VwGH 94/12/0254

VwGH94/12/025422.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. F in K, vertreten durch Dr. S., Rechtsanwalt in W, gegen den Stadtsenat der Stadt Krems an der Donau wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit ärztlicher Sondergebühren nach § 45 NÖ KAG, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §22;
KAG NÖ 1974 §45;
UStG 1972 §2 Abs6;
EStG §22;
KAG NÖ 1974 §45;
UStG 1972 §2 Abs6;

 

Spruch:

Dem Beschwerdeführer ist als Primararzt für die Behandlung von Sonderklasse-Patienten, deren Abrechnung auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 57 Abs. 1 NÖ KAG mit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) oder der Versicherungsanstalt der Eisenbahner (VA) erfolgt, für den Zeitraum von Juli 1987 bis einschließlich Dezember 1994 nach § 45 Abs. 1 lit. b NÖ KAG ein Gesamtbetrag (vor Aufteilung auf die nachgeordneten Ärzte) für BVA-Patienten von S 6,144.506,-- und für VA-Patienten von S 2,538.624,-- (insgesamt S 8,683.130,--) zu verrechnen. Im Hinblick auf die bereits bisher erfolgte Aufteilung der als ärztliches Honorar für den Beschwerdeführer als Primararzt in Frage kommenden Sondergebühren besteht für den Beschwerdeführer eine Restforderung zur Verrechnung von S 3,473.252,--, von der eine Einhebungsvergütung gemäß § 45 Abs. 2 NÖ KAG von 2,5 v.H., das sind S 217.078,--, einzubehalten ist, sodaß eine tatsächliche Restforderung von S 3,256.174,-- verbleibt.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Krems an der Donau; er leitete bis zu seiner Ruhestandsversetzung als Primarius eine Abteilung XY am A.ö. Krankenhaus Krems an der Donau.

In einer im Wege der ärztlichen Direktion an den Magistratsdirektor der genannten Statutarstadt gerichteten Eingabe vom 16. Juli 1990 führte der Beschwerdeführer aus, daß ihm offenbar ohne Rechtsgrundlage bei der Abrechnung der ihm zustehenden "ärztlichen Gebühren (Sonderklasse - BVA/VA)" bis 1988 46,5 % und danach 40,5 % zuviel" in Abzug gebracht worden sei bzw. werde. Der Beschwerdeführer beantragte, ihm entweder diese Fehlbeträge nachzuzahlen oder bei Ablehnung einen abschlägigen Bescheid zu erlassen.

Am 26. Februar 1991 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 73 AVG an den Stadtsenat der Statutarstadt (im folgenden: belangte Behörde) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag vom 16. Juli 1990.

Der daraufhin ergangene Bescheid hatte folgenden Spruch:

"Der Stadtsenat als gem. § 73 (2) AVG in der derzeit geltenden Fassung im Zusammenhalt mit § 38 Abs. 3 Ziff. 7 Kremser Stadtrecht sachlich in Betracht kommende Oberbehörde hat in seiner Sitzung vom 11. September 1991 beschlossen, dem Antrag des Prim. Dr. F vom 16. 7. 1990 hinsichtlich der Auszahlung jener Beträge, die bei den ärztlichen Gebühren (Sonderklasse BVA/VA) bis 1988 in der Höhe von 46,5 % vor der Honorarverteilung durch die Verwaltung in Abzug gebracht wurden, NICHT FOLGE zu geben und diesen zurückzuweisen."

Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft und mit Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/12/0115 (früher 91/18/0261 bzw. 92/11/0018), wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Maßgebend hiefür war insbesondere, daß der im Beschwerdefall geltend gemachte Anspruch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers anfällt und dieser Anspruch in Form eines Feststellungsbescheides hätte konkretisiert werden müssen. Die belangte Behörde wäre demnach verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer das Arzthonorar ungekürzt weiter zu überweisen oder auf Grund seines Antrages mit Bescheid festzulegen, daß und weshalb das ärztliche Honorar für die Behandlung der Sonderklasse-Patienten der BVA und VA zu kürzen gewesen wäre.

Hinsichtlich der näheren Begründung sowohl des aufgehobenen Bescheides, des seinerzeitigen Beschwerdevorbringens als auch der für die Aufhebung maßgebenden näheren Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes wird auf das bereits genannte Vorerkenntnis, das am 11. März 1993 zugestellt worden ist, verwiesen.

Da seitens der belangten Behörde kein Ersatzbescheid erlassen wurde, machte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Verletzung der Entscheidungspflicht geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof räumte der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG die Gelegenheit ein, innerhalb einer Dreimonatefrist den versäumten Bescheid zu erlassen.

Die belangte Behörde holte den Bescheid nicht nach.

Der Verwaltungsgerichtshof, auf den damit die Zuständigkeit zur Sachentscheidung übergegangen war, fällte daraufhin mit Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 93/12/0279, folgende Grundsatzentscheidung:

"Gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen unter Zugrundelegung folgender Rechtsanschauung zu erlassen:

Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Honoraranspruch für die Behandlung von Sonderklasse-Patienten, dessen Abgeltung auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 57 Abs. 1 NÖ KAG mit der BVA oder VA erfolgt, beruht auf § 45 NÖ KAG. Sofern die von den genannten Sozialversicherungsträgern für diese Sonderklasse-Patienten an den Krankenanstaltenträger geleisteten Zahlungen nach der Vereinbarung gemäß § 57 Abs. 1 NÖ KAG ärztliches Honorar für die ärztliche Behandlung dieser Sonderklasse-Patienten nach § 45 Abs. 1 lit. b erster Fall NÖ KAG darstellen, darf ausschließlich eine Einhebungsvergütung nach § 45 Abs. 2 NÖ KAG einbehalten werden."

Mit diesem Erkenntnis wurde anknüpfend an das im ersten Rechtsgang erlassene aufhebende Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/12/0115, die Rechtsfrage der Verrechnung der ärztlichen Honorare für diese Sonderklasse-Patienten verbindlich gelöst. Hinsichtlich der Begründung wird im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG im Interesse der Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Da entgegen dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes seitens der Behörde neuerlich nicht entschieden wurde, beantragte der Beschwerdeführer mit vorliegendem Schriftsatz vom 28. September 1994 die Sachentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof nach § 42 Abs. 4 letzter Satz VwGG.

Bereits mit Schreiben vom 7. September 1994 hatte die Behörde mangels Entscheidung innerhalb der mit Erkenntnis Zl. 93/12/0279 im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG gesetzten Frist die das Verwaltungsverfahren betreffenden Akte neuerlich vorgelegt.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1994 wurde die Behörde aufgefordert, ausgehend von der erstmaligen Geltendmachung des Anspruches des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 16. Juli 1990 für den Verjährungszeitraum gemäß § 11 Abs. 1 der NÖ Gemeindebeamtengehaltsordnung, LGBl. 2440, die Aufstellungen der BVA- und VA-Sonderklassegebühren mit Namen der Patienten und Angabe der Gesamtsumme der ärztlichen Honorare bzw. der tatsächlich an den Beschwerdeführer bezahlten Beträge und allenfalls weiter erforderlicher Rechnungsunterlagen vorzulegen.

Die belangte Behörde übermittelte daraufhin eine Zusammenstellung der ärztlichen Honorare für die Monate von "7/87" bis "8/94" getrennt nach "BVA" und "VA" sowie eine "Hochrechnung" für die Monate "9/94 bis 12/94". Demnach wäre ein Betrag von insgesamt S 3,253.322,-- zugunsten des Beschwerdeführers nachzuverrechnen gewesen.

Im Rahmen des Parteiengehörs teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Dezember 1994 mit, daß er "mit dem Inhalt der Verfügung und der darin verwiesenen Aufstellung konform geht".

In Ergänzung zu dieser Mitteilung wies der Beschwerdeführer dann mit Eingabe vom 12. Dezember 1994 aber auf § 2 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes 1972 hin, nach dem auch die Vereinnahmung derartiger Sonderentgelte angeblich die Eigenschaft als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes begründe und ersuchte um Zuspruch der Umsatzsteuer.

Auf Vorhalt äußerte sich die Behörde diesbezüglich dahingehend, daß es sich bei den in Frage stehenden Leistungen um Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Beschwerdeführers handle, für deren umsatzsteuerrechtliche Behandlung (insbesondere mangels einer Vereinbarung gemäß § 49 Abs. 5 NÖ KAG zwischen dem Primararzt und den Sonderklasse-Patienten) die Krankenanstalt zuständig sei.

Letztlich wurden durch unmittelbare Einsicht in die Berechnungsunterlagen am 2. März 1995 im Krankenhaus Krems an der Donau die konkreten Beträge für die Monate September bis Dezember 1994 und gewisse Verrechnungsmodalitäten ermittelt.

Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin abschließend Parteiengehör eingeräumt. Er verzichtete auf Einwendungen und nahm zur Kenntnis, daß bei der bisherigen Verrechnung während des gesamten strittigen Zeitraumes als Hausanteil 40 v.H. und nicht wie ursprünglich vorgebracht 46,5 bzw. 40,5 % einbehalten worden sind. Demnach erklärte sich der Beschwerdeführer ausdrücklich mit der Zugrundelegung einer Summenaufteilung für die vergangene Zeit von 60 : 40 einverstanden.

Ausgehend von diesen Verfahrensergebnissen (eine Zusammenstellung der monatlich in Rechnung gestellten Beträge ist dem Erkenntnis für die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angeschlossen) und unter Berücksichtigung der bindenden Grundsatzentscheidung mit Erkenntnis vom 29. Juni 1994, Zl. 93/12/0279, ergibt sich folgende Summenaufstellung:

ärztliches Honorar nach § 45 Abs. 1 lit. b NÖ KAG von

Juli 1987 bis Dezember 1994

BVA 6,144.506,--

VA 2,538.624,--

Summe: 8,683.130,--

davon bisher bereits

zugunsten des Beschwerde-

führers verrechnet 60 % 5,209.878,--

Restforderung daher 40 % 3,473.252,--

abzüglich 2,5 %

Einhebungsvergütung 217.078,--

zugunsten des Beschwerdeführers

gemäß § 45 NÖ KAG als Annex

Einkünfte aus dem Dienstver-

hältnis zu verrechnen 3,256.174,--

Wie bereits im mehrfach genannten Vorerkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/12/0115, zum Ausdruck gebracht, geht der Verwaltungsgerichtshof nach der übereinstimmenden Judikatur aller Höchstgerichte davon aus, daß die als ärztliche Honorare bezeichneten Leistungsentgelte vorliegendenfalls von einem in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Träger der Krankenanstalt stehenden Arzt als öffentlich-rechtliche Ansprüche aus eben diesem Dienstverhältnis zu werten sind und daher keine Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes 1972 in Verbindung mit § 22 des Einkommensteuergesetzes 1988 gegeben ist.

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