VwGH 94/16/0095

VwGH94/16/00954.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der M-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom 11. März 1994, Zl. MD-VfR-M 2/94, betreffend Haftung für eine Getränkesteuerschuld, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §14 Abs1;
LAO Wr 1962 §12 Abs1 lita;
BAO §14 Abs1;
LAO Wr 1962 §12 Abs1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am Standort Wien VI, Gumpendorferstraße n, betrieb bis einschließlich April 1991 die zu HRB 24.722a des Handelsregisters (jetzt Firmenbuch) Wien protokollierte H-Gesellschaft m.b.H. einen Gastgewerbebetrieb. Zivilrechtliche Grundlage war ein Untermietverhältnis zum damaligen Hauptmieter Ing. R. Dieser Hauptmieter verzichtete am 27. März 1991 gegenüber dem Vermieter F zugunsten von G und P auf seine Hauptmietrechte, worauf beginnend mit 1. Mai 1991 mit diesen beiden Personen ein Hauptmietvertrag abgeschlossen wurde. G ist alleinige Geschäftsführerin der am 27. März 1991 errichteten und am 22. April 1991 zu B 15929a des Firmenbuches Wien protokollierten Beschwerdeführerin.

In einer in den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Rechnung vom 28. März 1991 ist festgehalten, daß es in der Folge zum Abschluß eines Hauptmietvertrages der Beschwerdeführerin mit F kam und daß die Beschwerdeführerin vom früheren Hauptmieter um S 250.000,-- das Geschäftsinventar erwarb.

Die Beschwerdeführerin erklärte gegenüber der Abgabengbehörde erster Instanz in Beantwortung der Anfrage vom 26. April 1993 ausdrücklich, nicht Unternehmensnachfolgerin der H-Gesellschaft m.b.H. zu sein; zwischen der Einstellung des Gewerbebetriebes durch die genannte Gesellschaft und der Aufnahme des Geschäftsbetriebes durch die Beschwerdeführerin sei der Betrieb geschlossen gewesen; die Beschwerdeführerin verfüge über einen eigenen Mietvertrag mit dem "Hausbesitzer" und habe den Betrieb nicht von der H-Gesellschaft m.b.H. gekauft.

Auf Grund eines Antrages des Finanzamtes für Körperschaften vom 2. Februar 1993 auf Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 2 Abs. 1 AmtsLG wurde vom Firmenbuchgericht gegen die H-Gesellschaft m.b.H. das Amtslöschungsverfahren eingeleitet.

Die Abgabenbehörde erster Instanz nahm daraufhin die Beschwerdeführerin mit Haftungsbescheid vom 17. November 1993 betreffend die Zeit von Jänner 1991 bis April 1991 für eine Getränkesteuerschuld der H-Gesellschaft m.b.H. im Ausmaß von S 16.187,91 in Anspruch, wobei sie davon ausging, die Beschwerdeführerin sei als Unternehmensnachfolgerin der genannten Gesellschaft anzusehen, weil sie um den Betrag von S 250.000,-- laut Übergabeprotokoll einen lebenden Betrieb von Ing. R erworben und den Geschäftsbetrieb fortgesetzt habe. Der Abschluß eines neuen Mietvertrages stehe der angenommenen Unternehmensnachfolge nicht entgegen; es liege ein Übergang im ganzen vor.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wobei sie unter anderem zwar die Übernahme des Kundenstockes der H-Gesellschaft m. b.H. verneinte, aber zum Erwerb des Inventars wörtlich folgendes vorbrachte: "Es war somit lediglich ein Verkauf der Anlagevermögensgegenstände der ehemaligen Mieterin der Geschäftsräumlichkeiten, nämlich der H-Gesellschaft m.b.H. an die M-Gesellschaft m.b.H.".

Damit rückte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren von ihrer Argumentation in der Beantwortung der Anfrage vom 26. April 1993 ausdrücklich ab.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und traf auf Grund der Aktenlage die Feststellung, die Beschwerdeführerin habe die Unternehmensgrundlagen von der früheren Eigentümerin des Unternehmens erworben und kurze Zeit danach den Gastgewerbebetrieb wieder aufgenommen. Der Unterschied des Betriebes der Beschwerdeführerin (Kaffeerestaurant) zu einem Kaffeehaus falle nicht ins Gewicht, zumal der Betriebsvorgänger den Betrieb unter der Bezeichnung "M-Cafe-Drinkbar" geführt habe. Auch dies spreche für die Kontinuität des Betriebes gegenüber dem Publikum.

Da der Abgabenrückstand bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich sei, entspreche die Geltendmachung der Haftung der Beschwerdeführerin den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit (§ 18 WAO).

Erst nach Ergehen der Berufungsentscheidung ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Berufungsvorbringen dahin, die Inventarablöse an Ing. R geleistet zu haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht darauf verletzt, nicht für die Getränkesteuerschuld der H-Gesellschaft m.b.H. haftungsmäßig in Anspruch genommen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 12 Abs. 1 lit. a) WAO in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. 40/1992 bestimmte:

"(1) Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet, so haftet der Erwerber

a) für Abgaben, bei denen die Abgabenpflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;"

Nach der zu § 14 Abs. 1 BAO ergangen hg. Rechtsprechung, die auch für die Auslegung der hier anzuwendenden, oben zitierten Bestimmung des § 12 Abs. 1 lit. a WAO Bedeutung hat, kommt es bei ortsgebundenen Tätigkeiten, wie einem Gastronomiebetrieb, hinsichtlich der Frage der wesentlichen Grundlagen des Unternehmens auf Grundstück, Gebäude und Betriebseinrichtung an (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. April 1992, Zl. 91/17/0023 und vom 20. November 1990, Zl. 90/14/0122).

Da im vorliegenden Fall jedenfalls feststeht, daß die Beschwerdeführerin die Gegenstände des Anlagevermögens ihres Unternehmens im Wege einer Einzelrechtsnachfolge erworben hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1980, Zl. 1330/79) und es in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommt ob dabei Vertragspartner der primäre Abgabenschuldner war oder ein Dritter, weil sich die Haftung nach § 12 Abs. 1 lit. a) WAO auf Abgaben bezieht, die objektiv auf den Betrieb zurückgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1981, 81/13/0081) und weil mit Rücksicht auf den in derselben Lokalität fortgesetzten Betrieb sowie unter Berücksichtigung der nahezu nahtlosen Wiederaufnahme eines Gastronomiebetriebes auch davon auszugehen ist, daß jedenfalls ein entsprechender Teil des Kundenstockes noch erhalten war, zumal auch ein Teil der von der Vorgängerin verwendeten Etablissementbezeichnung, nämlich "M" von der Beschwerdeführerin als Teil ihres Firmenwortlautes weiterverwendet wird, ist der Rechtsansicht der belangten Behörde, die den Haftungstatbestand des Unternehmensüberganges im ganzen bejahte, im Ergebnis beizutreten.

Diverse Ungereimtheiten im Sachverhalt hinsichtlich der Frage, von wem die Beschwerdeführerin das Inventar tatsächlich erworben hat, spielen somit keine entscheidende Rolle.

Demgegenüber kommt den Beschwerdeausführungen hinsichtlich der bestandrechtlichen Situation, der Art des von der Beschwerdeführerin bzw. vorher von der H-GmbH geführten Betriebes der Zusammensetzung des Kundenkreises im einzelnen der Verteilung der Umsätze, des weiteren Schicksals des Inventars und nicht zuletzt der Behauptung, die Beschwerdeführerin hätte mit der H-Gesellschaft m.b.H. keinerlei Vertrag abgeschlossen, kein Gewicht mehr zu.

Insoweit die Beschwerdeführerin vermeint, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine Ermessensentscheidung gefällt, verkennt sie die Bedeutung der entsprechenden Passage aus der Begründung des angefochtenen Bescheides im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die belangte Behörde berechtigt war, die Haftung der Beschwerdeführerin in Anspruch zu nehmen (vgl. z.B. dazu die bei Ritz, BAO-Kommentar Rz 4,

2. Fall zu § 20 BAO referierte hg. Judikatur; bzw. § 18 WAO).

Angesichts des oben dargelegten ausdrücklichen Berufungsvorbringens der Beschwerdeführerin, sie habe die Güter ihres Anlagevermögens von der H-Gesellschaft m.b.H. gekauft (wodurch die Beschwerdeführerin ihre frühere Argumentationslinie im Verwaltungsverfahren selbst verlassen hat), muß auch die erhobene Verfahrensrüge versagen, weil die belangte Behörde angesichts dieses Vorbringens weder weitere Ermittlungen anzustellen hatte, noch im Ergebnis aktenwidrige Feststellungen getroffen hat und das Verfahren sohin auch nicht ergänzungsbedürftig geblieben ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte