VwGH 95/08/0117

VwGH95/08/011717.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der K in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 29. November 1994, Zl. MA 12-14515/88 A, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §140 Abs2;
SHG Wr 1973 §13 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
SHV Richtsätze Wr 1973 §1;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs1 idF 1992/001;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs2 idF 1992/001;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs4 idF 1993/068;
ABGB §140 Abs2;
SHG Wr 1973 §13 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
SHV Richtsätze Wr 1973 §1;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs1 idF 1992/001;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs2 idF 1992/001;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs4 idF 1993/068;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als der Beschwerdeführerin nur eine monatliche Mietbeihilfe von einem Drittel der monatlichen Miete zuerkannt und ihr Antrag auf Heizbeihilfe abgewiesen wurde.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12, Sozialreferat für den 7. Bezirk (erstinstanzliche Behörde), vom 28. Februar, 25. März, 25. April, 25. Mai und 27. Juni 1994 wurden der Beschwerdeführerin jeweils Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form des Richtsatzes für den Alleinunterstützten einschließlich einer Mietbeihilfe in Höhe eines Drittels der Miete gewährt. Gleichzeitig wurde ihr jeweils ein Überbezug an Sozialhilfe aus den Jahren 1986 bis 1992 in Raten zu S 911,--, S 500,-- und S 1.000,-- abgezogen. Dem Antrag auf Gewährung einer Heizbeihilfe wurde nicht stattgegeben.

Die Beschwerdeführerin erhob (vertreten durch ihre Mutter) gegen diese Bescheide jeweils Berufung, wobei sie sich gegen die Drittelung der Mietbeihilfe und die Abweisung ihres Antrages auf Gewährung eines Heizkostenzuschusses aussprach. In der Berufung gegen den Bescheid vom 28. Februar 1994 brachte sie weiters vor, daß der Abzug eines Betrages in der Höhe von "S 911,-- (1. Rate)" sowie die Verweigerung des Heizkostenzuschusses nicht begründet worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen keine Folge und bestätigte die Bescheide der Behörde erster Instanz. In ihrer Begründung verwies sie zunächst auf § 5 Abs. 2 der Richtsatzverordnung, LGBl. für Wien Nr. 13/1973, wonach der Mietbedarf durch eine Mietbeihilfe zu decken sei. Die Mietbeihilfe sei alleinunterstützten oder hauptunterstützten Sozialhilfebeziehern in Höhe des tatsächlichen Mietzinses zu gewähren, soweit die Wohnung des Sozialhilfebeziehers einen angemessenen Wohnraumbedarf nicht übersteige, und nur im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenden Mietzinsanteiles. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, daß ihr bei den Geldaushilfen ein Betrag von S 911,-- ohne jede Begründung abgezogen worden sei, bemerkte die belangte Behörde, daß die Beschwerdeführerin in den Jahren 1989 bis 1992 Geldaushilfen bezogen habe, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt verheiratet und ihr Ehegatte laufend beschäftigt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe mit der Behörde erster Instanz bezüglich des Überbezuges an Sozialhilfe in der Gesamthöhe von S 134.911,-- am 18. Februar 1994 einen Vergleich gemäß § 30 Abs. 2 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 (WSHG), abgeschlossen, demzufolge der Überbezug in Teilbeträgen (1. Rate zu S 911,-- und 134 Raten zu S 1.000,--) zum Abzug zu bringen sei. Damit erübrige sich auch die rechtliche Erörterung des Ratenabzuges dem Grunde und der Höhe nach. Was die von der Beschwerdeführerin beantragte Heizbeihilfe anlange, so sei darauf zu verweisen, daß bereits ihrer Mutter, mit welcher sie im gemeinsamen Haushalt lebe, bei der Gewährung der monatlichen Geldleistungen eine Heizbeihilfe im vollen Ausmaß zuerkannt worden sei. Nach § 5 Abs. 4 der Richtsatzverordnung sei alleinunterstützten Sozialhilfebeziehern in Wohnungen ohne Zentralheizung in den Monaten Jänner bis April und Oktober bis Dezember eine Heizbeihilfe in der Höhe von S 777,-- monatlich im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenden Heizkostenanteiles zu gewähren. Da die Mutter der Beschwerdeführerin eine Heizbeihilfe im vollen Ausmaß erhalten habe, komme die Gewährung einer weiteren Heizbeihilfe an die Beschwerdeführerin nicht in Frage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mietbeihilfe

Nach Lage der Verwaltungsakten lebt die Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter und der am 20. Oktober 1978 geborenen Schwester R im gemeinsamen Haushalt in Wien. Die Mutter der Beschwerdeführerin bezieht ebenfalls Sozialhilfe, die Schwester R erhält von ihrem Vater, dem geschiedenen Ehegatten der Mutter der Beschwerdeführerin, Alimente in der Höhe von S 5.000,-- monatlich.

Was die Drittelung des Mietbedarfes anlangt, so ist auf das die Mutter der Beschwerdeführerin betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0145, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten hat, daß bei der Anteilsregelung des § 5 Abs. 2 letzter Halbsatz der Richtsatzverordnung die Schwester der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht zu berücksichtigen ist. Auf die ausführliche Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen. Der angefochtene Bescheid ist daher diesbezüglich mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.

2. Heizbeihilfe

Was den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung eines Heizkostenzuschusses anlangt, so ist zunächst auf § 5 Abs. 4 der Richtsatzverordnung in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 21 und 68/1993 zu verweisen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"(4) Zur Deckung des Heizbedarfes ist alleinunterstützten oder hauptunterstützten Sozialhilfebeziehern in Wohnungen ohne Zentralheizung in den Monaten Jänner bis April und Oktober bis Dezember eine Heizbeihilfe von (ab 1. Jänner 1994) 777 S monatlich im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenden Heizkostenanteils zu gewähren. In Wohnungen mit Zentralheizung sind die vorgeschriebenen Heizkosten zu gewähren, soweit diese einem angemessenen durchschnittlichen Heizbedarf entsprechen, jedoch ebenfalls nur im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenden Heizkostenanteils."

Auch für den Anspruch auf Heizbeihilfe nach der genannten Bestimmung gilt das Prinzip der Subsidiarität von Sozialhilfeleistungen. Das heißt, daß ein solcher Anspruch nicht besteht, wenn die tatsächlichen Kosten der Beheizung von dritten Personen ohne Gegenleistung dessen, der Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 1 der Richtsatzverordnung bezieht, getragen werden. Darauf, ob Dritte diesen Aufwand freiwillig oder unfreiwillig aus jederzeit abänderbaren Gründen tragen, kommt es - unter dem allein maßgeblichen Gesichtspunkt des tatsächlich dem Hilfesuchenden erwachsenden Aufwandes - nicht an (vgl. das zum NÖ Sozialhilfegesetz ergangene Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 91/08/0144). Die belangte Behörde hätte daher zunächst Ermittlungen darüber anzustellen gehabt, ob die Beschwerdeführerin zu den Kosten der Beheizung beiträgt oder diese von der Mutter der Beschwerdeführerin allein zur Gänze getragen werden. Im ersteren Fall wäre der Beschwerdeführerin im Ausmaß des auf sie entfallenden Heizkostenanteiles eine entsprechende Heizbeihilfe zu gewähren. Daß die Mutter der Beschwerdeführerin bereits eine Heizbeihilfe im vollen Ausmaß erhält, könnte einen diesbezüglichen Anspruch der Beschwerdeführerin nicht schmälern. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde auch zu klären haben, ob die Wohnung, die von der Beschwerdeführerin bewohnt wird - wie in der Beschwerde behauptet -, eine Zentralheizung besitzt bzw. weshalb eine - wie in der Gegenschrift behauptet - Elektroboiler"Heizung" keine Zentralheizung im Sinne der Richtsatzverordnung darstellt.

Da die belangte Behörde aufgrund ihrer verfehlten Rechtsansicht nähere Feststellungen unterließ, belastete sie auch diesbezüglich den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

3. Überbezug

Im Zusammenhang mit dem ratenweisen Abzug eines Überbezuges an Sozialhilfeleistungen bringt die Beschwerdeführerin folgendes vor: Sie sei bereits im Alter von ca. 15 Jahren wegen des Konsums von Rauschgift angezeigt worden. Im überwiegenden Teil des Verfahrens vor der Behörde erster Instanz sei sie durch ihre Mutter vertreten worden. Den Vergleich vom 18. Februar 1994 habe die Beschwerdeführerin im eigenen Namen unterschrieben. Wäre der Beschwerdeführerin der Inhalt dieses Vergleiches bewußt geworden, so hätte sie dies sicherlich ihrer Mutter mitgeteilt. Da dies jedoch nicht der Fall gewesen sei, habe die Mutter der Beschwerdeführerin in der Berufung gegen den Bescheid vom 28. Februar 1994 erklärt, daß kein Grund ersichtlich sei, weshalb ein Abzug in der Höhe von S 911,-- erfolge. Aufgrund der physischen und psychischen Situation der Beschwerdeführerin hätte die belangte Behörde vor Abschluß des Vergleiches überprüfen müssen, ob diese bei der Unterfertigung überhaupt geschäftsfähig gewesen sei; dies werde allerdings bestritten.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die Beschwerdeführerin hat am 18. Februar 1994 persönlich vor der Behörde erster Instanz einen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gestellt. Dabei wurde von ihr ein Vergleich über die Rückzahlung eines Überbezuges an Sozialhilfe aus den Jahren 1989 bis 1992 geschlossen, wobei sie sich verpflichtete, den Überbezug in monatlichen Raten zu S 1.000,-- (erste Rate in der Höhe von S 911,--) zurückzuzahlen. Nur in der Berufung gegen den ersten, mündlich erlassenen Bescheid (diese und alle folgenden Berufungen wurde von der durch die Beschwerdeführerin bevollmächtigten Mutter eingebracht) wurde die mangelhafte Begründung des Betrages von "S 911,-- (1. Rate)" gerügt. In den weiteren Berufungen wurde bezüglich der jeweiligen Abzüge kein entspechendes Vorbringen erstattet, obwohl in der schriftlichen Ausfertigung des ersten, mündlich erlassenen Bescheides vom 24. Mai 1994 begründet wurde, weshalb ein ratenweiser Abzug erfolge. Die Beschwerdeführerin hätte daher in den weiteren Berufungen ihre mangelnde Geschäftsfähigkeit vorbringen können. Bei der erstmals in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, die Beschwerdeführerin sei bei dem am 18. Februar 1994 abgeschlossenen Vergleich nicht geschäftsfähig gewesen, handelt es sich daher um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beachtliche Neuerung (vgl. § 41 VwGG). Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wegen der im Rahmen der Verfahrenshilfe gewährten Befreiung von der Entrichtung der Stempelgebühren konnte dafür kein Aufwandersatz gewährt werden.

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