VwGH 94/12/0297

VwGH94/12/02972.7.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der NN in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 15. September 1994, Zl. Präs. K-41/1994-1, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung nach § 46 der Grazer Dienst- und Gehaltsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

DGO Graz 1957 §46 Abs1;
DP §80 Abs2;
DGO Graz 1957 §46 Abs1;
DP §80 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1945 geborene Beschwerdeführerin steht auf Grund des angefochtenen Bescheides in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Sie war der MA 12 - Liegenschaftsverwaltung zur Dienstleistung als Wartefrau in sanitären Anlagen zugewiesen.

Mit Schreiben vom 13. März 1992 suchte die Beschwerdeführerin um Versetzung an. Sie habe sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit ein äußerst schmerzhaftes Rheumaleiden zugezogen. Sie hoffe als Amtsbote oder dergleichen verwendet werden zu können.

In der Folge teilte die MA 12 dem Personalamt mit, der durch eine organisatorische Maßnahme bei den öffentlichen WC-Anlagen sich ergebende Personalüberhang werde für Reinigungsarbeiten in Amtsgebäuden benötigt. Einer Versetzung der Beschwerdeführerin könne deshalb nicht zugestimmt werden.

Im Auftrag des Personalamtes führte das Gesundheitsamt eine Untersuchung der Beschwerdeführerin durch, um zu klären, ob sie gesundheitlich in der Lage sei, ihre bisherige Tätigkeit auszuüben. In seinem Gutachten vom 11. Mai 1992 stellte der Amtsarzt auf Grund der Anamnese, der ihm vorgelegten Fremdbefunde und seiner Untersuchung fest, daß bei der Beschwerdeführerin degenerative Wirbelsäulenveränderungen überwiegend im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich mit rezidivierendem Cervikal- und Lendenwirbelsäulensyndrom vorlägen. Weiters bestehe eine rezidivierende Blasenentzündung und eine chronische Eileiterentzündung sowie ein uterus myomatosus (Muskelwucherungen in der Gebärmutter; eine Operation sei demnächst geplant). Im Vordergrund aller Leiden stehe jedoch das dysthyme Zustandsbild mit rezidivierenden Erschöpfungszuständen und ausgeprägten Kreislaufregulationsstörungen, wobei auch die Wirbelsäulenbeschwerden durch die psychische Minderbelastbarkeit immer wieder verschlimmert werden würden. Diese Minderbelastung sei konstitutionell bedingt und werde durch äußere Faktoren mitbeeinflußt. Als äußere Faktoren seien das private Umfeld sowie der Arbeitsplatz zu nennen. Die Beschwerdeführerin arbeite sehr gern. Die Arbeit sei in ihrem Fall sogar als Therapie zu bezeichnen. Dies treffe aber nur solange zu, als sie sich ihrer Arbeit gewachsen fühle; andernfalls trete der gegenteilige Effekt ein und die Beschwerdeführerin reagiere mit multiplen psycho-somatischen Beschwerden. Auf Grund ihrer Persönlichkeitsstruktur sei die Beschwerdeführerin nur bedingt belastbar. Dies möge auch bei der Auswahl des künftigen Arbeitsplatzes berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführerin bedürfe einer geregelten Arbeitszeit; für Schicht- und "Radel"-Dienste fehle die nötige Flexibilität. Ihre Schlafstörungen würden sich verschlimmern, eine Summe von Beschwerden würde hieraus resultieren. Weiters seien terminlich fixierte Aufgaben sowie Streß ausgesetzte Tätigkeiten (Parteienverkehr) zu meiden. Neben der Hintanhaltung seelisch belastender Faktoren, die sich auf die psycho-somatischen Beschwerden negativ auswirkten, bestünden auch körperliche Einschränkungen. So sollten auf Grund des Wirbelsäulenleidens keine längerfristigen Zwangshaltungen eingenommen und weder schwere Lasten getragen noch gehoben werden. Die Beschwerdeführerin könne sich nach dem Verlust "ihrer Arbeitsstelle" am Burgring eine Tätigkeit als Amtsbote vorstellen. Ob bei dieser Tätigkeit die obangeführten Einschränkungen berücksichtigt werden könnten, könne vom Amtsarzt nicht beurteilt werden. Selbst bei Zuteilung einer "idealen" Arbeitsstelle sei immer wieder mit unter Umständen mehrwöchigen Krankenständen zu rechnen, zumal bereits einmal manifest gewordene Wirbelsäulenbeschwerden "zu rezidiv. Exacerbationen" neigten. Ebensowenig ändere sich die Konstitution und innere Disposition der Beschwerdeführerin, depressiv zu reagieren. Durch einen positiv motivierten Arbeitsplatz könne bestenfalls auf die "Phasenfrequenz" Einfluß genommen werden.

Am 13. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführerin die Gebärmutter entfernt. Nach Beendigung ihres Krankenstandes (8. Mai bis 6. August 1992) führte die MA 12 mit der Beschwerdeführerin zwei Arbeitsversuche durch, sie als Raumpflegerin einzusetzen, die jedoch laut Bericht der Dienststelle an das Personalamt vom 25. August 1992 mißlungen seien (10. August 1992: Einsatz bei einem mobilen Putztrupp;

11. August 1992: zweieinhalbstündiger Einsatz bei der Videothek Sackstraße; Krankenstand: 11. August bis 23. August 1992;

24. August 1992: 9 Stunden Tätigkeit im Amtshaus; 25. August bis 8. September 1992: Krankenstand). Die Beschwerdeführerin sei anscheinend auf Grund ihres schlechten Gesundheitszustandes nicht in der Lage, Reinigungsarbeiten durchzuführen.

Am 18. Oktober 1992 erlitt die Beschwerdeführerin an ihrem Arbeitsplatz einen Kollaps; sie befand sich in der Folge vom 19. Oktober 1992 bis 21. Jänner 1993 im Krankenstand.

Nach dem Bericht der "Neurologischen Universitätsklinik Graz" vom 19. Oktober 1992 sei es bei der Beschwerdeführerin etwa im 10. Lebensjahr einmal zu einem Bewußtlosigkeitszustand gekommen. Nach Beschwerdefreiheit seien seit dem 24. Lebensjahr mehrmals Zustände, die mit allgemeiner Mattigkeit, Kribbeln und "komischem Gefühl" im Mund begännen, aufgetreten. In der Folge sei es für wenige Sekunden zur Bewußtlosigkeit gekommen, angeblich nicht zu Krämpfen, zu keinem Zungenbiß, danach zu vermehrtem Harn- und Stuhldrang. Im EEG sei ein Herdbefund links mit steilen Potentialen und interponierten generalisierten hypersynchronen Potentialen festgestellt worden. Es bestehe der Verdacht eines Anfalleidens.

In der Folge beauftragte der Magistrat der Landeshauptstadt Graz den Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. L, ergänzend zu den bisherigen amtsärztlichen Gutachten festzustellen, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführerin auf Grund ihrer körperlichen und geistigen Verfassung zumutbar seien und ab wann mit einem Arbeitsversuch gerechnet werden könne.

In seinem Gutachten vom 14. Jänner 1993 führte Dr. L (nachdem er im Abschnitt "Anamnestische Angaben" auf eine depressive Krise der Beschwerdeführerin im Jahr 1981 im Rahmen einer psychogen bedingten Depressivität und persönlichen Schwierigkeiten und einer neuerlichen neurologischen Behandlung und Observanz wegen eines reaktiv-depressiven Verstimmungszustandes seit Juni 1991 und kollapsartige Zustände hingewiesen hatte) unter anderem aus, eine organische Ursache der Anfälle der Beschwerdeführerin könne durch ein Schädel-CT vom 23. November 1992 ausgeschlossen werden. Insgesamt sei derzeit die Diagnose eines epileptiformen Geschehens noch nicht gesichert. Es könnte sich differential diagnostisch auch um vaso-vegetative Störungen im Rahmen eines psycho-vegetativ-labilen Zustandes und im Rahmen einer neurasthenischen Persönlichkeitsstruktur handeln. Eine iktafine Konstitution sei jedoch anzunehmen. Der unmittelbare neurologische Status am 18. November 1992 ergebe im Hirnnervenbereich keine Ausfälle, Halbseitensymptome seien nicht nachweisbar. Der Extremitätenstatus ergebe gesteigerte Muskeleigenreflexe, jedoch nicht seitengleich. Die Untersuchung der Wirbelsäule ergebe Hinweise auf eine beginnende degenerative Erkrankung im HWS-Bereich, endlagiger Bewegungseinschränkung, vor allem bei Bewegungen und Drehbewegungen nach rechts. Lasegue"sches Zeichen negativ. Finger/Bodenabstand 10 cm; Sensibilitätsstatus: Unauffällig. Am Tage der Untersuchung mäßiger Druck/Klopfschmerz im Scheitelbereich. Koordinationsstörungen ebenfalls unauffällig. An- und Ausziehen gelinge problemlos. Zeichen einer ausgeprägten nervösen Kachexie seien nicht mehr nachweisbar.

In psychiatrischer Hinsicht finde sich folgendes Bild:

"Bewußtseinsklare Patientin, persönlich, zeitlich und örtlich voll orientiert, die Gedankenabläufe erscheinen umständlich perseverierend, die Stimmungslage depressiv, klagsam, hypochondrisch bis depressiv. Psychotische Symptome im Sinne paranoid-halluzinanter Erlebnisweisen sind nicht nachweisbar, Suizidtendenzen ebenfalls nicht nachweisbar.

Im Persönlichkeitsbild konstitutionell bedingte Bereitschaft zu rascher Ermüdbarkeit, Erschöpfbarkeit, Antriebsschwäche im Sinne einer sogenannten neurasthenischen Persönlichkeitsstruktur."

Dr. L gelangte zu folgendem zusammengefaßten neuropsychiatrischen Gutachten:

"Bei der Untersuchten finden sich derzeit keine schwerwiegend neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen. Die Hauptbeschwerden beziehen sich auf die konstitutionell bedingten Schwächezustände und auf eine möglicherweise iktafine Konstitution. Somit ergibt sich folgendes Leistungskalkül: Der Untersuchten wären aus neuropsychiatrischer Sicht schwere Hebearbeiten nicht mehr zumutbar. Mittelschwere und leichte körperliche Arbeiten sind weiterhin denkbar. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten aufgrund der Anfallsneigung nicht mehr möglich. Steighilfen könnten jedoch verwendet werden. Ferner scheiden Akkordarbeiten oder Arbeiten, die ein forciertes Arbeitstempo verlangen, aus.

Darüber hinaus wäre auf einen geregelten Arbeitsrhythmus zu achten, Nachtarbeit aufgrund der Beschwerden und Symptome nicht mehr möglich. Bei Schichtarbeit könnte die Arbeit höchstens bis 22.00 Uhr durchgeführt werden, danach müßte auf Nachtruhe geachtet werden.

Darüber hinaus wäre auf gute Belüftung der Arbeitsräume zu achten. Stickige Luft, stärkere Geruchsentwicklung oder Einflüsse von Chemikalien wären aufgrund der iktafinen Konstitution zu vermeiden.

Eine Belastung, wie sie mit der Wartung und Pflege von WC-Anlagen verbunden ist, scheidet aus neuropsychiatrischer Sicht für die Untersuchte aus. Sonst wäre sie ihren Eigenschaften entsprechend unterweisbar, umstellbar und auch anlernbar, berücksichtigt man die Tatsache, daß die Untersuchte einen abgeschlossenen Lehrberuf absolviert hatte (Herrenschneiderei).

Unter den gegebenen Einschränkungen des Leistungskalküls wäre die Untersuchte ab sofort als arbeitsfähig zu bezeichnen, zumal ein manifestes Anfallsleiden zwischenzeitlich ausgeschlossen werden konnte."

In der Folge befand sich die Beschwerdeführerin ab 25. Jänner bis 3. Februar 1993 und ab 4. Februar 1993 auf Dauer im Krankenstand.

Im Bericht der Neurologischen Universitätsklinik vom 4. Februar 1993 wurde der Verdacht geäußert, die Beschwerdeführerin leide an generalisierter Epilepsie. Außerdem wurde am 8. Februar 1993 ein Langzeit-EEG-Befund aufgenommen. Auffällig sei demnach das Auftreten von "epileptischen Foci re. temporal" im Wachzustand gewesen.

Im Bericht der Neurologischen Universitätsklinik vom 7. Juni 1993 ist festgehalten, daß es seit der letzten Untersuchung der Beschwerdeführerin zu einem Bewußtlosigkeitsanfall gekommen sei. Auf Grund des EEG lautete die Diagnose:

"Generalisierte, vermutlich primäre Epilepsie"

Wegen der Zunahme des Herdbefundes wurde eine Magnet-Resonanz (MR)-Untersuchung des Schädels angeregt.

Der MR-Befund wurde am 24. Juni 1993 erstellt.

Laut einer vom Personalamt erstellten Niederschrift vom 5. Juli 1993 wurde der über Vorladung erschienenen Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, daß sie auf Grund des neuropsychiatrischen Gutachtens Dris. L vom 14. Jänner 1993 als arbeitsfähig - unter gewissen Einschränkungen - anzusehen sei. Die Beschwerdeführerin habe auf ihre Versuche hingewiesen, andere Tätigkeiten wie z.B. im Stadtgartenamt, Beschäftigungsamt, Altersheim usw., zu finden. Außerdem habe sie sich um eine Stelle als Amtsbote beworben. Überall sei ihr gesagt worden, diese Tätigkeiten seien zu schwer für sie bzw. sei sie auf später vertröstet worden. Sie sei bereit, eine neue Tätigkeit zu verrichten, soweit ihr dies gesundheitlich möglich sei. Außerdem legte die Beschwerdeführerin den Befund der Neurologischen Universitätsklinik vom 7. Juni 1993 vor; sie gab an, Anfälle in Abständen von ca. zwei Monaten zu haben, dann jedoch oft mehrere Male hintereinander.

Hierauf ersuchte das Personalamt Dr. L um eine ergänzende Stellungnahme zu folgenden Fragen:

  1. "1.) Hat sich im körperlichen und geistigen Zustand der Genannten gegenüber dem Vorgutachten sowie unter Berücksichtigung der beigeschlossenen EEG-Befunde eine wesentliche Änderung ergeben?

  1. 2.) Ist Frau NN aufgrund des derzeitigen Gesundheitszustandes als dienstfähig zu bezeichnen?

    Welche Tätigkeiten könnte sie verrichten?

  1. 3.) Falls die Genannte derzeit nicht in der körperlichen und geistigen Verfassung ist, eine Tätigkeit zu verrichten, wann ist mit dem Wiedererlangen der Dienstfähigkeit zu rechnen?

  1. 4.) Ist mit einer Besserung des bestehenden Leidens noch zu rechnen oder ist dieses Leiden als Dauerzustand zu betrachten?

Sollte die Genannte aufgrund des bestehenden Leidens dauernd dienst- und zu einem zumutbaren Erwerb unfähig sein, wird weiters ersucht bekanntzugeben, aufgrund welcher Krankheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit besteht und in welchem Ausmaß eine solche festzustellen ist."

Diese Fragen beantwortete Dr. L in seinem Ergänzungsgutachten vom 5. August 1993 wie folgt:

"1) Aufgrund des nunmehr beigelegten Langzeit-EEG-Befundes vom 8.2.1993 hat sich offensichtlich die Anfallsneigung verstärkt. Es finden sich epileptische Herde im rechten Schläfenbereich im Wachzustand. Eine Dauertherapie mit Tegretol-400 mg 2x1 wurde weiterhin vorgeschlagen. Die Anfallsneigung, die Neigung zu Dämmerattacken und die iktafine Konstitution wurden bereits im Vorgutachten festgehalten. Bezüglich der Anfallsneigung hat sich offensichtlich eine Verschlechterung eingestellt.

2) Es ergeben sich gegenüber dem Vorgutachten und der Voraussetzung einer guten Kooperation und getreuen Medikamenteneinnahme keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des klinischen Zustandsbildes. Das Tätigkeitsprofil ändert sich aus neuropsychiatrischer Sicht derzeit noch nicht.

3) Eine Diensttauglichkeit bzw. Dienstfähigkeit ist weiterhin gegeben, jedoch zu relativieren, da Persönlichkeitsstörungen und dadurch bedingte Beeinträchtigungen ebenfalls vorliegen, d. h. es finden sich auch Hinweise auf eine allgemeine Antriebsschwäche im Sinne einer Neurasthenie. Diese konstitutionelle Schwäche ist durch eine Therapie nicht zu beheben und bedingt voraussichtlich langzeitliche Krankenstände. Diese würden vor allem durch eine Überforderungssituation, die auch rein subjektiv von der Untersuchten bewertet wird, provoziert werden und kann mit großer Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, daß auf jedwedem Arbeitsplatz derartige Provokationen stattfinden würden, da die Belastbarkeit der Untersuchten insgesamt als äußerst minimal zu bezeichnen ist.

4) Mit einer Besserung des bestehenden Leidens ist aufgrund der konstitutionellen Komponente eher nicht zu rechnen. Das Leiden selbst und auch die Nervenschwäche ist als Dauerzustand zu betrachten.

Zur Frage einer prozentuellen Minderung der Erwerbsfähigkeit kann festgehalten werden, daß aufgrund der verminderten Leistungsfähigkeit und der Anfallsneigung bei inzwischen verifizierten epileptischen Leiden eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 40 % anzunehmen ist."

Mit Schreiben vom 6. September 1993 teilte das Personalamt der Beschwerdeführerin mit, auf Grund von Sachverständigen-Gutachten vom 14. Jänner und 5. August 1993 sei festgestellt worden, daß sie die für den Gemeindedienst erforderliche gesundheitliche Eignung nicht besitze. Die Beschwerdeführerin werde daher gemäß § 46 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz (im folgenden DO Graz) ersucht, innerhalb Monatsfrist ihre Versetzung in den dauernden Ruhestand zu beantragen, andernfalls sie von Amts wegen mit Ablauf des 30. November 1993 in den dauernden Ruhestand versetzt werden würde.

Laut einem Aktenvermerk vom 5. November 1993 legte die Beschwerdeführerin Anfang Oktober eine ärztliche Bestätigung des Facharztes für Innere Medizin Dr. P vor. Demnach leide sie an einer generalisierten vermutlich primären Epilepsie (Hinweis auf diverse Befunde der Neurologischen Universitätsklinik Graz). Gleichzeitig mit dem Anfallsleiden sei es zu einer Netzhautablösung links gekommen, die der Augenfacharzt Dr. F mit Laserkoagulaten abgeriegelt habe. Es bestehe auch der Verdacht auf eine beginnende Netzhautabhebung rechts.

Unter Hinweis auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde der Fachärzte für Augenheilkunde Dr. F und Dr. Le sowie des Facharztes für Innere Medizin Dr. P wurde in der Folge das Gesundheitsamt um eine Neueinschätzung der MdE ersucht.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1993 teilte das Gesundheitsamt der Dienstbehörde erster Instanz mit, auf Grund der vorliegenden Leiden

  1. 1. generalisierte, vermutlich primäre Epilepsie;
  2. 2. Zustand nach Laserkoagulation bei peripherer

    Retinoschises;

  1. 3. degenerative Wirbelsäulenveränderung und
  2. 4. depressives Zustandsbild

    ergebe sich bei der Beschwerdeführerin eine MdE von 50 v.H. Das Gesundheitsamt wies ausdrücklich darauf hin, die MdE sei nach den Richtlinien des Invalideneinstellungsgesetzes (nunmehr: BEinstG) beurteilt worden. Diese Beurteilung habe in einem Gutachten betreffend Berufs-, Erwerbs- oder Dienstunfähigkeit keine Relevanz, da die sogenannte MdE nicht die reale Minderung der Leistungsfähigkeit, einem Erwerb nachzugehen, bezeichne.

    Mit Bescheid vom 11. Februar 1994 versetzte der Stadtsenat die Beschwerdeführerin gemäß § 46 Abs. 1 DO Graz mit Ablauf des 28. Februar 1994 in den dauernden Ruhestand. Gleichzeitig wurde der Ruhegenuß der Beschwerdeführerin bemessen; die Bemessung bzw. Zuerkennung einer allfälligen Ruhegenußzulage wurde einer gesonderten Entscheidung vorbehalten. Dieser Bescheid enthält keine Begründung.

    In ihrer Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf die mit ihr im Juli 1993 aufgenommene Niederschrift. Danach habe man sie davon in Kenntnis gesetzt, daß sie auf Grund des ärztlichen Gutachtens arbeitsfähig sei, dies allerdings nur unter bestimmten Arbeitsbedingungen. Sie habe sich mehrfach bemüht, eine Tätigkeit im Bereich des Magistrats zu finden, die mit ihrem Gesundheitszustand vereinbar sei, da es nicht in ihrem Interesse liege, in den dauernden Ruhestand versetzt zu werden. Sie wünsche sich nach wie vor, daß ihr ein Arbeitsplatz zugeteilt werde, auf dem sie zur Zufriedenheit des Dienstgebers und unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes ordentliche Arbeit leisten könne.

    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. September 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und versetzte sie gemäß § 46 Abs. 1 DO Graz mit Ablauf des 30. September 1994 in den dauernden Ruhestand. Die Ruhegenußbemessung obliege der Behörde erster Instanz. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, die Voraussetzungen für die Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin seien gegeben. Sie sei bis zu ihrer Ruhestandsversetzung der MA 12 - Liegenschaftsverwaltung als Raumpflegerin zur Dienstleistung zugeteilt gewesen. Aus dem neuropsychiatrischen Gutachten Dris. L vom 14. Jänner 1993 gehe hervor, daß bei der Beschwerdeführerin erstmals im Jahr 1981 eine depressive Krise im Rahmen einer psychogen bedingten Depressivität aufgetreten sei. Seit dem Juni 1991 habe sich eine neuerliche neuropsychiatrische Behandlung und Observanz ergeben, wobei es sich wieder um das Bild eines reaktiv-depressiven Verstimmungszustandes mit psychovegetativer Entgleisung, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und mit Vorgesetzten gehandelt habe. In körperlicher Hinsicht sei es im Juni 1991 zu kollapsartigen Zuständen gekommen. Nach Behandlung sei im Juli 1991 ein Arbeitsversuch der Berufungswerberin geplant worden. Anläßlich einer neuerlichen neuropsychiatrischen Untersuchung am 7. August 1992 sei bekannt geworden, daß sich die Beschwerdeführerin schon seit Februar 1992 in dauerndem Krankenstand befunden habe. Der Belastung als Toilettenfrau am Hauptplatz sei sie nicht mehr gewachsen gewesen. Am 13. Mai 1992 sei die operative Entfernung der Gebärmutter erfolgt. Seit dieser Zeit bestehe eine anhaltende psychovegetative Entgleisung, Durchschlafstörungen, nächtliches Schwitzen, allgemeines Schwächegefühl und Antriebsschwäche. Auf Grund ihres psychischen und physischen Zustandsbildes habe die Beschwerdeführerin um Versetzung angesucht und eine leichtere Arbeit angestrebt. Seit einer neuerlichen Untersuchung am 18. November 1992 klage die Beschwerdeführerin über Hörminderung, zeige eine Reihe funktioneller Beschwerden und neuerlich Verdacht auf Anfälle.

    Bereits am 18. Oktober 1992 sei die Beschwerdeführerin in ihrer Dienststelle mit einem Schwindelgefühl zusammengebrochen und habe Schmerzen im Scheitelbereich sowie im Oberkörper verspürt, wonach nach ihren Angaben bisher drei derartige Anfälle aufgetreten seien. Die Beschwerdeführerin sei am 18. Oktober 1992 zur Abklärung der Anfallsursachen in die IV. Medizinische Abteilung des LKH Graz eingeliefert worden, wobei aus einem Befund vom 19. Oktober 1992 seitens der Neurologischen Universitätsklinik im EEG ein Herdbefund festgestellt worden sei. Durch einen Tomographiebefund vom 22. November 1992 habe eine organische Ursache der Anfälle ausgeschlossen werden können. Zusammenfassend ergebe sich aus dem vorliegenden Gutachten, daß die Beschwerdeführerin derzeit an keinen schwerwiegenden neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen leide. Die Hauptbeschwerden bezögen sich auf die konstitutionell bedingten Schwächezustände. Aus neuropsychiatrischer Sicht seien der Beschwerdeführerin schwere Hebearbeiten nicht mehr zumutbar, jedoch sei mittelschwere leichtere Arbeit weiterhin denkbar. Eine Belastung, wie sie mit der Wartung und Pflege von WC-Anlagen verbunden sei, scheide aus neuropsychiatrischer Sicht für die Beschwerdeführerin aus. Aus den Ergänzungsgutachten der Neurologischen Univ.Klinik Graz vom 21. Dezember 1992 und 10. Februar 1993 ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin an primärer Epilepsie leide. Auf Grund der gutachtlich festgestellten Leiden der Beschwerdeführerin habe es dementsprechend arbeitsmäßige Schwierigkeiten gegeben. So sei in einem Schreiben der Liegenschaftsverwaltung vom 25. August 1992 dem Personalamt mitgeteilt worden, daß die Beschwerdeführerin in keiner Weise den dienstlichen Anforderungen entspreche und ein Versuch, sie nach einem Krankenstand in der Zeit vom 11. bis 23. August 1992 im Amtshaus zu integrieren, mißlungen sei. Die Beschwerdeführerin sei auf Grund ihres schlechten Gesundheitszustandes nicht in der Lage, Reinigungsarbeiten durchzuführen. In einer im Personalamt aufgenommenen Niederschrift vom Juli 1993 sei der Beschwerdeführerin auf Grund des bereits zitierten Gutachtens vom 14. Jänner 1993 zur Kenntnis gebracht worden, daß sie als arbeitsfähig unter gewissen Einschränkungen zu betrachten sei. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, daß sie selbst versucht habe, andere Aufgaben beispielsweise im Stadtgartenamt, im Beschaffungsamt oder im Pensionistenheim zu finden, doch sei sie stets auf spätere Zeitpunkte vertröstet worden. Die krankheitsbedingten Anfälle habe sie im Abstand von ca. zwei Monaten, dann jedoch mehrere Male hintereinander. Im Ergänzungsgutachten Dris. L vom 5. August 1993 sei ersichtlich, daß sich auf Grund des EEG-Befundes vom 8. Februar 1993 die Anfallsneigung der Beschwerdeführerin verstärkt habe und sich epileptische Herde im rechten Schläfenbereich befänden. Eine Diensttauglichkeit der Beschwerdeführerin sei grundsätzlich weiterhin gegeben, jedoch zu relativieren, da Persönlichkeitsstörungen und dadurch bedingte Beeinträchtigungen ebenfalls vorlägen, d.h. es fänden sich Hinweise auf allgemeine Antriebsschwäche im Sinne einer Neurasthenie. Diese konstitutionelle Schwäche sei durch eine Therapie nicht zu beheben und bedinge voraussichtlich langzeitige Krankenstände. Die Belastbarkeit der Beschwerdeführerin sei insgesamt als äußerst minimal zu bezeichnen. Mit einer Besserung des bestehenden Leidens sei auf Grund der konstitutionellen Komponente eher nicht zu rechnen, das Leiden selbst sei auch die Nervenschwäche, welche als Dauerzustand zu betrachten sei. Im Hinblick auf diese Sachverständigengutachten vom 14. Jänner und 5. August 1993 sei die Beschwerdeführerin mit Schreiben des Personalamtes vom 6. September 1993 gemäß § 46 Abs. 3 DO Graz aufgefordert worden, nach Monatsfrist ihre Versetzung in den dauernden Ruhestand zu beantragen. Am 6. Oktober 1993 habe die Beschwerdeführerin eine ärztliche Bestätigung des Facharztes für Innere Medizin, Dr. P, vom 3. Oktober 1993 vorgelegt, aus der ersichtlich sei, daß sie laut einem Bericht der Neurologischen Universitätsklinik Graz und dem Befund betreffend ein Langzeit-EEG von Univ.Prof.Dr. L an einer generalisierten vermutlich primären Epilepsie leide. Im Gehirnschädel handle es sich um eine mäßige Atrophie des Gehirns. Gleichzeitig mit dem Anfallsleiden sei auch eine Netzhautablösung links aufgetreten, welche der Augenfacharzt Dr. F mit 218 Argon/Laserkoagulation abgeriegelt habe. Es bestehe auch der Verdacht auf eine beginnende Netzhautablösung rechts, sodaß weitere augenfachärztliche Kontrollen vorgesehen worden seien. Aus dem Attest des Facharztes für Augenheilkunde Dr. Le vom 3. November 1993 gehe hervor, daß bei der Beschwerdeführerin ein Zustand nach einer Lasertherapie des linken Auges sowie eine Degeneration des rechten Auges bestehe. In der zusammenfassenden Beurteilung des Gesundheitsamtes vom 9. Dezember 1993 würden folgende Leiden der Beschwerdeführerin festgestellt:

  1. 1. Generalisierte, vermutlich primäre Epilepsie;
  2. 2. Zustand nach Laserkoagulation bei peripherer

    Retinoschisis,

  1. 3. degenerative Wirbelsäulenveränderungen sowie
  2. 4. depressives Zustandsbild,

    was eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H. darstelle. Abschließend werde darauf verwiesen, daß eine über mehrere Jahre sich erstreckende medizinische Begutachtung der Beschwerdeführerin in Verbindung mit den durchgeführten Arbeitsversuchen ergeben habe, daß mit Rücksicht auf die Irreversibilität der Leiden die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit der Beschwerdeführerin ausgeschlossen sei und daher nach erfolgter Aufforderung um Versetzung in den dauernden Ruhestand anzusuchen, die formalen Voraussetzungen nach § 46 Abs. 1 und 3 DO Graz gegeben seien. Mit Rücksicht auf die lange Dauer der Nichtverwendungsfähigkeit der Beschwerdeführerin und die Objektivität der Begutachtung habe ein Überschreiten des nach der genannten Gesetzesstelle gegebenen Ermessensspielraumes nicht festgestellt werden können.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Gemäß § 44 lit. b der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Gemeinde Graz, LGBl. Nr. 30/1957 (Wiederverlautbarung), in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 26/1961 - im folgenden DO Graz - verfügt der Stadtsenat die Versetzung in den dauernden Ruhestand von Amts wegen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46.

    Nach § 46 Abs. 1 DO Graz können u.a. Beamte, die dienstunfähig sind und bei denen die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen ist, auch von Amts wegen in den dauernden Ruhestand versetzt werden.

    Eine amtswegige Versetzung in den Ruhestand ist nach Abs. 3 dieser Bestimmung erst auszusprechen, wenn der Beamte innerhalb Monatsfrist nach Aufforderung seine Versetzung in den dauernden Ruhestand nicht beantragt hat.

    Eine amtswegige Versetzung eines Beamten der Landeshauptstadt Graz in den Ruhestand darf demnach erst dann ausgesprochen werden, wenn nach § 46 Abs. 1 und 3 DO Graz feststeht, daß

  1. 1. er dienstunfähig ist,
  2. 2. die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen

    ist und

    3. er trotz Aufforderung der Dienstbehörde nicht selbst innerhalb der in § 46 Abs. 3 leg. cit. genannten Frist die Versetzung in den dauernden Ruhestand beantragt hat.

    Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung der Dienstbehörde einen Antrag auf Ruhestandsversetzung nicht gestellt hat. Sie bestreitet jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die beiden erstgenannten Tatbestandsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 1 DO Graz erfüllt seien. Im Beschwerdefall lägen keine fachärztlichen Atteste vor, wonach die Beschwerdeführerin dienstuntauglich sei; insbesondere gelte dies für die beiden Gutachten Dris. L. Es bleibe auch unerfindlich, wie die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen sei, die Leiden der Beschwerdeführerin seien "irreversibler Natur". Sie sei durchaus arbeitsfähig und habe ihre grundsätzliche Arbeitswilligkeit auch immer gegenüber ihrem Dienstgeber bekundet. Zwar befinde sie sich wegen ihrer - zugegebenermaßen leider tatsächlich teilweise auch noch heute bestehenden - Beschwerden psychogener Natur in fachärztlicher Behandlung. Da diese Behandlungen zwischenzeitig sogar schon teilweise nachweisliche Besserungen mit sich gebracht hätten, hätte die belangte Behörde ohne ein diesbezügliches fachärztliches Gutachten nicht davon ausgehen dürfen, daß - sofern sie überhaupt derzeit tatsächlich gänzlich dienstunfähig wäre - mit einer Wiedererlangung ihrer Dienstfähigkeit nicht zu rechnen sei. Die zusammenfassende Beurteilung durch das Gesundheitsamt vom 9. Dezember 1993 komme zu einem in fachärztlicher Hinsicht auch nicht richtigen Ergebnis. Abgesehen davon, daß diese Stellungnahme vom 9. Dezember 1993 der Beschwerdeführerin niemals im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden sei, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, eine zusammenfassende Beurteilung durch einen entsprechenden Facharzt (aus dem Fach der Psychiatrie und Neurologie) einzuholen.

    Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

    Die DO Graz, für deren dienstrechtliche Bestimmungen offenkundig die Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 15/1914, als Vorbild gedient hat, enthält - ebensowenig wie diese - eine Definition des Begriffes "dienstunfähig".

    Da die DO Graz - anders als § 80 Abs. 2 DP, der für die amtswegige Versetzung in den dauernden Ruhestand die bleibende Unfähigkeit des Beamten, SEINEN DIENSTPOSTEN ordnungsgemäß zu versehen - keinen Bezug zum konkreten Arbeitsplatz (Dienstposten), den der Beamte zuletzt innehatte, herstellt, liegt Dienstunfähigkeit im Sinne des § 46 Abs. 1 DO Graz erst dann vor, wenn der Beamte unfähig ist, irgendeinen Dienstposten (Arbeitsplatz) des Dienstzweiges und der Verwendungsgruppe, dem er angehört (vgl. dazu § 68 DO Graz, insbesondere die gemäß Abs. 6 dieser Bestimmung ergangene Verordnung des Gemeinderates) ordnungsgemäß zu versehen.

    Die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Ausschlusses der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nach § 46 Abs. 1 DO Graz ist der BLEIBENDEN Dienstunfähigkeit im Sinne der DP gleichzuhalten.

    Die beiden Tatbestandsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 1 DO Graz sind daher dann erfüllt, wenn Umstände vorliegen, die die Eignung des Beamten zur Versehung seines Dienstes (im obgenannten Sinn) dauernd aufheben.

    Ob dies der Fall ist, stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen für die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums der Dauerhaftigkeit zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zugrundegelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu überprüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen.

    Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, von den beiden Gutachten Dris. L, auf die die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im wesentlichen gestützt hat, im Verwaltungsverfahren ausreichend Kenntnis erlangt zu haben. Ihr Vorwurf, die belangte Behörde hätte daraus nicht den Schluß ziehen dürfen, die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 1 DO Graz lägen im Beschwerdefall vor, trifft jedoch nicht zu. Abgesehen davon, daß es dem Gutachter - wie oben dargelegt - nicht zukommt, anstelle der Dienstbehörde die maßgebenden Rechtsfragen zu lösen, hat Dr. L seine Aussagen zur Diensttauglichkeit der Beschwerdeführerin in seinem Ergänzungsgutachten vom 5. August 1993 (vgl. insbesondere dessen Punkte 3. und 4. - ausgehend von den bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Leiden soweit relativiert, daß die demnach bei ihr bestehende konstitutionelle Schwäche zu einer äußerst geringen Belastbarkeit auf jedem Arbeitsplatz führe, und die Ursache dieses Zustandes nicht als durch eine Therapie behebbar bezeichnet. Diesen durch zahlreiche Befunde verschiedener Ärzte abgesicherten und schlüssigen Aussagen ist die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten. Sie hat auch im Verwaltungsverfahren niemals vorgebracht, daß sich in der Zwischenzeit ihr Zustand so erheblich verbessert hätte, daß sie - bei objektiver Betrachtung - als wieder dienstfähig angesehen werden könnte. Die subjektive Bereitschaft zu arbeiten kann die fehlende objektive Eignung nicht ersetzen.

    Die Beurteilung eines Sachverständigenbeweises seitens der belangten Behörde im Rahmen der von ihr ausgeübten freien Beweiswürdigung ist der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur insoweit unterworfen, als es sich um Tatsachenfeststellungen handelt, die sich auf aktenwidrige Annahmen gründen, auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder die in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sind. Vor dem Hintergrund dieser Grenzen für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof konnte sich jedoch die belangte Behörde unbedenklich insbesondere auf die Gutachten Dris. L stützen und das Vorliegen der beiden Tatbestandsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 1 DO Graz bejahen, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, ein weiteres Gutachten eines Facharztes erstellen zu lassen. Bei diesem Verfahrensergebnis kann auch von vornherein kein anderer Dienstposten innerhalb des Dienstzweiges und der Verwendungsgruppe der Beschwerdeführerin in Betracht kommen, da sich ihre Dienstunfähigkeit nicht nur auf einem bestimmten Arbeitsplatz auswirkt oder sich nur in der Unfähigkeit, konkrete Tätigkeiten wahrzunehmen, äußert, sondern die Überforderungssituation mit jedem (rechtlich in Betracht kommenden) Arbeitsplatz verbunden ist.

    Was die Rüge der Verletzung des Parteiengehörs im Zusammenhang mit der zusammenfassenden Beurteilung des Gesundheitsamtes vom 9. Dezember 1993 betrifft, trifft dieser Vorwurf zwar zu. Diese Stellungnahme geht aber über eine Zusammenfassung der unbestritten bei der Beschwerdeführerin gegebenen Leidenszustände nicht hinaus. Was die dort vorgenommene Neueinschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (im Sinne des Behinderten-Einstellungsgesetzes) betrifft, so kommt ihr allenfalls die Bedeutung eines Hinweises dafür zu, daß die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 1 DO Graz gegeben sein könnten; keinesfalls kann aus der MdE, für deren Ermittlung nach dem BEinStG andere rechtliche Gesichtspunkte maßgebend sind, zwingend auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 1 DO Graz geschlossen werden. Dies ergibt sich auch nicht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, sodaß diese Verfahrensrüge im Ergebnis ins Leere geht.

    Die Beschwerdeführerin rügt ferner, die belangte Behörde habe das ihr in § 46 Abs. 1 DO Graz eingeräumte Ermessen nicht richtig ausgeübt. Dies deshalb, weil sie die Beschwerdeführerin, die selbst durchaus arbeitswillig sei, einfach in "Zwangspension" geschickt habe. Eine solche "Zwangspensionierung" bedeute für die Beschwerdeführerin nicht bloß größere finanzielle Einbußen: Sie entziehe ihr auch ihr bisheriges Tätigkeitsfeld, was sich nicht günstig auf ihre Beschwerden psychogener Natur auswirken würde (allfällige Verstärkung psychogener Verstimmungsbilder; Depression infolge "Entzuges" der Beschäftigung; Minderwertigkeitsgefühl; Gefühl des "Unnützseins" usw.). Bei einer rechtsrichtigen Ausübung des Ermessens hätte die belangte Behörde im Zweifel die Beschwerdeführerin nicht in den dauernden Ruhestand versetzen dürfen. Sie habe diese für die Ermessensübung relevanten Umstände nicht hinreichend erörtert. Lediglich im letzten Absatz ihrer Begründung habe sie lapidar festgestellt, daß eine Überschreitung des Ermessensspielraumes nicht gegeben sei.

    Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

    Aus der Sicht des Beschwerdefalles kann dahingestellt bleiben, ob das Wort "kann" in § 46 Abs. 1 DO Graz bei der amtsfähigen Ruhestandsversetzung der Dienstbehörde überhaupt eine Ermessensentscheidung ermöglicht, zumal ein Beamter auf Grund seines Antrages gemäß § 44 lit. a in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Satz 1 DO Graz bei Vorliegen der gleichen Tatbestandsvoraussetzungen wie nach § 46 Abs. 1 leg. cit. einen Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand hat (§ 45 Abs. 1 Satz 1 DO Graz in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet:

    "Der Beamte hat Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand, wenn er dienstunfähig und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit ausgeschlossen ist.")

Aber auch dann, wenn § 46 Abs. 1 DO Graz zur Ermessensübung ermächtigen sollte, läge es grundsätzlich nicht im Sinne des Gesetzes, einem Beamten, dem auf Grund seines Zustandes auf Dauer die Fähigkeit mangelt, die üblichen (normalen) Aufgaben seines Dienstes ohne Verschlechterung seines Gesundheitszustandes oder ohne Hinnahme einer objektiv unzumutbaren Unbill (z.B. dauernde Schmerzen) wahrzunehmen, im Dienststand zu belassen. Außergewöhnliche Umstände, die allenfalls im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstgebers ein Abweichen von diesem Grundsatz zuließen, liegen im Beschwerdefall nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor: Die Arbeitswilligkeit der Beschwerdeführerin allein reicht hiefür nicht aus. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte "therapeutische Effekt" ihrer Beschäftigung wurde im Verwaltungsverfahren geprüft und ist nach dem unbedenklichen Ergänzungsgutachten Dris. L vom August 1993 auszuschließen. Die im Regelfall mit einer amtswegigen "Frühpensionierung" wegen dauernder Dienstunfähigkeit verbundenen finanziellen Auswirkungen werden durch die Zurechnungs- bzw. Bemessungsregeln des § 52 Abs. 2 Dienstordnung Graz in der Fassung LGBl. Nr. 126/1968 bei der Ruhegenußbemessung berücksichtigt. Die (trennbare) Festsetzung des Ruhegenusses hat die belangte Behörde der Entscheidung der Dienstbehörde erster Instanz vorbehalten; dies hat die Beschwerdeführerin nicht bekämpft.

Mangels Vorliegens außergewöhnlicher Umstände war es daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde - offenkundig vom Regelfall ausgehend - in der Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin wegen dauernder Dienstunfähigkeit (sofern überhaupt eine Ermessensentscheidung zu treffen ist) keine Überschreitung des Ermessensspielraumes angenommen hat.

Die Beschwerde erweist sich daher aus diesen Gründen als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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