VwGH 94/16/0103

VwGH94/16/010330.5.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. März 1994, Zl. UVS-05/26/00014/93, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Wiener Getränkesteuergesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 lita impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 lita impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der dem Beschwerdeschriftsatz angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Berufungsbescheides ergibt sich in Übereinstimmung mit dem Sachvorbringen der Beschwerde unter anderem folgendes:

Über den Beschwerdeführer wurde nach einer durchgeführten Getränkesteuerrevision mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 30. Dezember 1992 wegen einer in der Zeit vom 12. Februar 1991 bis 27. Juni 1991 als Geschäftsführer der A Handelsgesellschaft m.b.H. begangenen Getränkesteuerverkürzung im Ausmaß von S 67.630,-- eine Geldstrafe von S 27.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 27 Tagen) verhängt. Außerdem wurden dem Beschwerdeführer S 2.700,-- (10 % der Strafe) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz erachtete § 9 Abs. 1 VStG als die verletzte Rechtsvorschrift und gründete die verhängte Strafe auf § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien.

Über Berufung des Beschwerdeführers änderte die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis ab und fällte folgenden Spruch:

"Sie haben es als Geschäftsführer der A-HandelsgesmbH., welche persönlich haftende Gesellschafterin der A-HandelsgesmbH. & Co KG. ist, unterlassen, die Getränkesteuer

1. für die Zeit vom 1. Jänner 1988 bis 31. Dezember 1988 im Betrag von 2.245,--

2. für die Zeit vom 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1989 im Betrag von 43.602,--

3. für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 31. Dezember 1990 im Betrag von 21.783,--

für den Betrieb in W, einzubekennen und zu entrichten.

Sie haben dadurch die Getränkesteuer in der Zeit vom 12. Februar 1991 bis 27. Juni 1991 verkürzt und dadurch drei Verwaltungsübertretungen begangen.

Sie haben dadurch folgene Rechtsvorschriften verletzt:

§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971

§ 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz - VStG 1950

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie

folgende Strafen verhängt:

zu 1.) Geldstrafe von Schilling 700,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971

zu 2.) Geldstrafe von Schilling 14.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971

zu 3.) Geldstrafe von Schilling 7.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

ad 1.) S 70,--

ad 2.) S 1.400,--

ad 3.) S 700,--

als Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren, d.s. 10 % der Strafen

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 23.870,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG).

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 56 VStG keinen Betrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten."

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde zu der von ihr vorgenommenen Strafbemessung aus, die herabgesetzte Strafe nehme ausreichend Bedacht auf die als ungünstig zu wertenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die gesetzliche Sorgepflicht des Beschwerdeführers für zwei minderjährige Kinder sowie auf den Milderungsgrund, daß die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden sei und der Beschwerdeführer sich seither wohlverhalten habe. Einer Selbstanzeige komme zwar im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren keine strafaufhebende Wirkung zu, doch sei die Selbstanzeige, weil sie zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen habe, bei der Strafbemessung als mildernd zu werten. Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen.

Eine weitere Strafherabsetzung sei für die belangte Behörde nicht in Betracht gekommen, weil die Tat im Hinblick auf die Höhe des Verkürzungsbetrages das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Steuerentrichtung in sehr hohem Maße beeinträchtigt habe; dazu komme, daß das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erst durch das Tätigwerden der Abgabenbehörde (Revision) beendet habe werden können. Das Verschulden des Beschwerdeführers sei als Fahrlässigkeit einzustufen, weil er nicht einmal ein Mindestmaß an Kontrolle hinsichtlich der Buchhaltung und Steuergebarung behauptet habe. Im Hinblick auf die auffallende Sorglosigkeit des Beschwerdeführers erschienen Strafen, die einen geringeren Prozentsatz des Verkürzungsbetrages als die nunmehr verhängten Strafen (rund 25 % des Verkürzungsbetrages) ausmachten, nicht als geeignet, den Beschwerdeführer von der Begehung gleichartiger Übertretungen weiterhin abzuhalten.

Der "bisherige ordentliche Lebenswandel", also die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, sei schon von der Erstbehörde ausdrücklich als mildernd berücksichtigt worden. Von einer drückenden Notlage könne deshalb nicht gesprochen werden, weil die Getränkesteuer für den Steuerschuldner eine "Durchlaufpost" darstelle. Zu seiner Behauptung, es lägen Umstände vor, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kämen, sei der Beschwerdeführer jedes Vorbringen schuldig geblieben, ebenso zur Behauptung, es sei ihm ein Rechtsirrtum unterlaufen. Der durch die verspätete Entrichtung der Abgabe entstandene Schaden sei dadurch nicht gutgemacht worden, daß die Abgabe letzten Endes verspätet entrichtet worden sei, weil der Schaden schon darin liege, daß die Abgabe dem Abgabengläubiger nicht rechtzeitig zugeflossen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in dem ihm gemäß § 19 VStG gesetzlich gewährleisteten Recht auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens, sowie in dem ihm gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 37 ff AVG sowie § 52 ff AVG 1950 gesetzlich gewährleisteten Recht, daß ein ordnungsgemäßes, vollständiges Ermittlungsverfahren von Amts wegen durchzuführen ist, verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 VStG lautet:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vorzunehmende Bezeichnung des Beschwerdepunktes ist nach ständiger hg. Judikatur nicht Selbstzweck, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, daß es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Vom Beschwerdepunkt zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind die Beschwerdegründe des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG und die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 VwGG (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 242 Abs. 4 und 6 referierte hg. Judikatur).

Die Beschwerdeausführungen erschöpfen sich in einer Rüge der vorgenommenen Strafzumessung. In diesem Zusammenhang ist dem Beschwerdeführer zwar zuzugeben, daß ein einer belangten Behörde allenfalls unterlaufener Ermessensfehler zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes führen müßte (vgl. dazu Dolp, aaO. 570 Abs. 3 und 4), daß im vorliegenden Fall aber angesichts der oben wiedergegebenen, eingehenden Auseinandersetzung der belangten Behörde mit den im Beschwerdefall in Frage kommenden Strafzumessungsgründen ein der belangten Behörde anzulastender Ermessensfehler nicht zu erkennen ist. Anders als es der Beschwerdeführer sehen will, hat nämlich die belangte Behörde keineswegs die relevanten Strafzumessungsgründe nur "formal" (was immer auch der Beschwerdeführer unter diesen Begriff verstehen mag) in ihre Erwägungen einbezogen, sondern vielmehr substantiell und einer nachprüfenden Kontrolle zugänglich dargelegt, warum sie in Abänderung und Milderung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gerade zu dem von ihr festgelegten Strafausmaß gelangte. Von Willkür kann dabei überhaupt keine Rede sein Hat aber die belangte Behörde - wie im vorliegenden Fall - von dem ihr im Rahmen der Strafzumessung eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, dann ist die Strafzumessung darüber hinaus einer weiteren Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich entzogen (vgl. z.B. die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II E 32 zu § 19 VStG referierte hg. Judikatur).

Auch im Rahmen der Darstellung des Beschwerdegrundes der (behaupteten) Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die Strafzumessung und wirft der belangten Behörde vor, ihren Bescheid nicht ausreichend begründet und darüber hinaus Willkür geübt zu haben. Da diese Vorwürfe - wie oben gerade betont - unberechtigt sind und die belangte Behörde angesichts der von ihr ohnehin zugunsten des Beschwerdeführers vorgenommenen Berücksichtigung seiner Unbescholtenheit, seiner ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, seiner Sorgepflichten, seiner "Selbstanzeige" und des Geständnisses weitere Ermittlungen zu diesen Milderungsgründen nicht durchzuführen hatte, muß auch die Verfahrensrüge versagen, zumal der Beschwerdeführer selbst in seiner Beschwerde nicht darlegt, zu welchen konkreten Sachergebnissen die von ihm vermißten Ermittlungen geführt hätten.

Da im vorliegenden Fall bei der im Rahmen des formulierten Beschwerdepunktes vorzunehmenden Bescheidüberprüfung auf Ermessensfehler bei der Strafzumessung bereits aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar war, daß die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht darauf erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. dazu Dolp aaO. 532 letzter Absatz und 533 erster Absatz).

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