VwGH 94/15/0214

VwGH94/15/021410.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerden der G Aktiengesellschaft in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) 1) vom 5.10.1994, Zl. 20/63-GA4-DVi/93, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer, und 2) vom 29.9.1994, Zl. 29-GA4BK-DVi/93, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1986 bis 1989, zu Recht erkannt:

Normen

KStG 1966 §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde gegen den unter Punkt 1) genannten Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der unter Punkt 2) genannte Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit am 31. September 1985 angenommener Erklärung vom 4. Juli 1985 ging die Beschwerdeführerin eine echte stille Beteiligung von S 2,140.000,-- zuzüglich 5 % Agio an der T GmbH ein, die am 11. Juni 1985 als Auffanggesellschaft der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen A GmbH gegründet worden war. Die T GmbH hatte von der A GmbH das Anlagevermögen mit den Aufführungsrechten für die europaweit zu veranstaltenden Eisshows erworben.

Gleichzeitig mit der Beteiligungserklärung der Beschwerdeführerin gaben ihre Geschäftsführer (H. und K. L), die damals zu je 50 % Gesellschafter der Beschwerdeführerin waren, eine am 31. Oktober 1985 angenommene Erklärung zur Übernahme von je 60 Aktien der B-AG (im folgenden: AG) im Nominale von je S 500,-- ab. Schon mit Schreiben vom 3. Juni 1985 hatte die A GmbH allen Aktionären der AG das unwiderrufliche Angebot erteilt, deren Aktien mit Zwischenscheinen zum Betrag von S 10.000,-- pro Aktie mit einem Nominale von S 500,-- zu erwerben. Die Beschwerde stellt auch außer Streit, daß die AG der T GmbH ein partiarisches Darlehen gewährt hat.

Mit den in wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Körperschaftsteuerbescheiden für die Streitjahre wurden die den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin aus den eben angeführten Transaktionen entstandenen Vorteile in Höhe der Anschaffungskosten für die von der Beschwerdeführerin an der T GmbH erworbene Beteiligung als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilt; dies im wesentlichen mit folgender Begründung:

Die stille Beteiligung an der T GmbH und Aktien der AG hätten "nur in Verbindung erworben werden" können. Den Aktionären sei ein unwiderrufliches Anbot erteilt worden, "wonach ihnen für Aktien zum Nominale von S 500,-- ein Veräußerungspreis nach Ablauf der Spekulationsfrist von

S 10.000,-- garantiert wurde". Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der T GmbH und der AG werde aus folgenden Tatsachen abgeleitet:

"a) Eine stichprobenhafte Überprüfung bei Gesellschaftern ergab, daß in allen diesen Fällen sowohl eine Beteiligung an der T GmbH als auch an der AG abgeschlossen worden ist. In wenigen Fällen wurden die Aktien von einer nahestehenden Person (Ehegatte) erworben.

b) Von einem Vertreter der I GesmbH (= Vermittlerin der Beteiligungen), der diese Beteiligungen verkauft hat, wurde ausgesagt, daß die beiden Beteiligungen nur zusammen verkauft worden sind.

c) Der Kauf der Aktien an der AG mit einem garantierten Veräußerungspreis war ohne die Anschaffung einer Beteiligung an der T GmbH nicht möglich.

d) Die I GesmbH hat Verkaufsunterlagen verwendet, auf denen beide Beteiligungen gemeinsam zum Verkauf angeboten wurden. Als Anlageziel ist eine kurzfristige Anlage mit der Veräußerung nach 2 Jahren um einen garantierten Veräußerungspreis angegeben.

Die von der I GesmbH angestellte Steuerberechnung (Erfolgsvorschau) erfolgte unter Zugrundelegung der Beteiligung an der T GmbH und an der AG (wirtschaftlich betrachtet handelt es sich um EINEN Kaufvertrag).

e) Die Aktien an der AG und die Beteiligungen an der T GmbH wurden immer im gleichen Verhältnis verkauft (pro 3 Aktien im Nominale von je S 500,-- eine stille Beteiligung um

S 53.500,--)."

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem zweitangefochtenen Bescheid abgewiesen; dies im wesentlichen mit folgender Begründung:

Ein namentlich genannter Verantwortlicher des Verlustbeteiligungsmodells habe vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt, daß "der Weg über die Aktien gewählt und dafür die AG gegründet worden" sei, damit die stillen Gesellschafter der

T GmbH für den Ertrag ihrer Beteiligung keine Steuer zahlen. Anläßlich der Beteiligung sei den stillen Gesellschaftern angeboten worden, für sich oder dritte Personen Aktien zu erwerben. In den Berechnungsbeispielen der beiden Vermittlungsgesellschaften sei neben der Steuerrückvergütung der Verkaufserlös für die Aktien als zweite wesentliche Einnahmenposition miteinbezogen worden, sodaß der Aktienverkaufserlös in die Berechnung der Rendite des Gesamtmodells eingegangen sei. Der geschilderte Sachverhalt lasse enge Verflechtungen zwischen der T GmbH, der A GmbH und der AG erkennen. Die nicht isoliert von der Beteiligung angebotenen Aktien der AG hätten auch keinen besonderen Substanzwert oder besondere Ertragsaussichten gehabt, die das extrem hohe Angebot, diese Wertpapiere künftig um den 20-fachen Wert zu kaufen, kaufmännisch rechtfertigen könnten. Das Angebot der A GmbH könne nur so erklärt werden, daß den stillen Beteiligten der T GmbH ihr finanzielles Engagement durch steuerfreie Aktienverkaufserlöse schmackhaft gemacht werden sollte. Für die Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe es einen Vorteil bedeutet, daß diese die stille Beteiligung erworben habe, weil sich jene dadurch die (private) Aufbringung des Betrages von jeweils

S 1,123.500,-- erspart hätten, die Verluste bei der Beschwerdeführerin vertretbar erschienen und die Anschaffung der Aktien bei verhältnismäßig geringem Finanzierungsbedarf zu hohen steuerfreien Einnahmen geführt habe. Für die Beschwerdeführerin, deren Unternehmensgegenstand die Ausübung des konzessionierten Gewerbes der Elektroinstallationen der Ober- und Unterstufe sei, habe keine betriebliche Veranlassung zum Erwerb der echten stillen Beteiligung an der T GmbH bestanden, weil zum einen vom Unternehmensgegenstand her keine wirtschaftliche Unterstützung und Förderung der Beschwerdeführerin durch die T GmbH zu erwarten und zum anderen die Beteiligung an der T GmbH objektiv ertragsunfähig gewesen sei. Die belangte Behörde sei infolgedessen zu dem Ergebnis gelangt, daß der Erwerb der echten stillen Beteiligung an der

T GmbH bei der Beschwerdeführerin keineswegs betrieblich veranlaßt gewesen sei, sondern von vornherein die Absicht der Vorteilszuwendung an die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer bestanden habe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für die auf die verdeckten Gewinnausschüttungen (Anschaffungskosten der echten stillen Beteiligung in Höhe von S 2,247.000,--) entfallende Kapitalertragsteuer in Höhe von S 561.750,-- als Haftungspflichtige in Anspruch genommen und dazu auf die Begründung des zweitangefochtenen Bescheides verwiesen.

Gegen diese Bescheide richten sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer zu beiden Beschwerden gemeinsam erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat sodann erwogen:

1. Zur Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid (betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer):

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht in Streit, ob die den Gesellschaftern der Beschwerdeführerin aus den eingangs angeführten Transaktionen enstandenen Vorteile in Höhe der Anschaffungskosten für die von der Beschwerdeführerin erworbene Beteiligung an der T GmbH verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.

Verdeckte Gewinnausschüttungen liegen vor, wenn Kapitalgesellschaften ihren Gesellschaftern Vermögensvorteile zuwenden, die ihrer Einkleidung nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind, ihre Wurzel aber in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 20. März 1974, Zl. 1157/72).

Die Beschwerde bringt im Rahmen ihrer Verfahrensrüge vor, die belangte Behörde habe einen "zwingenden Zusammenhang zwischen stiller Beteiligung und Aktienerwerb" nicht nachgewiesen; in diesem Zusammenhang habe sie ihre Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit verletzt.

Die belangte Behörde ist - gestützt auf umfangreiche (abgabenbehördliche und gerichtliche) Ermittlungen - zu der Sachverhaltsannahme gelangt, daß zwischen dem Erwerb der stillen Beteiligung an der T GmbH durch die Beschwerdeführerin und dem Erwerb der Aktien der AG durch die damaligen Gesellschafter der Beschwerdeführerin ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang in der Weise bestanden hat, daß ein Gewinn aus der stillen Beteiligung der Beschwerdeführerin an der T GmbH von den Gesellschaftern der ersteren in Form eines steuerfreien Erlöses aus dem Verkauf ihrer Aktien lukriert wird. Die Grundlagen für diese Annahme wurden in einem mängelfreien Verfahren gewonnen und die daraus gezogene Schlußfolgerung, daß der Erwerb der Beteiligung an der T GmbH durch die Beschwerdeführerin bei dieser nicht betrieblich veranlaßt war und aus dieser Beteiligung den damaligen Gesellschaftern der Beschwerdeführerin Vorteile erwuchsen, welche die Beschwerdeführerin Geschäftsführern ohne Gesellschafterstellung nicht gewährt hätte, entspricht den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens. Der behauptete Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid "ohne weiteres von einem zwingenden Zusammenhang zwischen stiller Beteiligung und Aktienerwerb" ausgegangen sei, liegt ebenfalls nicht vor.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Bescheides behauptet die Beschwerdeführerin nur deswegen, weil es insgesamt unklar erscheine, auf welcher Rechtsgrundlage die belangte Behörde "von der eindeutig gegebenen zivilrechtlichen Gestaltung" (Trennung von stiller Beteiligung und Aktienerwerb) abweiche.

Soweit die Beschwerdeführerin damit die von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise der belangten Behörde angreift, bildet § 21 Abs. 1 BAO - ein Anwendungsfall des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle liegt hier nicht vor - die maßgebende Rechtsgrundlage. Dem von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise ausgehenden Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde sei "ihrer Verpflichtung zur amtswegigen materiellen Wahrheitserforschung" nicht nachgekommen, ist damit der Boden entzogen.

Im übrigen wiederholt die Beschwerdeführerin im wesentlichen bloß jene Argumente, die sie schon im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat und auf die die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden eingegangen ist.

Somit haftet dem erstangefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.

2. Zur Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid (betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1986 bis 1989):

Was die dem Bescheid zugrunde liegende Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen anlangt, wird auf die obigen Ausführungen zur Haftung für Kapitalertragsteuer verwiesen, wonach insoweit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt. Dem Körperschaftsteuer für die Streitjahre betreffenden zweitangefochtenen Bescheid haftet aber insoweit ein wesentlicher Begründungsmangel an, als sich diesem Bescheid nicht entnehmen läßt, welche steuerlichen Konsequenzen die belangte Behörde aus der Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen für den Bereich der Körperschaftsteuer gezogen hat. Dieser Mangel ist auch wesentlich, weil der Verwaltungsgerichtshof - vor allem unter Berücksichtigung einer offenbar bereits unter Liebhabereigesichtspunkten angenommenen steuerlichen Unbeachtlichkeit des Beteiligungserwerbes - dadurch an der Nachprüfung des zweitangefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit gehindert ist. Infolgedessen mußte dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich jeweils auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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