Normen
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1972 §7 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1972 §7 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.545 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt einen Metallbau und eine Eisenhandlung, wobei er den Gewinn gemäß § 4 Abs 1 EStG ermittelt. Zu Beginn des Jahres 1987 befand sich ein vollkaskoversicherter PKW der Type Mercedes 260 E (idF: PKW) im Betriebsvermögen. Der PKW wurde am 16. April 1987 unfallbedingt schwer beschädigt (Totalschaden). Die Versicherung verweigerte aus noch darzustellenden Gründen den Ersatz des am PKW entstandenen Schadens aus der bestehenden Vollkaskoversicherung, weswegen der am 16. April 1987 bestehende Buchwert von rund 471.000 S - abzüglich des für das Wrack erzielten Erlöses - als Betriebsausgabe (Buchwertabgang) geltend gemacht wurde.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist strittig, ob der Unfall betrieblich oder privat veranlasst gewesen ist.
Dem Beschwerdefall liegt folgender, auf Grund umfangreicher Erhebungen der Abgabenbehörde ermittelter, im Wesentlichen unbestrittener Sachverhalt zugrunde:
Der Beschwerdeführer und JM, ein Vertreter für Jalousien, besuchten am 15. April 1987 gegen 20.00 Uhr einen potenziellen Kunden in R namens AB, um mit diesem ein Verkaufsgespräch betreffend der vom Beschwerdeführer vertriebenen Kunststofffenster zu führen. IdF lieferte der Beschwerdeführer an AB
17 Kunststofffenster. Nach Abschluss dieses Gespräches um etwa
22.30 Uhr fuhren der Beschwerdeführer und JM in ein Gasthaus in K, wo sie um etwa 22.45 Uhr ankamen, um mit Ing. EB, einem Bauunternehmer, Konditionen für die Lieferung von Fenstern und Jalousien sowie generell die weitere geschäftliche Zusammenarbeit zu besprechen. Über diese Besprechung gibt es weder Protokolle, noch wurden dabei Vereinbarungen getroffen. Die Besprechung dauerte bis etwa 24.00 Uhr. Im Anschluss daran setzten sich einige Bekannte des Ing. EB dazu, wobei bis 16. April 1987 um etwa 02.00 Uhr allgemeine Gespräche (übliche Gasthausunterhaltung) geführt wurden, die auch Ausführungen zur wirtschaftlichen Lage enthielten. Über diese Gespräche gibt es ebenfalls weder Protokolle, noch wurden dabei Vereinbarungen getroffen. Um etwa 02.00 Uhr verließ der Beschwerdeführer gemeinsam mit JM das Gasthaus in K und trat mit seinem PKW auf einer Landesstraße in Richtung W, wo er seinen Wohnsitz hat, die Heimfahrt an. Kurz nach dem Ortsende von K geriet der vom Beschwerdeführer mit einer Geschwindigkeit von rund 80 bis 90 km/h gelenkte PKW auf der feuchten Landesstraße in einer scharfen Rechtskurve ins Schleudern, beschädigte eine Brücke und stürzte in den darunter liegenden Bach. Während JM bei dem Unfall unverletzt blieb, erlitt der Beschwerdeführer eine Gehirnerschütterung sowie einen Rückenwirbelbruch. Am PKW entstand Totalschaden. Am Unfall war kein weiteres Fahrzeug beteiligt. Bremsspuren gab es nicht. JM lief in das Gasthaus zurück, um Hilfe zu holen. Der Beschwerdeführer kam den Helfern auf der Straße entgegen und wurde von Ing. EB nach Hause gebracht. Anschließend veranlassten die Helfer die Bergung des PKW durch einen in der Nähe wohnenden Landwirt mittels Traktors. Der PKW wurde sodann im Betriebsgelände des Ing. EB abgestellt und die Kennzeichen abmontiert. Trotz erheblicher Beschädigung der Brücke unterließen es sowohl der Beschwerdeführer als auch die Helfer, den Unfall bei der Gendarmerie zu melden. Um 08.00 Uhr verständigte der Beschwerdeführer zwecks Inanspruchnahme von Leistungen aus der Vollkaskoversicherung den ihn betreuenden Versicherungsvertreter, der um etwa 09.00 Uhr die Unfalldaten aufnahm. Nach Aufnahme der Unfalldaten durch den Versicherungsvertreter begab sich der Beschwerdeführer zu einer Baustelle. Nachdem der Beschwerdeführer um etwa 13.00 Uhr nach Hause zurückgekehrt war, wurde ihm von seiner Mutter mitgeteilt, er möge sich bei der Gendarmerie wegen des Unfalles, der bereits aktenkundig sei, melden. Der Beschwerdeführer meldete sich jedoch nicht bei der Gendarmerie, sondern erteilte seiner Mutter den Auftrag, der Gendarmerie mitzuteilen, er sei bettlägerig. Wegen seiner Schmerzen suchte der Beschwerdeführer am 17. April 1987 einen Arzt auf, der ihn an ein Krankenhaus verwies, wo die bereits dargestellten Verletzungen festgestellt und ein Mieder sowie eine dreiwöchige Bettruhe verordnet wurden. Am 4. Mai 1987 wurde der Beschwerdeführer erstmals von der Gendarmerie einvernommen, wobei er im Wesentlichen ausführte, kurz nach K sei plötzlich das Heck des PKW bei einer Geschwindigkeit von rund 80 km/h auf der feuchten Fahrbahn nach links ausgebrochen, weswegen das Lenken unmöglich geworden sei. In weiterer Folge sei der PKW in den Bach gestürzt. Auf die Frage, warum er den Unfall nicht bei der Gendarmerie gemeldet habe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe eine Gehirnerschütterung erlitten und könne sich an Vorgänge nach dem Unfall nicht mehr erinnern. Der ebenfalls am 4. Mai 1987 erstmals von der Gendarmerie einvernommene JM gab bekannt, der PKW sei in einer Rechtskurve ins Schleudern gekommen, von der Fahrbahn abgekommen, gegen die Brücke geprallt und anschließend in den darunter liegenden Bach gestürzt. Die Geschwindigkeit des PKW habe 80 bis 90 km/h betragen. Der Unfall dürfte seiner Meinung nach wegen der zu hohen Geschwindigkeit passiert sein. Auf Vorhalt, warum niemand den Unfall bei der Gendarmerie gemeldet habe, gab JM bekannt, er habe angenommen, dass der Beschwerdeführer dies veranlassen würde. Auf Grund seiner Verletzungen dürfte der Beschwerdeführer jedoch auf die Unfallmeldung vergessen haben. Die Versicherung verweigerte den Ersatz des am PKW entstandenen Schadens aus der bestehenden Vollkaskoversicherung mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe grob fahrlässig gehandelt und zur Feststellung des Sachverhaltes insofern nicht beigetragen, als der Unfall nicht unverzüglich bei der Gendarmerie gemeldet worden sei. Der vom Beschwerdeführer daraufhin gegen die Versicherung geführte Zivilprozess blieb bis auf einen Vergleichsbetrag von 25.000 S, mit dem die Rechtsanwaltskosten des Beschwerdeführers abgedeckt werden sollten, erfolglos.
Trotz der Erhebungen eines Versicherungsdetektives, nach denen während des mehrstündigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers, des JM, des Ing. EB und weiterer Bekannter des Ing. EB im Gasthaus in K alkoholische Getränke konsumiert worden waren, war nicht feststellbar, ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Unfalles alkoholisiert war. Beim Beschwerdeführer wurde keine Atemluftkontrolle durchgeführt.
Anlässlich eines vom Vorsitzenden und vom Berichterstatter des Berufungssenates an der Unfallstelle vorgenommenen Augenscheines wurde Folgendes festgestellt:
Die Unfallstelle befindet sich kurz nach dem Ortsende von K in Richtung W. Links neben der Straße in Richtung W gesehen verläuft in einem Graben ein Bach, dahinter befindet sich Wald. Der Unfall ereignete sich in einer scharfen S-Kurve (rechts/links),wobei nach der Rechtskurve zur linken Hand eine schmale Betonbrücke über den Graben führt. Bei trockener Fahrbahn und guter Sicht ist die Kurve für einen ortskundigen Lenker mit einer Geschwindigkeit von höchstens 60 km/h befahrbar. Eine Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h, wie sich aus den von der Gendarmerie aufgenommenen Niederschriften ergibt, erscheint schon bei optimalen Fahrbahnverhältnissen eindeutig überhöht.
In den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten befinden sich Fotografien von der Unfallstelle.
Die belangte Behörde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer mit Ing. EB im Beisein des JM bis um etwa 24.00 Uhr im Gasthaus in K eine betrieblich veranlasste Besprechung abgehalten habe. Die belangte Behörde vertritt jedoch die Ansicht, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Gasthaus in K nach Abschluss der betrieblich veranlassten Besprechung um etwa 24.00 Uhr nicht mehr betrieblich, sondern privat veranlasst gewesen sei. Durch die von etwa 00.00 Uhr bis etwa 02.00 Uhr geführte übliche Gasthausunterhaltung zwischen verschiedenen Personen sei der örtliche, zeitliche und ursächliche Zusammenhang eines betrieblichen Geschehens mit dem in der Folge eingetretenen Totalschaden des PKW nicht mehr gegeben. Die erst rund zwei Stunden nach Beendigung der betrieblich veranlassten Besprechung angetretene Heimfahrt könne nicht mehr als zur Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers gehörend angesehen werden. Vielmehr habe der Beschwerdeführer die Heimfahrt von einem privaten Gasthausbesuch aus angetreten, weswegen der am PKW entstandene Totalschaden nicht betrieblich veranlasst sei. Die belangte Behörde vertritt weiters die Ansicht, der Beschwerdeführer habe den PKW trotz schlechter Sicht- und Straßenverhältnisse (Finsternis, feuchte Fahrbahn, scharfe S-Kurve) viel zu schnell gelenkt. Kausal für den Unfall sei daher ein grob fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers gewesen. Ein solches Verhalten sei jedoch nicht betrieblich veranlasst, weswegen auch aus diesem Grund der am PKW entstandene Totalschaden nicht betrieblich veranlasst sei.
Der Beschwerdeführer bezeichnet die Ansicht der belangten Behörde, die erst um etwa 02.00 Uhr angetretene Heimfahrt stehe in keinem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit, als unrichtig. Unbestritten sei, dass er sich bis etwa 24.00 Uhr aus betrieblichen Gründen im Gasthaus in K aufgehalten habe. Werde ein derartiger Aufenthalt - aus welchen Gründen auch immer - verlängert, sei die (spätere) Heimfahrt noch immer durch den Betrieb veranlasst. Er habe nach der betrieblich veranlassten Besprechung keinen neuen Weg iSd Rechtsprechung zu § 175 Abs 2 Z 1 ASVG anlässlich seiner Heimfahrt angetreten. Vielmehr habe er sich vom (letzten) Ort seiner betrieblichen Tätigkeit unmittelbar nach Hause begeben. Die rund zweistündige Unterbrechung der von ihm ausgeübten betrieblichen Tätigkeit führe nicht dazu, die angetretene Heimfahrt nicht mehr als durch den Betrieb veranlasst anzusehen, weswegen der Totalschaden am PKW steuerlich zu berücksichtigen sei. Die Feststellung der belangten Behörde, er habe den PKW im Zeitpunkt des Unfalles viel zu schnell gelenkt, somit ein grob fahrlässiges Verhalten gesetzt, entspreche nicht den Tatsachen. Die belangte Behörde hätte zur Frage, ob sein Verhalten überhaupt fahrlässig gewesen sei, das Gutachten eines verkehrstechnischen Sachverständigen einholen müssen und sich nicht damit begnügen dürfen, einen Augenschein durch sachunkundige Mitglieder des Berufungssenates vorzunehmen. Zwar hätten er und JM anlässlich der Einvernahme durch die Gendarmerie ausgeführt, die Geschwindigkeit des PKW habe im Zeitpunkt des Unfalles 80 bis 90 km/h betragen. Diese Ausführungen seien in einem gewissen zeitlichen Abstand zum Unfall erfolgt und dürften nicht den Tatsachen entsprechen, weil er sich an den Unfall nicht mehr habe erinnern können und JM die Geschwindigkeit des PKW nur geschätzt habe. An der Unfallstelle habe sich keine Geschwindigkeitsbeschränkung und auch kein Gefahrenzeichen "S-Kurve" befunden. Lediglich kurz nach dem Ortsgebiet von K befinde sich ein allgemeines Gefahrenzeichen mit der Zusatztafel "Kurvenreiche Strecke". Von einem grob fahrlässigen Verhalten, das kausal für den Unfall gewesen sei, könne daher keine Rede sein. Die belangte Behörde hätte bei Einhaltung der ihr obliegenden Ermittlungspflicht zu dem Schluss gelangen müssen, der Totalschaden am PKW sei betrieblich veranlasst gewesen und somit steuerlich zu berücksichtigen.
Über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheides erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Voraussetzung für eine außergewöhnliche technische Absetzung iSd § 7 Abs 1 letzter Satz EStG 1972 ist - wie bei jeder anderen Betriebsausgabe -, dass die Abnutzung durch den Betrieb veranlasst ist. Ist die Abnutzung durch eine private Verwendung des Wirtschaftsgutes verursacht worden, darf die dadurch entstehende Wertminderung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgutes den betrieblichen Gewinn nicht mindern (vgl das hg Erkenntnis vom 5. März 1969, 1622/68, Slg Nr 3871/F). Der Beschwerdeführer hat sich im Anschluss an eine betrieblich veranlasste Besprechung rund zwei weitere Stunden im Gasthaus in K zu privaten Zwecken aufgehalten. Ob damit insbesondere der zeitliche und ursächliche Zusammenhang mit dem betrieblichen Geschehen unterbrochen worden ist, braucht im Beschwerdefall nicht erörtert zu werden. Denn die belangte Behörde hat darüber hinaus das Verhalten des Beschwerdeführers als grob fahrlässig angesehen und auch aus diesem Grund die infolge des Unfalles erforderliche außergewöhnliche technische Abnutzung (Buchwertabgang) des PKW steuerlich nicht berücksichtigt. Damit ist die belangte Behörde im Recht. Ob ein Verkehrsunfall betrieblich oder privat veranlasst ist, hängt ua vom Grad des Verschuldens des Lenkers ab. Zwar handelt es sich bei einem - wie im Beschwerdefall - selbst verschuldeten Unfall um ein Fehlverhalten, das nicht durch den Betrieb veranlasst ist. Dieses Fehlverhalten tritt aber als ungewollte Verhaltenskomponente gegenüber dem angestrebten Betriebszweck dann in den Hintergrund, wenn der Verkehrsunfall nicht durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Lenkers verursacht worden ist (vgl das hg Erkenntnis vom 1. Juli 1981, 681/78, Slg Nr 5607/F). Der Beschwerdeführer hat sich im Zeitpunkt des Unfalles grob fahrlässig verhalten, weil er in der Nacht auf einer feuchten, kurvenreichen Landesstraße den PKW mit einer den Straßenverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit (vgl die von der Gendarmerie mit dem Beschwerdeführer und JM aufgenommenen Niederschriften sowie die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung, wonach er im Zeitpunkt des Unfalles den PKW mit rund 70 bis 80 km/h gelenkt habe) in eine scharfe S-Kurve (rechts/links) gelenkt hat, was kausal für den Unfall gewesen ist. Hiezu kommt, dass der Beschwerdeführer durch seinen aus privaten Gründen verlängerten Aufenthalt im Gasthaus in K bis um etwa 02.00 Uhr ein Verhalten gesetzt hat, das geeignet war, seine Fahrtüchtigkeit weiter herabzusetzen. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund des grob fahrlässigen Verhaltens des Beschwerdeführers beim Lenken des PKW zu dem Schluss gelangt ist, die infolge des Unfalles erforderliche außergewöhnliche technische Abnutzung (Buchwertabgang) des PKW sei steuerlich nicht zu berücksichtigen.
Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften in Ansehung der im Zeitpunkt des Unfalles gefahrenen Geschwindigkeit liegt nicht vor, weil der von der belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt im Wesentlichen unbestritten war. Wie in der Beschwerde überdies ausgeführt wird, sei die gewählte Geschwindigkeit offensichtlich zu schnell gewesen, was sich aus dem Unfallgeschehen ergebe. Diese Ausführungen stützen die Ansicht der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Unfalles den PKW viel zu schnell gelenkt hat.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 21. Oktober 1999
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