Normen
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 10. November 1993 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz (FrG) ausgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei vom Deutschen Generalkonsulat in Istanbul ein Sichtvermerk mit einer Gültigkeitsdauer vom 7. November 1991 bis 6. Februar 1992 erteilt worden. Im Reisepaß des Beschwerdeführers befänden sich weder österreichische noch deutsche Ein- oder Ausreisestempel, jedoch ein Ausreisestempel der Grenzkontrollstelle Edirne vom 13. November 1991. Es sei daher davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer zu dieser Zeit "entweder illegal, oder ohne sich der Grenzkontrolle zu stellen", nach Österreich eingereist sei. Am 1. Juni 1992 habe er eine österreichische Staatsangehörige geheiratet und in der Folge einen Befreiungsschein erhalten. Seit 24. August 1992 sei er beschäftigt. Am 1. September 1992 habe er bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz die Erteilung eines Sichtvermerks beantragt, die jedoch mit Bescheid dieser Behörde vom 12. Mai 1993 versagt worden sei. Am 9. September 1992 sei der Beschwerdeführer an seinem Arbeitsplatz befragt worden. Dabei habe er angegeben, bei seiner Frau in F zu wohnen und dort auch geschlafen zu haben. Die Anschrift habe er nicht angeben können, doch sei er bereit gewesen, den Beamten das Haus zu zeigen. Da er keinen Schlüssel gehabt habe, habe er an der Haustüre läuten müssen. Seine Ehegattin sei seit 8. September 1992 in der Entbindungsstation in Bregenz gewesen, wovon der Beschwerdeführer keine Kenntnis gehabt habe. In der Wohnung hätten sich weder Rasier- noch Waschzeug oder andere persönliche Sachen des Beschwerdeführers gefunden. Im Kleiderschrank seien nur Damenkleider gewesen. Bei seinem Arbeitsplatz sei bekannt, daß er an der angegebenen Adresse in F nicht erreicht werden könne. Über die Umstände, wie sie sich kennengelernt haben, seien vom Beschwerdeführer und seiner Frau divergierende Angaben gemacht worden. Der Beschwerdeführer spreche nach wie vor kaum deutsch.
Der Beschwerdeführer halte sich nicht rechtmäßig in Österreich auf. Durch die Ausweisung werde in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen, doch sei unter Berücksichtigung der angeführten Umstände davon auszugehen, daß die Ehe nur zur Erlangung einer Arbeits- und Aufenthaltsberechtigung geschlossen worden sei, sodaß die familiäre Bindung sehr gering und der Eingriff in das Privatleben nicht sehr bedeutend sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer zur Zeit der Eheschließung und der Arbeitsaufnahme sich illegal in Österreich aufgehalten habe.
Zur Erreichung der im Artikel 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele sei es von Bedeutung, einen Überblick über alle im Bundesgebiet aufhältigen Personen zu haben. Dazu dienten die Bestimmungen über eine ordnungsgemäße Einreise von Fremden in das Bundesgebiet und die Sichtvermerkspflicht. Es sei daher dringend geboten, einen Fremden, der einen Sichtvermerk über lange Zeit gar nicht beantrage und auch nach der Abweisung seines diesbezüglichen Antrages nicht ausreise, auszuweisen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen, zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom 14. Dezember 1993, B 1974/93-5, ab und trat sie mit Beschluß vom 17. Jänner 1994, B 1974/93-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab, der darüber erwogen hat:
1. Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.
Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist nach § 19 ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.
2.1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, ist nach den getroffenen - unbestritten gebliebenen - Sachverhaltsfeststellungen unbedenklich und wird auch vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.
2.2. Der Beschwerdeführer vertritt die Rechtsansicht, eine Ausweisung dürfe nur innerhalb eines Monates ausgesprochen werden. Dies ergebe sich aus der beispielsweisen Aufzählung des § 17 Abs. 2 FrG.
Der Beschwerdeführer verkennt damit die Rechtslage. § 17 Abs. 2 FrG stellt keine beispielsweise Aufzählung zu einer allgemeinen Regelung der Ausweisung in § 17 Abs. 1 leg. cit. dar. Die Voraussetzungen für die Ausweisung nach § 17 Abs. 1 und für die Fälle nach § 17 Abs. 2 FrG sind vielmehr verschieden. Es ist daher nicht zulässig, die in den Fällen des § 17 Abs. 2 leg. cit. normierte Frist von einem Monat auf § 17 Abs. 1 zu übertragen. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 10a Fremdenpolizeigesetz geht schon deshalb fehl, weil im § 17 FrG die Ausweisung in Abweichung von den Bestimmungen des § 10a Fremdenpolizeigesetz völlig neu geregelt wurde, sodaß Hinweise auf die alte Rechtslage nicht zielführend sind. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des FrG (692 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des NR XVIII. GP, Seite 37) wird ausgeführt, daß in den Fällen des § 17 Abs. 1 FrG die Ausweisung auch gegen Fremde zulässig sei, die sich bereits länger in Österreich aufgehalten haben, weshalb es hier einer verstärkten Bedachtnahme auf den Schutz des Privat- und Familienlebens bedürfe. Demnach sei diese Art der Ausweisung in § 19 ausdrücklich in diesen Schutzbereich einbezogen worden.
3. Auf Grund der im angefochtenen Bescheid dargelegten Ermittlungsergebnisse hat die belangte Behörde den Schluß gezogen, daß die Ehe nur zur Erlangung einer Arbeits- und Aufenthaltsberechtigung geschlossen wurde. Dies ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Konkretes Vorbringen dazu enthält die Beschwerde nicht. Von daher gesehen sowie unter Bedachtnahme darauf, daß die Beschäftigung des Beschwerdeführers in Österreich allein (im Wege eines Befreiungsscheines) auf Grund dieser Eheschließung möglich wurde, kann von einem relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben im Sinne des § 19 FrG nicht gesprochen werden, was zur Folge hat, daß die Erlassung der Ausweisung auf dem Boden dieser Bestimmung zulässig war, ohne daß es einer Prüfung bedurfte, ob sie dringend geboten war (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0437).
4. Zu der vom Beschwerdeführer angeregten Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG in Ansehung des § 17 Abs. 1 FrG sieht der Verwaltungsgerichtshof keinen Grund, zumal die diesbezüglich vorgebrachten Argumente bereits in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde enthalten waren und dieser sich nicht zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt gesehen hat.
5. Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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