VwGH 94/15/0159

VwGH94/15/015925.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des H in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 25. Juli 1994, Zl. 271-4/94, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §114;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §114;
FinStrG §82 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, daß er vorsätzlich als Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen für die Monate Februar und März 1992 und für alle Monate des Jahres 1993 eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen in noch festzustellender Höhe bewirkt und diese nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe. Zur strittigen subjektiven Tatseite führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, die Verantwortung des Beschwerdeführers, solange seine Kunden nicht termingerecht Zahlungen an ihn leisteten, könne er auch seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt nicht nachkommen, exkulpiere den Beschwerdeführer nicht nur nicht, sondern unterstreiche geradezu den Verdacht, daß der Beschwerdeführer im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG schuldhaft gehandelt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg cit zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt sich, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung des Strafverfahrens hat sie unter anderem dann abzusehen, wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann oder der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.

Für die auf der Grundlage des § 82 Abs 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. bspw. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zlen. 92/15/0173, 93/15/0132, mwN) folgendes von Bedeutung:

Im Spruch eines Einleitungsbescheides muß das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muß sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt.

Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Er ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, geht es nicht darum - wie es dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebt - schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorweg zu nehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen. Ob der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 f FinStrG vorbehalten (vgl. neben dem schon zitierten Erkenntnis auch das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zlen. 93/14/0020, 0060, 0061, und die dort zitierten Vorerkenntnisse).

Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe aus Ausführungen des Beschwerdeführers im Administrativverfahren zu Unrecht auf das Vorhandensein eines Verschuldens im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG geschlossen. Da er seinen steuerlichen Vertreter in Österreich seinerzeit falsch verstanden habe, könne ihm zum Zeitpunkt der Nichtabgabe der besagten Umsatzsteuervoranmeldungen "keine Wissentlichkeit unterstellt werden". Auch aus anderen Umständen gehe hervor, daß er sich seinerzeit im Irrtum befunden habe.

Diesem Beschwerdevorbringen wird im Finanzstrafverfahren nachzugehen sein. Daraus ergibt sich aber nicht, daß die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nicht dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.

Aus diesen Erwägungen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte