Normen
AVG §42 Abs1;
AVG §42 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs4;
AVG §42 Abs1;
AVG §42 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 7. Dezember 1993 beantragte die mitbeteiligte Partei (mP) bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für einen Oberflächenwasserkanal.
Bei der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 1994 erklärte die Erstbeschwerdeführerin, der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung werde unter folgenden Voraussetzungen zugestimmt:
1. Die Trassierung im Bereich ihres Grundstückes Nr. 434/5, KG K., habe im Einvernehmen durch eine gemeinsame Begehung nach der Schneeschmelze zu erfolgen.
2. Vorhandener Bewuchs sei soweit wie möglich zu schonen, der Grund sei nach Abschluß der Bauarbeiten wieder herzurichten, zu humusieren und zu begrünen. Sollten Pflanzen dauernd entfernt werden müssen, so seien diese entweder durch Jungpflanzen zu ersetzen oder zu entschädigen.
3. Durch die Baumaßnahmen dürfe der Feldweg auf keinen Fall verbreitert werden. Der vorhandene Zaun sei, sollte er durch die Baumaßnahmen beschädigt werden, wiederherzustellen.
Der Vertreter des Zweitbeschwerdeführers erklärte, gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung werde grundsätzlich kein Einwand erhoben; die genaue Durchführung der Baumaßnahme und eine eventuelle Sperre der Straße müsse mit dem Beschwerdeführer abgestimmt werden.
Mit Bescheid vom 9. Februar 1994 erteilte die BH namens des Landeshauptmannes von Tirol gemäß §§ 9 und 32 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) der mP die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Oberflächenwaserkanals sowie zur Einleitung von 800 l/s Oberflächenwasser aus diesem Kanal in den G.-Bach.
Punkt 3 der Nebenbestimmungen dieses Bescheides enthält die Vorschreibung, daß die endgültige Aussteckung der Kanäle und Schächte (Fremdtrassierung) in fremden Privatgrundstücken auf Verlangen der Grundstückseigentümer noch vor Beginn der Bauarbeiten im Einvernehmen mit den Grundstückseigentümern zu erfolgen hat.
Punkt 19 der Nebenbestimmungen sieht vor, daß die Trassierung im Bereich des Grundstückes Nr. 434/5, KG K. im Einvernehmen durch eine gemeinsame Begehung nach der Schneeschmelze zu erfolgen hat.
Im Punkt 20 der Nebenbestimmungen wird der Forderung der Erstbeschwerdeführerin Rechnung getragen, daß vorhandener Bewuchs soweit wie möglich zu schonen, der Grund nach Abschluß der Bauarbeiten wieder herzurichten, zu humusieren und zu begrünen ist. Sollten Pflanzen dauernd entfernt werden müssen, so sind diese nach den Bestimmungen dieses Punktes der Nebenbestimmungen entweder durch Jungpflanzen zu ersetzen oder zu entschädigen.
Unter Spruchabschnitt V räumte die BH hinsichtlich der berührten fremden Grundparzellen unter Berufung auf § 111 Abs. 4 WRG 1959 die erforderlichen Dienstbarkeiten für Bau, Bestand, Betrieb und Instandhaltung der Anlage sowie zum Betreten der Grundstücke zu Betriebs- und Instandhaltungszwecken ein.
Die Beschwerdeführer beriefen gegen Spruchabschnitt V dieses Bescheides. Sie brachten vor, es sei nun schon der zweite Fall, in dem für die Parteien überraschend und entgegen dem Schweigen in der Ausschreibung der Verhandlung selbst mit dem Bescheid dann gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959 Dienstbarkeitsrechte eingeräumt würden. Eine Enteignung oder behördlicher Ersatz privatrechtlicher Vereinbarungen könne immer nur eine letzte Maßnahme sein, also erst dann zum Einsatz kommen, wenn alle Bemühungen zwischen den Parteien zur Erreichung einer privatrechtlichen Vereinbarung gescheitert wären. Es dürfe und solle der Wille der Beteiligten nicht ohne zwingende Notwendigkeit durch eine behördliche Zwangsmaßnahme ersetzt werden. Zu dieser materiellen Seite komme die formelle, daß über nichts entschieden werden dürfe, was nicht in der Einladung zur Verhandlung angeführt sei oder zumindest in der Verhandlung erörtert werde. Es dürfe niemand von behördlichen Maßnahmen überrascht werden. Beide Grundsätze seien verletzt worden. Die Zwangseinräumung habe daher zu entfallen und es werde eine solche nur dann nachträglich möglich sein, wenn die von der mP anzustrebende privatrechtliche Vereinbarung scheitern würde.
Mit Schreiben vom 9. März 1994 teilte der Zweitbeschwerdeführer der mP mit, im Zusammenhang mit dem geplanten Oberflächenwasserkanal bestätige er, daß er mit einer Inanspruchnahme seines Grundstückes Nr. 435/1 für die Errichtung eines Einfallschachtes und die unterirdische Ableitung gemäß den vorliegenden Plänen einverstanden sei. Er verlange für seine Zustimmung selbstverständlich kein Entgelt und dieses Einverständnis gelte immerwährend und selbstverständlich auch für den erforderlichen Zutritt betreffend Instandsetzungen oder Erneuerungen. Seine Berufung gegen den Wasserrechtsbescheid müsse er natürlich aufrechterhalten, weil er eine zwangsweise Einräumung dieser Befugnis nicht für richtig halte. Wenn aber die mP der Wasserrechtsbehörde bestätige, daß mit dem Zweitbeschwerdeführer eine Vereinbarung bestehe, dann werde die Wasserrechtsbehörde sicherlich rasch über die Berufung entscheiden, sodaß Rechtskraft des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides eintrete. Der Zweitbeschwerdeführer sei selbstverständlich mit dem Beginn der Arbeiten einverstanden, da er gegen die Grundinanspruchnahme überhaupt keinen Einwand habe; seine Einwände bezögen sich nur auf die zwangsweise Einräumung der Befugnis zur Inanspruchnahme des Grundes.
Ein gleichlautendes Schreiben richtete die Erstbeschwerdeführerin am 10. März 1994 an die mP.
Beide Schreiben wurden von der mP der Wasserrechtsbehörde vorgelegt.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1995 wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der BH vom 9. Februar 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
In der Begründung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, im Beschwerdefall seien die Voraussetzungen des § 111 Abs. 4 WRG 1959 gegeben. Die von den Beschwerdeführern in der Berufung aufgestellte Behauptung, in der Verständigung zur mündlichen Verhandlung sei ein anderes Projekt bezeichnet worden als jenes, welches in der mündlichen Verhandlung abgehandelt worden sei, sei unzutreffend.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde habe keine Ermittlungen über das voraussichtliche Ausmaß der Grundinanspruchnahme vorgenommen. Es fehle an Feststellungen darüber, warum lediglich ein unerhebliches Ausmaß der Grundinanspruchnahme vorliege. Wenn sich die belangte Behörde darauf stütze, daß die Bedingungen, unter denen die Beschwerdeführer keine Einwände gegen das Wasserbauvorhaben erhoben hätten, erfüllt seien, so sei dem entgegenzuhalten, daß das Einverständnis mit dem Wasserbauvorhaben grundsätzlich nicht gleichzeitig bedeute, daß auch Einverständnis mit der Einräumung eines dinglichen Rechtes im Zusammenhang mit diesem Wasserbauvorhaben bestehe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat sich im Verfahren ergeben, daß die bewilligte Anlage fremden Grund in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch nimmt, und ist weder vom Grundeigentümer eine Einwendung erhoben noch von diesem oder vom Bewilligungswerber ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 63 lit. b gestellt noch eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung einer solchen getroffen worden, so ist nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung die erforderliche Dienstbarkeit im Sinne des § 63 lit. b als eingeräumt anzusehen.
Die Beschwerdeführer haben im Verfahren vor der Wasserrechtsbehörde erster Instanz keine Einwendungen gegen die Inanspruchnahme ihres Grundes erhoben; sie haben vielmehr zu erkennen gegeben, daß sie auch mit der Grundinanspruchnahme einverstanden sind. Dies ergibt sich schon daraus, daß sie in ihren Stellungnahmen Bedingungen für diese Grundinanspruchnahme aufgestellt haben, denen im Bescheid der BH Rechnung getragen wurde. Die Voraussetzung der mangelnden Einwendung des Grundeigentümers ist daher gegeben. Daß die Beschwerdeführer in der Berufung das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 111 Abs. 4 WRG 1959 bestritten haben, vermag daran nichts zu ändern, da sie durch ihre Zustimmung im erstinstanzlichen Verfahren präkludiert waren. Präkludierte Einwendungen aber hindern die Anwendung des § 111 Abs. 4 WRG 1959 nicht.
Die Beschwerdeführer haben in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid nichts gegen die in der Begründung dieses Bescheides enthaltene Annahme der BH vorgebracht, die bewilligte Anlage nehme fremden Grund in einem für die Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch. Diese Annahme ist durch das im Akt erliegende Projekt gedeckt.
Fraglich könnte sein, ob nicht eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung der erforderlichen Dienstbarkeiten vorliegt und deswegen § 111 Abs. 4 WRG 1959 nicht zur Anwendung kommt. Diese ausdrückliche Vereinbarung könnte aus den Schreiben der Beschwerdeführer an die mP vom
9. und 10. März 1994 zu erschließen sein, in denen die Beschwerdeführer ausdrücklich ihre Zustimmung zur Inanspruchnahme ihrer Grundstücke erklären.
Selbst dann aber, wenn wegen des Vorliegens einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Grundinanspruchnahme § 111 Abs. 4 WRG 1959 nicht zur Anwendung käme, wären die Beschwerdeführer durch den mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Spruchabschnitt V des erstinstanzlichen Bescheides nicht in ihren Rechten verletzt, insbesondere auch nicht in einem Recht, daß ihnen gegenüber nicht trotz Vorliegen einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke eine zwangsweise Inanspruchnahme dieser Grundstücke ausgesprochen werde. § 111 Abs. 4 WRG 1959 stellt keine zwangsweise Begründung einer Dienstbarkeit dar, sondern basiert auf der Fiktion der (stillschweigenden) Zustimmung des Grundeigentümers zur Grundinanspruchnahme, die darin gelegen ist, daß keine Einwendungen erhoben werden. Der Ausspruch nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 in Spruchabschnitt V des erstinstanzlichen Bescheides besagt, daß die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der zur Verwirklichung des Projektes der mP erforderlichen Grundstücke gegeben sind, weil die notwendigen Dienstbarkeiten als eingeräumt anzusehen sind. Das ist aber im Ergebnis auch dann zutreffend, wenn man davon ausgeht, daß § 111 Abs. 4 WRG 1959 wegen des Vorliegens einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Grundinanspruchnahme nicht zur Anwendung kommt, da die erforderlichen Dienstbarkeiten dann eben durch diese Vereinbarung als eingeräumt anzusehen sind.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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