Normen
AVG §34 Abs2;
AVG §34 Abs3;
AVG §36 Abs1;
VStG §16;
AVG §34 Abs2;
AVG §34 Abs3;
AVG §36 Abs1;
VStG §16;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk vom 7. März 1995, war dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, er habe es als Erziehungsberechtigter pflichtwidrig unterlassen, für einen regelmäßigen Schulbesuch seines Sohnes Michael zu sorgen, sodaß dieser an im einzelnen dargelegten Tagen dem Unterricht unentschuldigt ferngeblieben sei. In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er sei von den zuständigen Lehrern und vom Schuldirektor über die Abwesenheit seines Sohnes vom Unterricht nicht informiert worden. Vielmehr behaupte die Schulbehörde in ihrer im Strafverfahren erstatteten Stellungnahme, sie habe die Frau des Beschwerdeführers davon in Kenntnis gesetzt. Diese Behauptung sei auch zu erwarten gewesen, "da es sich bei Lehrern grundsätzlich um Halbgebildete handelt", die gerade in der Lage seien, Halbwüchsigen ihren Willen aufzuzwingen, vom gesunden Menschenverstand könne wohl hier keine Rede sein. Darüber hinaus erscheine eine Verständigung des Beschwerdeführers über seine Frau zweifelhaft, weil er von seiner Frau getrennt lebe. Es wäre daher angebracht gewesen, die zweite Erziehungsberechtigte mit dem Vorwurf zu konfrontieren. Daß dies nicht geschehen sei, sei wiederum "diesem halbgebildeten linken Gesindel zuzuschreiben, das sich großartig Lehrer nennt und als Bütteln des Minister Pfefferkorns" hier unbescholtene Bürger in Schwierigkeiten zu bringen versuche. Zur Stellungnahme des Direktors der Schule, es sei von einer Trennung der Eltern des Michael T nichts bekannt gewesen, erklärte der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 19. Juni 1995 u. a., es sei ihm nicht bekannt, daß einer Hauptschule mitgeteilt werden müsse, ob die Eltern eines Schülers getrennt lebten oder nicht. Er erinnere nochmals daran, "daß es sich bei Lehrern um Halbgebildete handelt", die gerade in der Lage seien, einem Halbwüchsigen ihren Willen aufzuzwingen, "vernünftige Handlungen sind von derartigen Leuten nicht zu erwarten."
Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. August 1995 wurde - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - unter Spruchteil I das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Unter Spruchteil II wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 3 AVG zwei Ordnungsstrafen in der Höhe von jeweils S 700,-- im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von jeweils 42 Stunden verhängt, weil er sich durch die oben - in Parenthese - wiedergegebenen Äußerungen in der Berufung und in der schriftlichen Stellungnahme vom 19. Juni 1995 einer beleidigenden Schreibweise bedient habe.
Gegen Spruchteil II dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zur ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis S 1.000,-- verhängt werden.
Die gleichen Ordnungsstrafen können gemäß § 34 Abs. 3 AVG von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid im wesentlichen vor, seine Äußerungen hätten sich in keiner Weise gegen eine Behörde oder gegen Behördenorgane gerichtet; er habe sich vielmehr allgemein auf solche Lehrer bezogen, die er als Halbgebildete bezeichne. Er habe sich daher keiner die Behörde beleidigenden Schreibweise bedient. Auch könnten Unmutsäußerungen über politische Zustände nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 AVG erfüllen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. September 1995, Zl. 94/17/0427 und vom 30. Mai 1994, Slg. Nr. 14064/A). Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kommt es nicht auf die Eignung der an eine Behörde gerichteten schriftlichen Äußerung an, diese, eine Behörde unterer Instanz oder Organwalter dieser Behörden zu beleidigen. Entscheidend ist vielmehr, ob durch diese Äußerung der im Verkehr mit Behörden gebotene Anstand verletzt wird, was freilich nicht davon abhängt, auf wen die Äußerung bezogen ist. Daß sich der Beschwerdeführer aber mit den oben wiedergegebenen Schmähungen in einer Art geäußert hat, die - aus objektiver Sicht - ungeziemend ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die belangte Behörde ist daher zu Recht zur Auffassung gelangt, der Beschwerdeführer habe sich bei seinen "Unmutsäußerungen" einer beleidigenden Schreibweise bedient.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, es sei ihm das Verfahrensergebnis nicht vorgehalten und ihm keine Möglichkeit zur Stellungnahme geboten worden. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß die Vorschriften des AVG über das Ermittlungsverfahren bei der Verhängung von Ordnungsstrafen gemäß § 34 AVG nicht anzuwenden sind (vgl. z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1994).
Die Beschwerde erweist sich jedoch hinsichtlich der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe als berechtigt. § 34 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 AVG sieht die Verhängung einer Geld-, nicht aber einer Ersatzfreiheitsstrafe vor. Da Ordnungsstrafen nicht unter die Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes fallen (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 30. Mai 1994) - lediglich die Bestimmungen des VStG über den Strafvollzug sind gemäß § 36 Abs. 1 zweiter Satz AVG sinngemäß anzuwenden -, kommt die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG nicht in Betracht.
Indem die belangte Behörde daher auch eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängte, hat sie den angefochtenen Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet; er war in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, die Beschwerde jedoch im übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nichterforderlichen Stempelgebührenaufwand.
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