VwGH 94/04/0244

VwGH94/04/024424.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

 

Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch

 

und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers

 

Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, in der Beschwerdesache der

 

D-GmbH & Co KG in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S,

 

gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche

 

Angelegenheiten vom 15. September 1994,

 

Zl. 300.002/8-III/A/2a/94, betreffend Verfahren gemäß § 79

 

GewO 1994 (mitbeteiligte Parteien: J und RL in A), den Beschluß

 

gefaßt:

Normen

AVG §13 Abs1
AVG §39 Abs2
AVG §56
GewO 1994 §353
GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §77 Abs1
GewO 1994 §79
GewO 1994 §81 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1995:1994040244.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom

 

15. September 1994 hob der Bundesminister für wirtschaftliche

 

Angelegenheiten unter Berufung auf § 66 Abs. 4 AVG den Bescheid

 

des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Dezember 1990

 

und den diesem zugrundeliegenden Bescheid der

 

Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18. Juli 1990, mit welchem

 

der Beschwerdeführerin gemäß § 79 GewO 1973 mehrere zusätzliche

 

Auflagen vorgeschrieben worden waren, gemäß § 59 Abs. 1 AVG

 

i. V.m. § 79 GewO 1994 auf. Zur Begründung führte der

 

Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges im

 

wesentlichen aus, der Spruch des erstbehördlichen Bescheides

 

sei deshalb unklar, weil er nur unter Heranziehung mehrerer die

 

in Rede stehende Betriebsanlage betreffende

 

Genehmigungsbescheide verständlich sei. Einer dieser

 

Genehmigungsbescheide beziehe sich wiederum auf zwei Bescheide

 

der Erstbehörde, während die beiden anderen dieser Bescheide

 

ihrerseits Vorschreibungen gemäß § 79 GewO 1973 beträfen.

 

Zusammenfassend ergebe sich daraus, daß die durch den vor der

 

belangten Behörde angefochtenen Bescheid ergangenen

 

Betriebszeiteneinschränkungen bei Heranziehung der

 

Bezugsbescheide lediglich die alte Hackschnitzelanlage, die

 

1968 genehmigte Rundholzhackanlage bzw. Rundholzsortieranlage

 

und allenfalls noch die im Hauptmaschinenraum in der Sägehalle

 

befindlichen Maschinen beträfen. Weitere im angefochtenen

 

Bescheid erwähnte Maßnahmen fänden in den im Spruch angeführten

 

Bescheiden keinen Anhaltspunkt. Mit Rücksicht auf die

 

Erfordernisse des § 59 Abs. 1 AVG sei unter Beachtung der

 

schwierigen Interpretation des vor dem Bundesminister

 

angefochtenen Bescheides, die zu keinem eindeutigen Ergebnis

 

führe, festzustellen, daß der im Spruch dieses Bescheides

 

enthaltene Hinweis auf die dort genannten Bescheide die

 

geforderte Bestimmtheit für auferlegte Auflagen nicht erfülle.

 

Es mangel daher auch an einem eindeutigen Berufungsgegenstand,

 

sodaß eine inhaltliche Entscheidung nicht möglich sei.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

 

Beschwerde.

 

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

 

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den

 

angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Fällung einer

 

Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde gemäß § 66

 

Abs. 4 AVG sowie in dem Recht, daß präkludierten

 

Verfahrensbeteiligten im gegenständlichen Verfahren nicht

 

neuerlich die Möglichkeit von Einwendungen eröffnet werde,

 

verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes

 

bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, entgegen der

 

Zitierung des § 66 Abs. 4 AVG im Spruch des angefochtenen

 

Bescheides handle es sich in Wahrheit um einen solchen gemäß

 

§ 66 Abs. 2 leg. cit. Denn der angefochtene Bescheid bemängle

 

lediglich eine angeblich unklare Formulierung des

 

erstinstanzlichen Bescheides. Er enthalte jedoch keinerlei

 

Begründung dafür, daß Sachverhaltsmängel bzw. Ergänzungen des

 

bisher durchführten Ermittlungsverfahrens notwendig seien. Es

 

lägen daher auch nicht die Voraussetzungen für eine Behebung

 

gemäß § 66 Abs. 2 AVG vor. Aber auch wenn man den Bescheid als

 

eine ersatzlose Beseitigung der unterinstanzlichen Bescheide

 

gemäß § 66 Abs. 4 AVG verstehe, sei er mit Rechtswidrigkeit

 

behaftet, weil die Voraussetzungen für eine derartige Behebung

 

nicht vorlägen. Gemäß § 66 Abs. 4 leg. cit. habe die

 

Berufungsbehörde außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall immer in

 

der Sache selbst zu entscheiden. Die Tatsache, daß die belangte

 

Behörde ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bloß

 

kassatorisch entschieden habe, mache den bekämpften Bescheid

 

gemäß § 66 AVG anfechtbar. Nicht zuletzt sei durch die bloße

 

Aufhebung sämtlichen präkludierten Verfahrensbeteiligten die

 

Möglichkeit geboten worden, neuerlich am Verfahren teilzunehmen

 

und Einwendungen zu erheben, worauf diese keinen Anspruch

 

hätten und wodurch die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf

 

Beachtung der Präklusion verletzt werde. Überdies habe die

 

belangte Behörde nicht beachtet, daß eine ersatzlose Aufhebung

 

in keiner der zugrundeliegenden Berufungen beantragt worden sei

 

und sie insoweit ihre Entscheidungskompetenz überschritten

 

habe. Es dürfe in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden,

 

daß die belangte Behörde selbst im gegenständlichen Verfahren

 

bereits eine Sachentscheidung getroffen habe, welche jedoch

 

durch den Verwaltungsgerichtshof - nicht mit jener Begründung,

 

die die belangte Behörde jetzt herangezogen habe, sondern aus

 

Sachverhaltsmängeln - aufgehoben worden sei. In der

 

Vorentscheidung habe die Behörde keinerlei Bedenken an der

 

Formulierung der Bescheide der Unterinstanzen geäußert, sondern

 

vielmehr selbst unter Berufung auf den nunmehr als zweifelhaft

 

angesehenen Bescheid der Erstbehörde ergänzende Auflagen im

 

Sinne einer Betriebszeitenbeschränkung vorgesehen. Schließlich

 

ergebe sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides

 

auch unter Aspekten der Verfahrensökonomie. Es dürfe nicht

 

übersehen werden, daß das gegenständliche Überprüfungsverfahren

 

seitens der Erstbehörde bereits im Jahre 1979 eingeleitet,

 

seitens der befaßten Behörden mehrfach ein aufwendiges

 

Ermittlungsverfahren durchgeführt und bereits zweimal der

 

Verwaltungsgerichtshof angerufen worden sei. Die

 

gegenständliche Entscheidung, so sie im Sinne einer Behebung

 

gemäß § 66 Abs. 2 AVG zu verstehen wäre, würde daher den

 

gesamten bisherigen Verfahrensaufwand als umsonst erscheinen

 

lassen.

 

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach

 

Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2

 

wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im

 

Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht

 

hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik

 

(§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in

 

Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses

 

Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen

 

vorzuschreiben. Die Behörde hat solche Auflagen nicht

 

vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem,

 

wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand

 

außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg

 

steht.

 

Diese Bestimmung enthält die bezeichnete gesetzliche

 

Ermächtigung der Behörde für den Fall, daß das Verfahren zur

 

Genehmigung einer Betriebsanlage abgeschlossen ist, mit den in

 

diesem Verfahren vorgeschriebenen Auflagen aber zur Erreichung

 

des Schutzes der im § 74 umschriebenen Interessen nicht das

 

Auslangen gefunden werden kann. In dem auf Grund des § 79

 

GewO 1994 durchzuführenden Verfahren hat demnach die Behörde

 

von Amts wegen zu prüfen, welche anderen oder zusätzlichen

 

Auflagen zum Schutz der im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen

 

Interessen vorzuschreiben sind. Sie kann hiebei Vorschläge, die

 

dazu vom Inhaber der Betriebsanlage selbst gemacht werden, also

 

ein von ihm in diesem Sinn vorgelegtes Projekt, ihrer

 

Entscheidung zugrunde legen, wenn dessen Verwirklichung den

 

angestrebten Schutz gewährleistet; sie ist aber an diese

 

Vorschläge nicht gebunden.

 

Die Gesetzeslage sieht somit im Zusammenhang mit dem nach

 

§ 79 GewO 1994 von der Behörde durchzuführenden Verfahren weder

 

eine Antragstellung seitens des Betriebsanlageninhabers noch

 

auch etwa von Nachbarn vor. Sie enthält auch nicht eine

 

tatbestandsmäßige Voraussetzung für einen negativen

 

Feststellungsbescheid (vgl. den hg. Beschluß vom

 

24. April 1990, Zl. 89/04/0180).

 

Ist aber ein Verfahren nach § 79 leg. cit. ausschließlich

 

von Amts wegen einzuleiten, so steht es der Behörde auch frei,

 

selbst nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das

 

Verfahren formlos, also ohne bescheidmäßige Erledigung, zu

 

beenden.

 

Mit Rücksicht auf diese verfahrensrechtliche Situation

 

vermag der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des

 

Beschwerdevorbringens keinen Grund zu erblicken, dem

 

angefochtenen Bescheid entgegen dem in der Zitierung des § 66

 

Abs. 4 AVG liegenden ausdrücklichen Ausspruch einer ersatzlosen

 

Behebung der unterbehördlichen Bescheide den Inhalt einer

 

lediglich auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Behebung beizugeben.

 

Durch den so zu verstehenden Inhalt des angefochtenen

 

Bescheides, mit dem somit die der Beschwerdeführerin in diesem

 

Verfahren von Amts wegen vorgeschriebenen Auflagen wieder

 

beseitigt wurden, kann die Beschwerdeführerin in keinem

 

subjektiven Recht verletzt sein. Daß die angefochtene

 

Entscheidung - wie von der Beschwerdeführerin behauptet -

 

möglicherweise gegen Verfahrensvorschriften verstößt, vermag

 

ein Beschwerderecht der Beschwerdeführerin nicht zu begründen,

 

weil den Parteien des Verwaltungsverfahrens losgelöst vom

 

Verfahrensergebnis ein subjektives öffentliches Recht auf

 

Einhaltung der Verfahrensvorschriften nicht zusteht. Fehlt aber

 

solcherart schon die Möglichkeit der Verletzung der im Rahmen

 

des Beschwerdepunktes geltend gemachten subjektiven

 

öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin durch den

 

angefochtenen Bescheid, so mangelt es ihr an der

 

Beschwerdeberechtigung (vgl. zum Ganzen den bereits zitierten

 

hg. Beschluß vom 24. April 1990, Zl. 89/04/0180).

 

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne

 

weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

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