VwGH 95/07/0110

VwGH95/07/011024.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt vom 17. Mai 1995, Zl. 08 3542/311-III/4/95-Gr, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Ausfuhrbewilligung nach § 35 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AWG 1990 §35 Abs2 Z3;
AWG 1990 §35 Abs2 Z8;
AWG 1990 §35 Abs2 Z9 idF 1992/715 ;
AWG 1990 §35 Abs2 Z9 litc;
AWG 1990 §35 Abs2 Z9;
AWG 1990 §35 Abs2;
AWGNov 1992;
AVG §13 Abs3;
AWG 1990 §35 Abs2 Z3;
AWG 1990 §35 Abs2 Z8;
AWG 1990 §35 Abs2 Z9 idF 1992/715 ;
AWG 1990 §35 Abs2 Z9 litc;
AWG 1990 §35 Abs2 Z9;
AWG 1990 §35 Abs2;
AWGNov 1992;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Mai 1995 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Ausfuhrbewilligung für 1.000 Tonnen Kunststoffabfälle über die S. zum Zementwerk C. nach Belgien unter Berufung auf § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 35 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 i.d.F. BGBl. Nr. 155/1994 (AWG) zurückgewiesen.

In der Begründung heißt es, mit Schreiben vom 19. Juli 1994, eingeschränkt am 22. Dezember 1994, habe die beschwerdeführende Partei eine Exportbewilligung für 1.000 Tonnen Kunststoffabfälle nach Belgien beantragt. Diese Abfälle sollten bei der S. gemahlen und sodann an das Zementwerk C. zur Verbrennung weitergeleitet werden. Die beschwerdeführende Partei habe die belangte Behörde um Durchführung der Notifizierung gemäß § 35 Abs. 2 Z. 9 AWG ersucht.

Mit Schreiben vom 16. November 1994 sei die beschwerdeführende Partei ersucht worden, eine Übernahmebestätigung des Zementwerkes C. binnen vier Wochen vorzulegen, widrigenfalls das Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.

Die beschwerdeführende Partei habe mit Schreiben vom 22. Dezember 1994 angegeben, daß die Kunststoffabfälle zur S. exportiert werden sollten und daß keine gesetzliche Grundlage dafür bestehe, von allfälligen Nachbehandlern ebenfalls Übernahmebestätigungen einzufordern, wobei dies im gegenständlichen Fall nicht möglich wäre, da das Vertragsverhältnis ausschließlich über die S. laufe.

In Widerspruch zum Schreiben vom 22. Dezember 1994 habe der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei am 17. Jänner 1995 telefonisch angegeben, beim Endempfänger der Abfälle handle es sich nach wie vor um das Zementwerk C., welches sich jedoch weigere, einen Übernahmevertrag vorzulegen.

Mit Schreiben vom 11. April 1995 habe die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei ersucht, eine Erklärung betreffend die widersprüchlichen Angaben binnen vier Wochen abzugeben sowie die genaue Vorgangsweise im Falle einer Endbehandlung der Kunststoffabfälle bei der S. darzulegen, widrigenfalls das Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen würde.

Der belangten Behörde sei kein aktueller Vertrag mit bzw. keine Übernahmebestätigung des Zementwerkes C. vorgelegt worden.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1995 habe die beschwerdeführende Partei angegeben, die Kunststoffabfälle würden von der S. gemahlen und sodann an das Zementwerk C. zur Verbrennung weitergeleitet.

Da die beschwerdeführende Partei jedoch keine aktuelle Übernahmebestätigung für Kunststoffabfälle des Zementwerkes C. vorgelegt habe, sehe sich die belangte Behörde außerstande, meritorisch über den Antrag abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei macht geltend, § 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG verpflichte den Antragsteller, den Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Empfänger hinsichtlich der Behandlung der Abfälle beizuschließen. Empfänger der Abfälle sei die S., sodaß dem Erfordernis des § 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG durch die erfolgte Beischließung einer entsprechenden vertraglichen Bestätigung Genüge getan worden sei. Die Auffassung der belangten Behörde, auch vom allfälligen Nachbehandlern der Abfälle sei eine Vertragsbestätigung zu fordern, stehe mit dem Gesetz nicht im Einklang. Dies ergebe sich schon aus dem Gebrauch der Einzahl "mit dem Empfänger" im § 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG. Überdies sei die Auffassung der belangten Behörde auch deswegen rechtswidrig, weil es völlig unmöglich sei, mit jedem Nachentsorger in der Kette einen eigenen Vertrag zu schließen, da es dem Wirtschaftsleben entspreche, Abfälle in Einzelstufen zu behandeln und sie dann jeweils wieder weiterzugeben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 35 Abs. 1 AWG bedarf die Ausfuhr, ausgenommen die Ausfuhr im Zwischenauslandsverkehr im Sinne der zollgesetzlichen Vorschriften von Abfällen oder Altölen im Sinne dieses Bundesgesetzes der Bewilligung des Bundesministers für Umwelt.

Die Bewilligung ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung zu erteilen, wenn die in Z. 1 bis 9 aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind.

Z. 9 des § 35 Abs. 2 AWG normiert als eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausfuhrbewilligung, daß der Antragsteller oder auf sein Ersuchen der Bundesminister für Umwelt die Ausfuhr der Abfälle der zuständigen Behörde des Einfuhrstaates und den zuständigen Behörden der Durchfuhrstaaten notifiziert hat. Im Falle der Notifizierung durch den Antragsteller ist die Notifizierung an die zuständige Behörde des Einfuhrstaates und die zuständigen Behörden der Durchfuhrstaaten dem Bundesminister für Umwelt nachzuweisen. Die Notifizierung hat u.a. den Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Empfänger hinsichtlich der Behandlung der Abfälle zu enthalten (§ 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG). Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit anderen Normen des AWG zu sehen.

Nach § 35 Abs. 2 Z. 8 AWG ist Voraussetzung für die Erteilung einer Ausfuhrbewilligung, daß eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle und Altöle im Einfuhrstaat gesichert erscheint.

Eine weitere Bewilligungsvoraussetzung ist nach § 35 Abs. 2 Z. 3 AWG das Vorliegen einer Bestätigung des Einfuhrstaates, daß ein Vertrag zwischen dem Exporteur und dem Behandler, in der die umweltgerechte Behandlung der Abfälle oder Altöle festgelegt ist, abgeschlossen wurde.

§ 35 Abs. 2 Z. 9 AWG schließlich sieht eine Verpflichtung des Antragstellers vor, Informationen des Behandlers über die umweltgerechte Behandlung der Abfälle (einschließlich einer technischen Beschreibung der Anlage) dem Antrag auf Erteilung der Ausfuhrbewilligung anzuschließen.

Dem AWG liegt demnach der Grundsatz zugrunde, daß eine Ausfuhrbewilligung nur erteilt werden soll, wenn eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle im Einfuhrstaat gesichert erscheint.

§ 35 Abs. 2 Z. 9 AWG dient dazu, der Behörde Unterlagen zu verschaffen, die es ihr ermöglichen, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausfuhrbewilligung zu beurteilen; außerdem soll die Behörde dadurch in die Lage versetzt werden, die Notifizierung durchzuführen, wenn sie - wie im Beschwerdefall - vom Antragsteller darum ersucht wird.

§ 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG kann daher nur so verstanden werden, daß der dort geforderte Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Empfänger hinsichtlich der Behandlung der Abfälle den Nachweis einer umweltgerechten Behandlung der Abfälle bedeutet.

Im Beschwerdefall sollen die Plastikabfälle bei der S. lediglich gemahlen werden. Dieser Vorgang gewährleistet für sich allein noch keine umweltgerechte Behandlung der Abfälle, da die gemahlenen Abfälle noch einer (endgültigen) Entsorgung bedürfen. Daß das Vermahlen der Abfälle bei der S. für sich allein schon eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle gewährleistet, wird auch von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet. Die (endgültige) umweltgerechte Behandlung der Abfälle könnte allenfalls durch die Verbrennung in der Zementfabrik C. gewährleistet sein. Auf diesen Vorgang hat die beschwerdeführende Partei zwar hingewiesen; sie hat es aber verabsäumt, den Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung, die diese endgültige Entsorgung umfaßt, der Behörde vorzulegen.

Daß § 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG den Ausdruck "Empfänger" in der Einzahl verwendet, bedeutet nicht, daß der Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Erstempfänger der Abfälle genügt, gleichgültig, ob bei diesem die umweltgerechte Behandlung der Abfälle gesichert ist oder nicht; eine solche Auslegung stünde in Widerspruch zu den Zielen des AWG.

Der Umstand, daß Abfälle in Einzelstufen behandelt werden, mag durchaus zutreffen, ändert aber nichts daran, daß lediglich der Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung über die umweltgerechte Behandlung der Abfälle dem Erfordernis des § 35 Abs. 2 Z. 9 lit. c AWG genügt, wie sich aus dem Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 Z. 3 und 8 AWG ergibt.

Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich eingebracht.

Was unter dem Begriff "Formgebrechen schriftlicher Anbringen" im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zu verstehen ist, muß der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 92/05/0069 und die dort angeführte Vorjudikatur).

§ 35 Abs. 2 Z. 9 AWG entstammt der AWG-Novelle 1992, BGBl. Nr. 715/1992. Der Schlußsatz, welcher den Antragsteller verpflichtet, dem Antrag Angaben zu den Punkten a) bis c) und

e) bis i) anzuschließen, wurde durch den Umweltausschuß in den Gesetzesvorschlag eingefügt. Der Ausschußbericht

(729 Blg. NR. XVIII. GP., 2) gibt Auskunft über das Motiv:

"Mit Erkenntnis vom 30. Juni 1992 hat der VwGH festgestellt, daß im Rahmen eines Exportgenehmigungsverfahrens Unterlagen nur dann vom Antragsteller vorzulegen sind, wenn dies ausdrücklich im Gesetz festgelegt ist. Da insbesondere die Vorlage von Verträgen zwischen Behandler und Sammler sowie Bankgarantien nicht ohne die Mitwirkung der Antragsteller möglich ist, sollte auch zur Beschleunigung der Verfahren eine diesbezügliche Textierung aufgenommen werden."

Bei dem zitierten Erkenntnis handelt es sich um das Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 92/05/0069. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß das AWG (in der Fassung vor der Novelle 1992) den Antragsteller nicht verpflichtete, seinem Ansuchen um Ausfuhrbewilligung Belege anzuschließen, aus denen sich ergibt, daß die Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 Z. 3 und 8 AWG gegeben sind und daß daher das Fehlen solcher Unterlagen auch nicht als Formgebrechen anzusehen war. Dem Ausschußbericht ist zu entnehmen, daß durch die Einfügung des § 35 Abs. 2 Z. 9 letzter Satz AWG die Konsequenzen dieses Erkenntnisses korrigiert und eine Verpflichtung des Antragstellers zum Anschließen von Unterlagen geschaffen werden sollte, deren Fehlen ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt.

Die beschwerdeführende Partei hat ihrem Antrag keinen Nachweis einer vertraglichen Vereinbarung über eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle angeschlossen. Die belangte Behörde war daher verpflichtet, die beschwerdeführende Partei unter Fristsetzung zur Beibringung dieser Unterlage aufzufordern. Die beschwerdeführende Partei ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Die Zurückweisung des Ausfuhrgenehmigungsantrages erfolgte somit zu Recht.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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