VwGH 94/16/0246

VwGH94/16/02463.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der X-Partei in W, vertreten Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 4. Oktober 1994, Zl. GA 9-808/91, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs1;
BAO §40 Abs1;
BAO §41 Abs1;
ParteienG 1975 §1 Abs2;
BAO §34 Abs1;
BAO §35 Abs1;
BAO §40 Abs1;
BAO §41 Abs1;
ParteienG 1975 §1 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. Oktober 1990 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien auf Grund eines Erwerbes von Todes wegen der Beschwerdeführerin, einer politischen Partei nach dem Parteiengesetz, BGBl. Nr. 404/1975, Erbschaftssteuer in der Höhe von S 1,410.828,-- vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vorgebracht, bei der Beschwerdeführerin handle es sich um eine inländische juristische Person (§ 1 Abs. 4 Parteiengesetz), die ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolge. Es sei amtsbekannt, daß diese politische Partei im Sinne des § 35 BAO eine Tätigkeit zur Förderung der Allgemeinheit ausübe. Dies ergebe sich schon aus der Verfassungsbestimmung des Art. I des Parteiengesetzes, wonach die Existenz und Vielfalt politischer Parteien wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich seien und zu den Aufgaben der politischen Parteien die Mitwirkung an der politischen Willensbildung gehöre. Dies gehe auch aus dem Bundesorganisationsstatut hervor. Im § 39 BAO seien für die Ausschließlichkeit der gemeinnützigen Tätigkeit fünf Voraussetzungen aufgestellt, die alle erfüllt würden.

Nach Ergehen der Berufungsvorentscheidung und nach gestelltem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde hinsichtlich der Abgabenfestsetzung auf S 1,418.364,-- abgeändert. Begründend wurde ausgeführt, es sei ausschließlich strittig, ob die Beschwerdeführerin gemeinnützige Zwecke verfolge. Was als gemeinnütziger Zweck anzusehen sei, werde durch § 35 BAO festgelegt. Danach seien nur solche Zwecke gemeinnützig, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert werde. Nach § 35 Abs. 2 BAO liege eine Förderung der Allgemeinheit nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem oder materiellem Gebiet unmittelbar nütze. Die Tätigkeit einer politischen Partei umfasse die Erstellung, Anpassung und Verwirklichung von programmatischen Zielen. Für die Beschlußfassung der Grundlinienpolitik der Beschwerdeführerin und für das Parteiprogramm sei der Bundesparteitag zuständig. Dieser sichere unter anderem die langfristige Themenführerschaft und die Erarbeitung und Umsetzung politischer Strategien. Von der Mitgliedschaft seien Mitglieder anderer politischer Parteien ausgeschlossen. Bei objektiver Betrachtung sei zu sagen, daß die politischen Parteien ihre allenfalls gemeinnützigen Parteiprogramme nicht unmittelbar erfüllen könnten. Die politischen Parteien versuchten vielmehr ihre Zielvorstellungen im wesentlichen dadurch zu verwirklichen, bei Wahlen einen ausreichenden Einfluß auf gesetzgebende Organe zu gewinnen, um ihren Vorstellungen entsprechende gesetzliche Grundlage zu schaffen. Wenn aber ein entsprechendes Gesetz erlassen werde, so sei dieses Gesetz unmittelbar der gesetzgebenden Körperschaft zuzuschreiben. Das heiße, politische Parteien könnten mit ihren allenfalls gemeinnützigen Zwecken nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar die Allgemeinheit fördern. Gemäß § 39 BAO liege eine ausschließliche Förderung darüberhinaus nur dann vor, wenn die in der Z. 5 leg. cit. geforderte Bindung der Vermögensverwendung gegeben sei. Wenn nun die Beschwerdeführerin hiezu meine, der Fall der Auflösung der Partei komme nicht in Betracht und daher gelte diese Bestimmung nicht auch für sie, so sei ihr entgegenzuhalten, daß theoretisch sehr wohl eine Auflösung möglich sei und die Berufungsbehörde keine gesetzliche Grundlage für eine Nichtanwendung für die Beschwerdeführerin finde. Die Begünstigung des § 8 Abs. 3 ErbStG sei daher nicht nur wegen fehlender Unmittelbarkeit im Sinne des § 41 BAO, sondern auch wegen fehlender Vermögensbindung im Sinne des § 39 BAO unanwendbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, als gemeinnützige juristische Person nicht mit dem Steuersatz des § 8 Abs. 1 ErbStG von 42 % zur Erbschaftssteuer herangezogen zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdeverfahren ist ausschließlich die Frage der Gemeinnützigkeit der Beschwerdeführerin und daran anknüpfend die Anwendung des Steuersatzes bei der Berechnung der Erbschaftssteuer strittig.

Gemäß § 34 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen geknüpft, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und UNMITTELBAR der Förderung der genannten Zwecke zumindest überwiegend im Bundesgebiet dient.

Nach § 35 Abs. 1 BAO sind solche Zwecke gemeinnützig, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.

Gemäß § 40 Abs. 1 BAO liegt unmittelbare Förderung vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck selbst erfüllt. Dies kann auch durch einen Dritten geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist.

Nach § 41 Abs. 1 BAO muß die Satzung der Körperschaft eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben; als Satzung im Sinn der §§ 41 bis 43 gilt auch jede andere sonst in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft.

Die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke müssen durch die Körperschaft selbst und unmittelbar gefördert werden. Wenn Idealziele gefördert werden sollen, diese Ziele aber über den Weg und mit Hilfe Dritter erreicht werden, dann wäre das Unmittelbarkeitsprinzip nicht erfüllt. Die zweite Seite des Unmittelbarkeitsprinzips ist die, daß die begünstigten Zwecke direkt und nicht über selbständige Rechtsträger oder Wirtschaftskörper gefördert werden dürfen (Stoll, BAO-Kommentar, 472 f).

Politische Parteien können nicht als gemeinnützig anerkannt werden. Zweck der politischen Parteien und politischen Vereine ist es nämlich, auf die Willensbildung bei Bund, Land und Gemeinde Einfluß zu nehmen. Auch wenn dadurch die einzelne Körperschaft z.B. die Gemeinde veranlaßt wird, gemeinnützige Aufgaben zu erfüllen, so fehlt es insoweit doch an der Unmittelbarkeit der Zweckverwirklichung; denn der gemeinnützige Zweck wird letztlich erst von der Körperschaft und nicht von dem politischen Verein erfüllt (Troll, Besteuerung von Verein, Stiftung und Körperschaft des öffentlichen Rechts2, 420, und Koch, Abgabenordnung4, 319, und B VerfG E 73,40 II zur deutschen Rechtslage).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid das Vorliegen der Gemeinnützigkeit auch mit dem Fehlen der Unmittelbarkeit der Förderung der begünstigten Zwecke verneint. Dem wird in der Beschwerde nichts Konkretes entgegengesetzt.

Gemäß § 1 Abs. 2 Parteiengesetz gehört zu den Aufgaben der politischen Parteien die Mitwirkung an der politischen Willensbildung. Die Mitwirkung an der politischen Willensbildung ist aber keine unmittelbare Förderung gemeinnütziger Zwecke, es fehlt die "Unmittelbarkeit der Zweckverwirklichung". Daran vermag auch das Bundesorganisationsstatut der Partei nichts zu ändern, wonach diese "zum selbstlosen Dienst an der Republik und am österreichischen Volk bereit" ist und sich "für das Wohl der Menschen" einsetzt. Auch danach ist die Unmittelbarkeit der Förderung gemeinnütziger Zwecke nicht gegeben. Zur Verwirklichung dieser Ziele bedarf es nämlich deren Umsetzung in die Realität, die zwar angestrebt, nicht aber selbst vorgenommen werden kann.

Daraus ergibt sich, daß die belangte Behörde in der Tätigkeit der Beschwerdeführerin mit Recht keine unmittelbare Förderung im Sinne des § 40 Abs. 1 BAO sah und die Beschwerdeführerin deswegen nicht als eine juristische Person, die ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt, beurteilte.

Hinzu kommt, daß die Bestimmungen des § 8 Abs. 3 lit. a ErbStG und des § 15 Abs. 1 Z. 14 ErbStG mit der Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz-Novelle 1967, BGBl. Nr. 15/1968, eine Änderung erfahren haben.

§ 8 Abs. 3 lit. a in der zuletzt genannten Fassung lautet:

"(3) Von Zuwendungen an solche inländische juristische Personen, die ausschließlich gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, sowie an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften selbst beträgt die Steuer ohne Rücksicht auf die Höhe der Zuwendung 5 v.H."

§ 15 Abs. 1 Z. 14 in der genannten Fassung lautet:

"14. Zuwendungen unter Lebenden von körperlichen beweglichen Sach- und Geldforderungen an inländische juristische Personen, die ausschließlich gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften selbst sowie an politische Parteien;"

In den Gesetzesmaterialien (Erläuternde Bemerkungen, RV 539, IX. GP.) heißt es zu § 8 Abs. 3 ErbStG:

"Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke werden in der Regel in Abgabengesetzen in gleicher Weise begünstigt. Dementsprechend sollen gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke auch hinsichtlich des ermäßigten Steuersatzes bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer gleichgestellt werden."

Die Gesetzesmaterialien zu § 15 Abs. 1 Z. 14 ErbStG lauten:

"Durch diese Bestimmung sollen die als Spenden gemachten Zuwendungen unter Lebenden an politische Parteien sowie an inländische gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Institutionen im Hinblick auf den Verwendungszweck dieser Zuwendungen von der Schenkungssteuer ausgenommen werden."

Im Bericht des Finanz- und Budgetausschusses (601 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates IX. GP.) wird ausgeführt:

"Weiters wird dem Wunsch der anerkannten Religionsgesellschaften nach Gleichstellung mit den gemeinnützigen und mildtätigen Organisationen hinsichtlich der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 5 % entsprochen. Vorgesehen wird außerdem, daß Zuwendungen unter Lebenden von körperlich beweglichen Sachen, Entgeltforderungen an inländische juristische Personen, die ausschließlich gemeinnützige oder kirchliche Zwecke verfolgen, ebenso an gesetzlich anerkannte Kirchen- und Religionsgesellschaften aber auch an politische Parteien, von der Steuer befreit bleiben."

Aus diesen Gesetzesmaterialien ist der Wille des Gesetzgebers - zur Verstärkung des ohnehin klaren Wortlautes des Gesetzes -, nur Zuwendungen unter Lebenden an politische Parteien von der Schenkungssteuer zu befreien, ersichtlich. Sollte dagegen, wie die Beschwerde behauptet, Dorazil (Erbschafts- und Schenkungssteuer3, 261) eine andere Meinung vertreten, dann findet sie im Gesetz jedenfalls keine Deckung, weshalb eine Auseinandersetzung mit der zitierten Literaturstelle entbehrlich ist.

Schon aus diesen Gründen versagte die belangte Behörde wegen Fehlens der für die Abgabenbefreiung erforderlichen Voraussetzungen die Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 5 % zu Recht. Auf die übrigen Kriterien der Gemeinnützigkeit ist somit wegen Fehlens dieser einen unabdingbaren Voraussetzung nicht mehr weiter einzugehen.

Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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