VwGH 94/17/0100

VwGH94/17/010022.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 10. Dezember 1993, Zl. MD/Präs.Abt.II-10140/1992, betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
B-VG Art15;
B-VG Art18 Abs1;
EisenbahnG 1957;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art15;
B-VG Art18 Abs1;
EisenbahnG 1957;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für den Neubau einer Kraftwagenbetriebsleitung in Innsbruck-Reichenau, Roßaugasse 10, nach dem Gesetz vom 25. November 1968 über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969 (im folgenden: Gehsteigabgabegesetz), eine Gehsteigabgabe in Höhe von S 134.045,-- vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es einleitend, daß der Landeshauptmann von Tirol als Eisenbahnbehörde mit Bescheid vom 3. April 1991 der Beschwerdeführerin die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den Neubau einer Kraftwagenbetriebsleitung (im näher bezeichneten Standort) erteilt habe.

Daran anknüpfend wird in rechtlicher Hinsicht die Auffassung vertreten, daß der eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid inhaltlich zwar über den Baubewilligungsbescheid "nach der Tiroler Bauordnung bzw. dem Gehsteigabgabegesetz" hinausgehe, ohne Zweifel aber durch den eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheid materiell die gleichen Berechtigungen verliehen würden, die einem Baubewilligungsbescheid innewohnten. Der eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid entfalte in bezug auf die Erlaubnis zur Erstellung einer baulichen Anlage und somit auf das Entstehen der Abgabepflicht einer Gehsteigabgabe die gleichen Rechtswirkungen wie ein Baubewilligungsbescheid nach § 2 Abs. 1 des Gehsteigabgabegesetzes, sodaß die Vorschreibung der bekämpften Gehsteigabgabe dem Grunde nach zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid "wegen Rechtswidrigkeit" aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Gehsteigabgabegesetz ermächtigt die Stadt Innsbruck gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, zur teilweisen Deckung der Kosten der erstmaligen Herstellung von zeitgemäßen Gehsteigen (§ 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck) eine Abgabe (§ 14 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 2) zu erheben.

§ 2 Abs. 1 Gehsteigabgabegesetz hat folgenden Wortlaut:

"(1) Zur Entrichtung einer einmaligen Abgabe sind die Eigentümer der zu bebauenden Grundstücke (Bauplätze) verpflichtet. Unter Bauplätzen sind die nach den Bestimmungen der Innsbrucker Bauordnung bebaubaren, zuzüglich aller demselben Eigentümer gehörigen, daran unmittelbar angrenzenden, selbständig nicht bebaubaren Grundflächen zu verstehen. Die Abgabepflicht entsteht bei Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides. Die Abgabe ist binnen sechs Monaten nach Baubeginn vorzuschreiben und wird zwei Wochen nach Vorschreibung fällig. Bei Bauten vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 15a der Innsbrucker Bauordnung oder bei Baumaßnahmen ohne Vergrößerung der Baumasse (§ 4) entsteht keine Abgabepflicht."

Im Beschwerdefall ist strittig, ob, was von der Beschwerdeführerin bestritten wird, auch eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung als "Baubewilligungsbescheid" im Sinne des § 2 Abs. 1 dritter Satz Gehsteigabgabegesetz anzusehen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. September 1993, Zl. 92/17/0023, ausgeführt hat, ist - anders als hinsichtlich des Bauplatzbegriffes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1981, Slg. Nr. 5555/F) - hinsichtlich des Begriffes des Baubewilligungsbescheides eine dynamische Verweisung auf alle zukünftigen LANDESGESETZLICHEN Regelungen desselben Gegenstandes für den Bereich der Landeshauptstadt Innsbruck anzunehmen, welche aus kompetenzrechtlichen Gründen keineswegs ausgeschlossen ist. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung, von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß findet, kann ein - auf einer bundesgesetzlichen Regelung, nämlich dem Eisenbahngesetz 1957, gegründeter - eisenbahnrechtlicher Baugenehmigungsbescheid keinen Baubewilligungsbescheid im Sinne des § 1 Abs. 2 dritter Satz Gehsteigabgabegesetz darstellen.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage vom Vorliegen "der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides" nach § 1 Abs. 2 dritter Satz Gehsteigabgabegesetz ausging, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Art. III Abs. 2 der zitierten Verordnung kam nicht zur Anwendung, weil der im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Pauschbetrag nicht ausgeschöpft wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. April 1991, Zl. 89/17/0185).

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