VwGH 95/03/0086

VwGH95/03/008624.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Anträge des A in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, 1) auf Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Feber 1995,

Zlen. 94/03/0132-0137, und 2) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Mängelbehebung der zu den hg. Zlen. 94/03/0132-0137 eingebrachten Beschwerden, den Beschluß gefaßt:

Normen

RAO 1868 §45 Abs4;
VwGG §23;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §61;
VwRallg;
ZPO §64 Abs1 Z3;
RAO 1868 §45 Abs4;
VwGG §23;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §61;
VwRallg;
ZPO §64 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Den Anträgen wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 1995 wurde das Verfahren über die vom Beschwerdeführer gegen die Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol 1) vom 25. November 1993, Zl. 15/175-2/1993, betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe in Angelegenheit Übertretung des KFG 1967,

2) vom 29. November 1993, Zl. 15/176-1/1993, betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe in Angelegenheit Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, 3) vom 29. November 1993, Zl. 15/177-1/1993, betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe in Angelegenheit Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960,

4) vom 10. Dezember 1993, Zl. 15/174-3/1993, betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe in Angelegenheit Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, 5) vom 9. November 1993, Zl. 15/172-1/1993, betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe in Angelegenheit Übertretung des KFG 1967 und 6) vom 17. Dezember 1993, Zl. 15/172-2/1993, betreffend Übertretung des KFG 1967, eingebrachten Beschwerden eingestellt. Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführer am 8. März 1995 zugestellt. Am 10. März 1995 langte beim Verwaltungsgerichtshof das Schreiben des Beschwerdevertreters vom 9. März 1995 ein, in dem ausgeführt wird, daß es richtig sei, daß der Umbestellungsbescheid - an den Beschwerdevertreter als Verfahrenshelfer - am 11. Oktober 1994 zugestellt worden sei, zu diesem Zeitpunkt hätte dieser jedoch weder irgendeine Information über eine zweiwöchige Frist noch Kenntnis von dem Inhalt des Verbesserungsauftrages, da derselbe dem Umbestellungsbeschluß nicht beigelegt gewesen sei. Auch eine Nachfrage bei Rechtsanwalt Dr. W - dem Vorgänger des Beschwerdevertreters als Verfahrenshelfer des Beschwerdeführers - habe ergeben, daß ihm kein Verbesserungsauftrag zugestellt worden sei. Der Beschwerdevertreter habe daher am 13. Oktober 1994 an den Gerichtshof das entsprechende Schreiben gerichtet. Nach einem Urgenztelefonat mit dem bestellten Berichter vom 20. Oktober 1994 seien ihm die Unterlagen übermittelt worden und habe er dann am 2. November die entsprechende Beschwerde abgesandt. Er sei der Ansicht, daß die zweiwöchige Frist im gegenständlichen Fall "unmöglich" mit dem Umbestellungsbeschluß zu laufen beginne, weil ihm bei der Umbestellung weder eine Frist mitgeteilt worden noch der Verbesserungsauftrag zugekommen sei. Es werde daher ersucht, den Beschluß vom 8. Feber 1995 aufzuheben und in die Behandlung der Sache durch eine Sachentscheidung einzutreten.

Am 19. April 1995 brachte der Beschwerdeführer weiters einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein, in dem er vorbrachte, daß sich auf Grund eines Aktenvermerkes des beim Verwaltungsgerichtshof in dieser Angelegenheit bestellten Berichters ergebe, daß dieser anläßlich eines Telefonates dem Beschwerdevertreter mitgeteilt habe, daß Dr. W den Ergänzungsbeschluß erhalten habe; dies auch mit der entsprechenden Fristsetzung und dergleichen. Wie sich dann in der Folge herausgestellt habe, sei dies nicht richtig, sondern sei dies offensichtlich dem erstbestellten Anwalt Dr. M zugestellt worden. Von all dem habe jedoch der Beschwerdevertreter keine Kenntnis gehabt, sodaß er vom Beginn der Frist, die durch die Mitteilung an Dr. M in Gang gesetzt worden sei, nicht informiert worden sei. Es werde daher beantragt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in der Weise zu bewilligen, daß der Verbesserungsschriftsatz des Beschwerdevertreters, der am 2. November 1994 zur Post gegeben worden sei, als rechtzeitig eingebracht gelte und somit eine Entscheidung in der Hauptsache erfolgen könne. Die Frist für die gegenständliche Wiedereinsetzung beginne nach Erhalt des Schreibens des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 1995, eingegangen am 18. April 1995, in welchem der Beschwerdevertreter davon in Kenntnis gesetzt worden sei, daß tatsächlich Dr. W keinen Ergänzungsbeschluß erhalten habe. Nach der Mitteilung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes sei nach der Aktenlage auszuschließen, daß Dr. W sohin vom Ergänzungsauftrag samt Fristsetzung eine Mitteilung erhalten habe.

Den Anträgen des Beschwerdeführers kann aus folgenden Gründen nicht stattgegeben werden:

Zum Antrag "auf Aufhebung" des hg. Beschlusses vom 8. Februar 1995:

Zunächst ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß eine "nachträgliche Aufhebung" eines Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes - wie sie dem Beschwerdeführer vorschwebt - gesetzlich nicht vorgesehen ist. Aber selbst wenn man das Schreiben des Beschwerdeführers vom 9. März 1995 als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ansehen wollte, ist daraus für ihn nichts gewonnen:

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG ist die Aufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumnis einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht.

Mit hg. Verfügungen vom 30. Juni 1994 waren dem Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 VwGG die Beschwerden - nach Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof - zur Mängelbehebung binnen zwei Wochen zugestellt worden. Dem daraufhin vom Beschwerdeführer innerhalb der Verbesserungsfrist gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe wurde Folge gegeben, zum Verfahrenshelfer wurde Dr. M, Rechtsanwalt in I, bestellt und es wurden diesem - wie aus dem Akteninhalt ersichtlich ist - neben anderen Unterlagen insbesondere auch die hg. Verfügungen vom 30. Juni 1994 zur Ergänzung der Beschwerden, in denen die gesetzte zweiwöchige Verbesserungsfrist ersichtlich war, zugestellt. Mit Bescheid der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 3. Oktober 1994 wurde an die Stelle des Dr. M Dr. W, Rechtsanwalt in I, zum Verfahrenshelfer bestellt. Schließlich wurde mit Bescheid der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 10. Oktober 1994 an dessen Stelle Dr. H, Rechtsanwalt in I, zum Verfahrenshelfer bestellt. Der Umbestellungsbescheid wurde an Rechtsanwalt Dr. H am 11. Oktober 1994 zugestellt.

Am 13. Oktober 1994 richtete der Beschwerdeführer, vertreten durch Dr. H, an den Verwaltungsgerichtshof ein Schreiben, in dem er mitteilte, daß er über keine Unterlagen verfüge und ersuche, ihm Unterlagen zukommen zu lassen und mitzuteilen, in welchem Umfang der Verbesserungsauftrag erstellt (gemeint: erfüllt) werden solle, da auch dem Bestellungsbeschluß zum Verfahrenshelfer nichts beigeschlossen gewesen sei. In einem Telefonat vom 20. Oktober 1994 teilte der in dieser Angelegenheit gemäß § 14 VwGG bestellte Berichter dem Beschwerdevertreter in bezug auf das Schreiben vom 13. Oktober 1994 mit, daß der vorangegangene Verfahrenshelfer den Verbesserungsauftrag zugestellt erhalten hatte und ersuchte ihn, sich mit diesem in Verbindung zu setzen "zwecks der gegenständlichen Unterlagen". Bei einem neuerlichen Telefonat teilte Dr. H mit, daß er sowohl mit dem früheren Verfahrenshelfer als auch mit der Rechtsanwaltskammer Tirol Rücksprache gehalten habe, welche über keinen Verbesserungsauftrag verfüge. Dem Beschwerdevertreter wurden daraufhin über seinen Wunsch hin am 21. Oktober 1994 - ihm zugestellt am 31. Oktober 1994 - die drei vom Beschwerdeführer selbst verfaßten Beschwerden, die sechs angefochtenen Bescheide sowie die gegenständlichen drei Verbesserungsaufträge vom 30. Juni 1994 in Kopie übermittelt und in einem Beisatz festgehalten "Die in Kopie angeschlossenen Unterlagen dienen zu Ihrer Information".

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Dezember 1991, Slg. Nr. 13547/A, ausgesprochen, daß im Falle der Umbestellung eines Verfahrenshelfers dem neu bestellten Verfahrenshelfer die volle Frist des § 26 Abs. 1 VwGG - der Verfahrenshilfeantrag war in jenem Fall zur Erhebung der Beschwerde gestellt worden - gewahrt bleibt. Maßgeblich ist somit, daß die genannte Frist mit Zustellung des Umbestellungsbescheides zu laufen beginnt. Nichts anderes gilt für die Frist zur Behebung von Mängeln im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG. Auch hier beginnt daher die Frist mit der Zustellung des Bescheides über seine Bestellung ("Umbestellung") an den neu bestellten Verfahrenshelfer zu laufen. Die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, daß die Frist erst mit der Zustellung "der Unterlagen" an ihn beginnen könne, trifft im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Unterlagen, einschließlich der Verbesserungsaufträge, an den erstbestellten Verfahrenshelfer Dr. M zugestellt worden waren, nicht zu. Daß dieser sie nicht an den nächstbestellten Verfahrenshelfer Dr. W anläßlich der ersten "Umbestellung" weiterleitete, bewirkt ebenso keine Hemmung der Verbesserungsfrist wie der Umstand, daß der schließlich drittbestellte Verfahrenshelfer Dr. H sich nach dem vom Berichter des Verwaltungsgerichtshofes gegebenen Hinweis, daß sich die Unterlagen beim zuvor bestellten Verfahrenshelfer Dr. W befinden müßten, offensichtlich weder bei diesem noch beim Beschwerdeführer (noch bei der Rechtsanwaltskammer) in hinreichendem Maße über die Sache erkundigte und auch nicht erhoben hat, daß zuvor Rechtsanwalt Dr. M zum Verfahrenshelfer bestellt gewesen war, welchem vom Gerichtshof selbst die Unterlagen zugestellt worden waren. Sowohl die Umbestellung auf Rechtsanwalt Dr. W als auch in weiterer Folge auf Dr. H erfolgte direkt durch die Tiroler Rechtsanwaltskammer, ohne daß der Verwaltungsgerichtshof darauf Einfluß gehabt hätte. Da in den Bescheiden auf Umbestellung nicht nur der neubestellte Rechtsanwalt, sondern auch der zuvor bestellt gewesene namentlich genannt sind, hätte es bei einer eingehenden Erkundigung des Beschwerdevertreters bei Dr. W nicht verborgen bleiben dürfen, daß vor diesem Dr. M zum Verfahrenshelfer bestellt gewesen war. Ein Antrag auf Fristverlängerung war beim Gerichtshof nicht gestellt worden.

Im Hinblick auf die am 11. Oktober 1994 erfolgte Zustellung des Umbestellungsbescheides an Dr. H endete die Verbesserungsfrist am Dienstag, dem 25. Oktober 1994. Selbst wenn man somit den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. März 1995 als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG werten wollte, wäre ihm kein Erfolg beschieden, weil ein Wiederaufnahmegrund im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht vorliegt, zumal der Verwaltungsgerichtshof nicht irrtümlich von einer Fristversäumnis ausgegangen ist.

Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung zu stellen. Wie bereits ausgeführt, wurden dem Beschwerdevertreter über sein Ersuchen die gewünschten Unterlagen am 31. Oktober 1994 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Verbesserungsfrist bereits abgelaufen. Mit Zustellung der gewünschten Unterlagen war jedoch das Hindernis, die Mängel der Beschwerden in den angegebenen Punkten verbessern zu können, weggefallen und es hatte mit diesem Zeitpunkt die Frist gemäß § 46 Abs. 3 VwGG begonnen. Der erst am 19. April 1995 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich somit als verspätet. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Mitteilung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes an den Beschwerdevertreter, daß Dr. W keinen "Ergänzungsbeschluß" erhalten habe und daß bei Vorliegen einer Fristversäumnis durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht käme, vermag auf die in § 46 Abs. 3 VwGG normierte Frist keinen Einfluß auszuüben.

Auch dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte daher nicht stattgegeben werden.

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