Normen
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
WaffG 1986 §36 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
WaffG 1986 §36 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 3. Dezember 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 sowie den §§ 19, 20 und 21 FrG ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß nach den Angaben des Beschwerdeführers er sich seit sechs Jahren in Österreich aufhalte. Seine Aufenthalt im Bundesgebiet sei insofern aktenkundig geworden, als die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gegen ihn mit Bescheid vom 14. September 1989 ein bis 31. Dezember 1994 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen habe. Am 30. Juni 1990 sei der Beschwerdeführer in Wien in Schubhaft genommen worden, weil er am 25. November 1989 trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes und unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt sei. Wegen Haftunfähigkeit sei der Beschwerdeführer aus der Schubhaft wieder entlassen worden. In weiterer Folge habe die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit Bescheid vom 23. Juli 1990 das Aufenthaltsverbot vom 14. September 1989 aufgehoben. Die Bundespolizeidirektion Wien habe dem Beschwerdeführer Sichtvermerke erteilt, zuletzt am 5. Dezember 1991 mit einer Gültigkeitsdauer bis 30. November 1993.
Der Beschwerdeführer habe am 2. September 1991 in Wien eine österreichische Staatsangehörige geheiratet, mit der er in aufrechter Ehe lebe. Aus dieser Ehe entstamme ein etwa 1 Jahr altes Kind, die Gattin des Beschwerdeführers sei wiederum schwanger.
Am 21. November 1992 sei es anläßlich der Eröffnung einer Moschee in Linz, bei welcher ein rechtsgerichteter türkischer Politiker sprechen sollte, zu massiven Auseinandersetzungen zwischen türkischen Staatsangehörigen gekommen. Bereits im Vorfeld seien ankommende Fahrzeuge einer polizeilichen Kontrolle unterzogen worden. Ein dem Kennzeichen nach bestimmter PKW, der vom Beschwerdeführer gelenkt worden ist und in dem sich noch weitere vier türkische Staatsangehörige befunden haben, sei angehalten worden. Bei der Fahrzeugkontrolle sei festgestellt worden, daß sich in der Kartentasche der Fahrertür ein schießender Kugelschreiber, sohin eine verbotene Waffe, befunden habe. Diese Waffe sei mit einer Patrone geladen gewesen. Der Beschwerdeführer habe zugegeben, Besitzer dieses schießenden Kugelschreibers zu sein. Er hätte diesen zu dem Zwecke mitgeführt, "falls es einmal Probleme gäbe".
Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich seine Aussage dahingehend abgeändert, daß er an dieses "Gerät" überhaupt nicht gedacht habe, weil er es seinerzeit seiner Frau gekauft und einmal achtlos in die Kartenablage gelegt habe. Seine Gattin habe ein derartiges "Ding" zu ihrem eigenen Schutz gewollt, weil sie, wenn sie nachts heimkomme, einen Überfall befürchte. Aus der Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers ergebe sich, daß diese den schießenden Kugelschreiber noch nie gesehen habe. Daß der Beschwerdeführer diesen schießenden Kugelschreiber für seine Gattin angeschafft habe, könne aufgrund dieser Aussage wohl eindeutig als widerlegt angesehen werden.
Im Fahrgastraum sei außerdem eine Pistole mit angestecktem Magazin samt sechs Patronen vorgefunden worden. Einer der Mitfahrer habe ein Messer mitgehabt, ein anderer ein Messer und diese Pistole.
Der Beschwerdeführer habe zum Zweck seines Besuches in Linz ursprünglich angeführt, nur wegen der kulturellen Veranstaltung, nämlich der Moschee-Eröffnung, gekommen zu sein. Dieses Vorbringen habe er in weiterer Folge dahingehend ergänzt, daß er am 21. November 1992 von Freunden angerufen worden sei, ob er gegen ein Entgelt von S 1.000,-- nach Linz fahren würde. Der Beschwerdeführer habe als einziger über einen PKW verfügt. Der Beschwerdeführer habe zugesagt, weil er Geld verdienen habe wollen. Er habe weder eine Ahnung gehabt, daß eine Demonstration im Gange sei, noch habe er im entferntesten daran gedacht, von der Waffe Gebrauch zu machen. Weshalb der Mitfahrer die Pistole mitgenommen habe, entziehe sich seiner Kenntnis.
Aus der Aussage der Schwiegermutter und dem Schreiben der Gattin des Beschwerdeführers ergebe sich, daß dieser der rechtsgerichteten Verbindung "Graue Wölfe" zumindest nahestehe. Bei diesen Zusammenhängen erscheine es unwahrscheinlich, daß der Beschwerdeführer zusammen mit anderen, völlig Arglosen, nach Linz zur Eröffnung einer Moschee bzw. einer kulturellen Veranstaltung gefahren sei. Vielmehr scheine es, daß der Beschwerdeführer als Sympathisant einer rechtsgerichteten Organisation vorgehabt habe, das Auftreten eines rechtsgerichteten Redners mit Waffengewalt zu schützen bzw. durchzusetzen.
Über diesen Vorfall hinaus sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. November 1993 gemäß § 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt auf drei Jahre, rechtskräftig verurteilt worden.
Die Umstände, daß der Beschwerdeführer einen schießenden Kugelschreiber, somit eine verbotene Waffe, besessen habe und diese dazu mitführe, "wenn es einmal Probleme gäbe", und daß er politische Ziele mit Waffengewalt verbinde, im Zusammenhang mit der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 19. November 1993 sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Der durch das Aufenthaltsverbot entstehende Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erscheine zur Verhinderung von strafbaren Handlungen dringend geboten, um allfälligen weiteren Ausschreitungen dieser Art vorzubeugen.
Die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie sollten nicht unterschätzt werden. Andererseits aber sprächen gewichtige Interessen gegen den Aufenthalt von Fremden, die sich illegal bewaffneten, noch dazu mit verbotenen Waffen, und diese offenbar auch bei politischen Auseinandersetzungen einsetzen wollten. Dazu komme noch die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen immer noch schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
Die belangte Behörde erachte die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit für so hoch, daß sie sich veranlaßt sehe, die Höchstgrenze für die Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren auszuschöpfen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 107/94, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Dieser hat erwogen:
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, ein Aufenthaltsverbot ausschließlich auf § 18 Abs. 1 (Z. 1) FrG (gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf § 19 und § 20 Abs. 1 leg. cit.) zu stützen, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der in § 18 Abs. 2 leg. cit. angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0290, mit weiteren Nachweisen).
Die belangte Behörde sah das nach § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG relevante Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers durch die rechtskräftige Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 19. November 1993 und die Umstände, daß der Beschwerdeführer einen schießenden Kugelschreiber, sohin eine verbotene Waffe, besessen und diese dazu mitgeführt habe, "wenn es einmal Probleme gäbe", und daß der Beschwerdeführer politische Ziele mit Waffengewalt verbinde, als verwirklicht an.
Der Beschwerdeführer bringt gegen die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung nichts vor, behauptet aber unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde zu Unrecht festgestellt habe, daß sich in der Kartentasche der Fahrertüre eine verbotene Waffe befunden habe und im Fahrgastraum eine Pistole mit angestecktem Magazin und Patronen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß die genannten Waffen bei der Fahrzeugkontrolle vorgefunden wurden und im Verwaltungsverfahren von keinem der Insassen dieser Umstand in Abrede gestellt worden ist.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die Erstbehörde zu Unrecht festgestellt habe, daß diese verbotenen Waffen ihm zuzuordnen seien.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß der Ausspruch der Erstbehörde nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Im angefochtenen Bescheid wurde dazu lediglich festgestellt, daß der Beschwerdeführer Besitzer des schießenden Kugelschreibers sei. Aufgrund der Beweisergebnisse ist diese Feststellung unbedenklich.
Der Beschwerdeführer behauptet weiters, er habe durchblicken lassen, daß er "im Auftrag des BMfI als Konfident" tätig gewesen sei. Seitens "der anderen Behörde (BMfI)" sei ihm entschuldigender Notstand (er habe damit rechnen müssen, angegriffen zu werden) zugebilligt worden. Die belangte Behörde habe die entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht treffen wollen, daß er nur deswegen bewaffnet gewesen sei, um sich gegebenenfalls verteidigen zu können.
Auch diese Rüge führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:
Der Beschwerdeführer gab - wie sich aus dem vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakt ergibt - zum Besitz und zum Mitführen des schießenden Kugelschreibers - außer den oben dargestellten Angaben - bei seiner Einvernahme am 5. November 1993 an, daß er diesen (den schießenden Kugelschreiber) benötigt habe, weil er mit der Polizei, mit welcher Dienststelle genau, wolle er nicht angeben, zusammengearbeitet habe.
Mit dieser Behauptung hat der Beschwerdeführer die belangte Behörde nicht in die Lage versetzt, gezielte Ermittlungen durchzuführen. Anhaltspunkte dafür, daß es dem Beschwerdeführer nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, ein konkretes Vorbringen zu erstatten, fehlen. Da der Beschwerdeführer somit seine Mitwirkungspflicht verletzt hat, kann er der belangten Behörde die Unterlassung von Ermittlungen nicht vorwerfen.
Die Auffassung der belangten Behörde, daß bei diesem Sachverhalt der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht rechtswidrig. Bei der Beurteilung des festgestellten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG fällt neben der der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden zugrundeliegenden verpönten Verhaltensweise besonders ins Gewicht, daß der Besitz und das Führen einer verbotenen Waffe sowie die Einstellung, politische Ziele mit Waffengewalt zu verfolgen, die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährden. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist auch im Grunde des § 19 FrG im Hinblick auf die sich aus dem Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers abzuleitende erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen) dringend geboten.
Die belangte Behörde hat entgegen der Auffassung der Beschwerde die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommen und hiebei die zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände berücksichtigt. Wenn die belangte Behörde dennoch zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, so kann dies angesichts des hohen Grades an Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Was die vom Beschwerdeführer bekämpfte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes anlangt, so ist darauf zu verweisen, daß nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0516) - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit zu erlassen ist, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wenn sich die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht imstande sah, den Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes vor Verstreichen von zehn Jahren anzunehmen, so begegnet dies auf dem Boden der dargestellten Rechtslage keinem Einwand.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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