VwGH 93/18/0437

VwGH93/18/043728.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Juli 1993, Zl. Fr 1705/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen die Versagung eines Sichtvermerkes und Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §88 Abs1;
EMRK Art8;
VwRallg;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §88 Abs1;
EMRK Art8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) vom 14. Juni 1993 war zum einen der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen und zum anderen gemäß § 17 Abs. 1 FrG die Ausweisung des Beschwerdeführers verfügt worden.

2. Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers, soweit sie sich gegen die Versagung des Sichtvermerkes richtete, zurück und gab ihr, soweit sie sich gegen die Ausweisung richtete, keine Folge.

Hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung verwies die belangte Behörde auf § 70 Abs. 2 FrG, demzufolge gegen die Versagung eines Sichtvermerkes eine Berufung nicht zulässig sei.

In bezug auf die Ausweisung des Beschwerdeführers ging die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß der Beschwerdeführer im Jänner 1990, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes zu sein, eingereist sei, er am 22. November 1991 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet habe, er aufgrund des ihm daraufhin erteilten Befreiungsscheines legal eine Beschäftigung aufgenommen habe und ihm von der Bezirkshauptmannschaft Melk am 10. März 1992 ein bis 10. März 1993 gültiger Sichtvermerk erteilt worden sei. Das dem Beschwerdeführer (von der Erstinstanz auf der Grundlage konkreter Tatsachenfeststellungen) vorgeworfene Verhalten, die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen zu haben, um sich eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein zu verschaffen, stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des vorgenannten Sichtvermerkes sei rechtswidrig; dies auch während der Zeit des Verfahrens zur Erledigung eines Antrages auf Erteilung eines neuen Sichtvermerkes. Bei der Interessenabwägung gemäß § 19 FrG seien Rechte Dritter, z.B. von Kreditgebern nicht zu berücksichtigen.

3. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grund aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die BH als zuständige Behörde erster Instanz (§ 65 Abs. 1, § 67 Abs. 1 FrG) stützte ihre den Sichtvermerksantrag des Beschwerdeführers abweisende Entscheidung auf § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG. Da gegen die auf das Fremdengesetz gestützte Versagung eines Sichtvermerkes im Grunde des § 70 Abs. 2 leg. cit. eine Berufung nicht zulässig ist, hat die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung zu Recht zurückgewiesen.

2.1. Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.

Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 19 FrG ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.

2.2. Diese Bestimmungen waren von der belangten Behörde als die im Zeitpunkt ihrer im Instanzenzug ergangenen Entscheidung maßgebende Rechtsgrundlage für die Verfügung der Ausweisung heranzuziehen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es wäre das Fremdenpolizeigesetz anzuwenden gewesen, ist verfehlt. Weder der Umstand der Einreise in das Bundesgebiet bereits im Jahr 1990 noch die Übergangsbestimmung des § 88 Abs. 1 FrG bieten dieser Rechtsmeinung eine Stütze. Zum einen steht der Zeitpunkt der Einreise mit der Frage, welche Rechtsnormen für die Verfügung einer Ausweisung anzuwenden sind, in keinem rechtlich relevanten Konnex, zum anderen geht die zitierte Übergangsbestimmung für den vorliegenden Fall ins Leere, weil - wie auch in der Beschwerde richtig erkannt - das den Beschwerdeführer betreffende Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung am 1. Jänner 1993 noch nicht anhängig war, vielmehr erst nach diesem Zeitpunkt anhängig wurde. Daß aber gerade die letztgenannte Tatsache zur Folge haben sollte, daß - wie die Beschwerde meint - "auf das früher geltende Fremdenpolizeigesetz" zurückzugreifen sei, ist nicht nachvollziehbar.

2.3. Was die Prüfung der materiell-rechtlichen Seite der die Ausweisung verfügenden angefochtenen Entscheidung anlangt, so steht unbestritten fest, daß sich der Beschwerdeführer seit Anfang des Jahres 1990 (nach den Feststellungen der belangten Behörde seit Jänner, nach den Feststellungen der Erstinstanz und den Beschwerdeangaben seit Mai dieses Jahres) bis zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides - abgesehen vom Zeitraum 10. März 1992 bis 10. März 1993 - ohne gültigen österreichischen Sichtvermerk im Bundesgebiet aufgehalten hat. Sein Aufenthalt war demnach nicht rechtmäßig im Sinne des § 17 Abs. 1 FrG.

Bezüglich der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG ist festzuhalten, daß die belangte Behörde unter Verweis auf entsprechende Tatsachenfeststellungen der Behörde erster Instanz die Eingehung der Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin als evident rechtsmißbräuchlich gewertet hat. Die Beschwerde ist weder dieser rechtlichen Beurteilung noch den ihr zugrunde gelegten Sachverhaltsfeststellungen entgegengetreten. Von daher gesehen sowie unter Bedachtnahme darauf, daß die Beschäftigung des Beschwerdeführers in Österreich allein (im Wege eines Befreiungsscheines) aufgrund dieser Eheschließung möglich wurde, kann von einem relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben im Sinne des § 19 FrG nicht gesprochen werden, was zur Folge hat, daß die Erlassung der Ausweisung auf dem Boden dieser Bestimmung zulässig war, ohne daß es einer Prüfung bedurfte, ob sie dringend geboten war.

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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