im Verfahren der Behörde zweiter Instanz erstattete Stellungnahme eines Amtsarztes vom 21. Juli 1993. Danach habe dieser Amtsarzt bei der Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20. April 1993 sehr starke klinische Anzeichen eines chronischen Alkoholmißbrauchs und eine Wesensänderung wie bei Alkoholismus chronicus festgestellt. Diese Zeichen seien derart intensiv, daß nicht nur "eine Streichung" nicht möglich sei, sondern auch Zweifel an der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin bestünden.

Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, daß ihr diese Stellungnahme bekanntgegeben wurde und daß sie der daraufhin ergangenen Aufforderung zur Beibringung des besagten Befundes nicht nachgekommen ist. Sie hält zum einen die Stellungnahme vom 21. Juli 1993 für keine taugliche Grundlage für die getroffene Entscheidung. Es handle sich dabei jedenfalls um kein Gutachten im Sinne des § 67 Abs. 2 KFG 1967. Vor Abgabe der Stellungnahme sei die Beschwerdeführerin nicht neuerlich untersucht worden, bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides sei mehr als 1 Jahr vergangen. Zum anderen entbehre die Aufforderung zur Beibringung des in Rede stehenden Befundes einer Deckung im Gesetz. Chronischen Alkoholmißbrauch hätte der Amtsarzt selbst feststellen können und müssen. Einer psychiatrischen Untersuchung bedürfe es dazu nicht. Außerdem sei die Behörde nicht berechtigt, die Beibringung des Befundes einer bestimmten Stelle vorzuschreiben; sie könne lediglich die Beibringung eines psychiatrischen Gutachtens schlechthin verlangen.

Das Vorbringen ist nicht begründet. Die belangte Behörde hat die Stellungnahme des Amtsarztes vom 21. Juli 1993 nicht etwa als Gutachten im Sinne des § 67 Abs. 2 KFG 1967 gewertet und darauf gestützt die geistige und körperliche Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B verneint. Vielmehr hat sie diese Stellungnahme lediglich zum Anlaß genommen, im Wege einer Verfahrensanordnung die Beibringung eines fachärztlichen Befundes zu verlangen, um so die Grundlage für ein ärztliches Gutachten über die geistige und körperliche Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu schaffen. Daher geht das Vorbringen betreffend die Gutachtenseigenschaft der besagten Stellungnahme und die insoweit behaupteten Verfahrensmängel ins Leere. Die Vorgangsweise der belangten Behörde begegnet keinen Bedenken. Angesichts der geschilderten Vorgeschichte und der in der Stellungnahme vom 21. Juli 1993 wiedergegebenen Wahrnehmungen des Amtsarztes anläßlich der Untersuchung der Beschwerdeführerin vom 20. April 1993 bestanden begründete Bedenken an ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen wegen Alkoholabhängigkeit bzw. chronischen Alkoholismus (§ 34 Abs. 1 lit. d KDV 1967). In solchen Fällen hat die Kraftfahrbehörde gemäß § 34 Abs. 3 KDV 1967 eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt, die eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit einzubeziehen hat, anzuordnen. Dem hat die belangte Behörde durch die Verfahrensanordnung vom 24. Juni 1994 Rechnung getragen. Da die Beschwerdeführerin den angeforderten, eine Untersuchung ihrer kraftfahrspezischen Leistungsfähigkeit einschließenden fachärztlichen Befund nicht beibrachte, konnte die belangte Behörde im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 8. Mai 1990, Zl. 89/11/0283, und vom 19. Februar 1991, Zl. 90/11/0099) davon ausgehen, daß bei der Beschwerdeführerin die Eignungsvoraussetzung der geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B nicht gegeben ist.

Durch die Nennung der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien als einer Stelle, die erfahrungsgemäß zur Erstellung von fachärztlichen Befunden in Fällen wie dem vorliegenden in der Lage ist, wurden Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt. Der Beschwerdeführerin war es dadurch insbesondere nicht verwehrt, den angeforderten Befund durch eine andere dazu geeignete Stelle erstellen zu lassen.

Die Ansicht, der Amtsarzt hätte das Vorliegen eines chronischen Alkoholmißbrauchs selbst feststellen können und müssen, steht mit der geltenden Rechtslage nicht in Einklang. Diese sieht im § 30 Abs. 3 erster Satz KDV 1967 eine ärztliche Untersuchung in der Regel mit den einem praktischen Arzt üblicherweise zur Verfügung stehenden Untersuchungsbehelfen vor. Nach dem zweiten Satz dieser Verordnungsstelle ist dann, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei einer Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde (hier im Sinne des § 34 Abs.1 lit. d KDV 1967), die Vorlage der erforderlichen besonderen Befunde zu verlangen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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