Normen
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 19. Juli 1993 beim Arbeitsamt den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den bosnischen Staatsangehörigen E.C. als Sägereiarbeiter mit einem Bruttostundenlohn von S 80,--. Als spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurde "Erfahrung" verlangt. In mehreren Beilagen zu diesem Antrag wies der Beschwerdeführer auf die besonders geglückte Integration des E.C. in das Gemeinde- und Sportleben hin.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 20. August 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG mit der Begründung ab, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; außerdem habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In seiner dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer das Fehlen jeglicher Ermittlungen sowie einer tauglichen Begründung des erstinstanzlichen Bescheides. Außerdem seien entgegen der Ansicht des Arbeitsamtes die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 und 3 gegeben. Die Sägeindustrie sei derzeit in Österreich in einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen und somit existenzbedrohenden Lage. Nach mehrmonatigen Bemühungen sei es dem Beschwerdeführer gelungen, über das Arbeitsamt eine inländische Arbeitskraft probeweise einzustellen; er benötige aber zur wirtschaftlichen Weiterexistenz dringend eine zweite fachkundige Arbeitskraft. Eine neuerlich länger andauernde Suche werde der Betrieb des Beschwerdeführers nicht aushalten; dadurch würde der Arbeitsplatz der neu eingestellten Arbeitskraft gefährdet. E.C. verfüge über die nötigen Fachkenntnisse und würde kurzfristig zur Verfügung stehen. Außerdem bestehe an der Erhaltung einer gesunden österreichischen Holzindustrie ein eminentes und gesamtwirtschaftliches Interesse. Gerade Klein- und Mittelbetriebe seien die wichtigsten Arbeitgeber in Österreich, sodaß ihre Förderung und Unterstützung jedenfalls im öffentlichen Interesse liege.
Die belangte Behörde verständigte mit Vorhalt vom 12. Oktober 1993 den Beschwerdeführer vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens. Neben Hinweisen auf die Rechtslage enthielt dieser Vorhalt die Mitteilung, beim Arbeitsamt seien sechs männliche inländische Holzverarbeitungshilfskräfte mit einschlägiger Praxis arbeitslos vorgemerkt, die iS des § 4b AuslBG bevorzugt zu vermitteln seien; allerdings habe der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt keinen Vermittlungsauftrag erteilt. Ferner hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, daß die für 1993 für das Land Vorarlberg mit 17.000 festgesetzte Landeshöchstzahl überschritten sei, da mit Stichtag Ende August 1993 die Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer laut amtlicher Statistik 25.474 betragen habe. Der Beschwerdeführer habe aber keine Gründe vorgebracht, die die Annahme rechtfertigen könnten, daß die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorlägen; auch sein Berufungsvorbringen enthalte solche Gründe nicht.
In seiner Stellungnahme zu diesem Vorhalt wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er keine Hilfskraft, sondern einen ausgebildeten Säger benötige. Um Vermittlung habe er bereits mehrfach erfolglos angesucht; trotzdem erteile er dem Arbeitsamt den neuerlichen Auftrag, ihm eine dem Anforderungsprofil "Säger" entsprechende Ersatzkraft zu vermitteln.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. November 1993 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der geltenden Fassung, keine Folge. In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, die für Vorarlberg für das Jahr 1993 festgesetzte Landeshöchstzahl von 17.000 sei überschritten, weil mit Stichtag Ende Oktober 1993 die Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer 25.157 betragen habe. Besonders wichtige Gründe iS des § 4 Abs. 6 AuslBG lägen nur dann vor, wenn die Dringlichkeit des Bedarfes über das übliche Interesse des Dienstgebers, eine Arbeitskraft zu beschäftigen, hinausgehe. Eine Zustimmung des Vermittlungsausschusses liege ebensowenig vor wie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG. Ausreichende Gründe habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. So müsse für die Annahme einer Schlüsselkraft gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG eine konkrete unmittelbare Gefährdung von Arbeitsplätzen vorliegen, was nicht glaubhaft gemacht worden sei. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand, daß sich die österreichische Sägeindustrie in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befinde, reiche für sich nicht aus, einen "Schlüsselkraftstatus" iS des AuslBG zu begründen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum Vorliegen öffentlicher und gesamtwirtschaftlicher Interessen an der Beschäftigung des E.C. hielt die belangte Behörde entgegen, daß solche Interessen an der Beschäftigung eines Ausländers erst dann vorlägen, wenn er zur Erfüllung von Arbeiten herangezogen werden solle, die im außerordentlichen Ausmaß im Interesse weiter Teile der Bevölkerung lägen. Die allgemeine Bedeutung bestimmter Wirtschaftszweige begründe das Vorliegen solcher Interessen nicht. Die weiters vorgebrachten persönlichen Umstände des E.C. und dessen Stellung im Sportclub könnten für die Beurteilung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG keine Berücksichtigung finden. Auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zum Vorhalt der belangten Behörde nicht eingegangen; seine dort gezeigte Bereitschaft, Vorzugspersonen iS des § 4b AuslBG einzustellen, sei nicht geeignet, einen Tatbestand nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG zu begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie - erneut unter Hinweis auf § 4 Abs. 6 AuslBG - die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Die weitgehend auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützten Ausführungen in der Beschwerde eignen sich daher nicht zur Darlegung einer dem angefochtenen Bescheid anhaftenden Rechtswidrigkeit.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
- 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
- 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
- a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
- b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
- c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
- d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege
erfolgen soll, oder
- 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
- 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Der Beschwerdeführer hat weder die Feststellung der belangten Behörde bestritten, die Landeshöchstzahl sei seit Beginn des Jahres 1993 überschritten, noch hat er den bereits vom Arbeitsamt festgestellten Umstand in Zweifel gezogen, daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet hat. Er hat dessenungeachtet weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde ein Vorbringen erstattet, aus dem sich entgegen der Annahme der im Beschwerdefall eingeschrittenen Behörden das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG ableiten ließe.
Dazu wird in der Beschwerde zu Unrecht geltend gemacht, der angefochtene Bescheid lasse es an einer ausreichenden Begründung dafür fehlen, warum die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht erfüllt seien. Die belangte Behörde ist nämlich durchaus auf das dazu erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen, E.C. sei als "Schlüsselkraft" anzusehen, und für seine Beschäftigung beim Beschwerdeführer sprächen öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Gründe.
Ein Arbeitnehmer ist nur dann als Schlüsselkraft anzusehen, wenn ihm auf Grund seiner besonderen Qualifikation oder seiner besonderen Stellung im Betriebsgeschehen eine besondere - arbeitsplatzerhaltende - Position zukommt. Der Umstand allein, daß jeder Arbeitnehmer notwendigerweise in Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben zur Erreichung der Unternehmensziele und damit unabhängig von der Betriebsgröße seinen Beitrag zur Sicherung des Bestandes des Unternehmens leistet, macht ihn noch nicht zur Schlüsselkraft (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1994, 93/09/0185). Im Beschwerdefall kommt dazu, daß nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst in seinem Betrieb nur ein inländischer Dienstnehmer beschäftigt ist, während § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG von der Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, also einer Mehrzahl von solchen, spricht.
Für die Annahme eines öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interesses iS des § 4 Abs. 6 Z. 3 AuslBG muß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch dazu das zuletzt genannte Erkenntnis und die dort angeführte Vorjudikatur) ein qualifiziertes Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgeht. Das vom Beschwerdeführer aufgezeigte einzelbetriebliche Interesse an der Beschäftigung des E.C. reicht dafür nicht aus.
Es trifft zu, daß der Gesetzgeber das Kalkül der Z. 2 bis 4 des § 4 Abs. 6 AuslBG sehr hoch angesetzt hat (wenn auch nicht in der vom Beschwerdeführer pointiert dargestellten Weise, es müsse gleich um die Position des Bundespräsidenten oder des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes gehen). Gerade dieses hoch angesetzte Kalkül für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG steht aber einem Erfolg der vorliegenden Beschwerde entgegen.
So weit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, er wolle auch die (negative) Entscheidung des Vermittlungsausschusses bekämpfen, ist ihm zu erwidern, daß Prüfungsgegenstand für den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich der angefochte Bescheid des Landesarbeitsamtes Vorarlberg ist, in welchem unbestritten davon ausgegangen wurde, daß der Vermittlungsausschuß die nach § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG erforderliche einhellige Befürwortung nicht ausgesprochen hat.
Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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