Normen
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. Dezember 1994 wurde der Beschwerdeführerin die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Gewerbe "Friseure und Perückenmacher" (§ 94 Z. 70 Gewerbeordnung 1994) gemäß § 28 GewO 1994 verweigert. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei - nach den von ihr vorgelegten Urkunden - am 9. August 1982 vom Bürgermeister der Präfektur Kanagawa (Japan) "die Eignung zum Friseur" erteilt worden. Die Beschwerdeführerin sei seit 18. Februar 1991 handelsrechtliche Geschäftsführerin der "T-Gesellschaft m. b.H.", welche im Standort W, O-Gasse 26, zur Ausübung des Gewerbes "Friseure und Perückenmacher" berechtigt sei. Aus der vorgelegten Friseur-Lizenz sei nicht ersichtlich, ob die Beschwerdeführerin eine einschlägige Ausbildung absolviert bzw. Prüfung abgelegt habe. Auch über ihre Tätigkeit als handelsrechtliche Geschäftsführerin habe die Beschwerdeführerin keine Unterlagen vorgelegt. Nach der Aktenlage könne daher nicht angenommen werden, daß die Beschwerdeführerin die zur selbständigen Gewerbeausübung unbedingt erforderlichen rechtlichen Kenntnisse (Arbeitsrecht, Steuerrecht) besitze, sodaß die hinreichende tatsächliche Befähigung der Beschwerdeführerin zur Ausübung des angestrebten Gewerbes nicht gegeben sei.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Sie brachte darin vor, sie habe nachgewiesen, daß ihr in Japan die Berechtigung zur Ausübung des Friseurgewerbes erteilt worden sei; sie habe seit 1991 im Standort O-Gasse 26 einen Friseursalon als Geschäftsführerin inne. Mit Bescheid vom 20. Jänner 1994 sei ihr die Gleichstellung mit Inländern zum Zwecke der Bestellung zum Geschäftsführer bei der T-Gesellschaft m.b.H. zur Ausübung des Gewerbes Friseure und Perückenmacher erteilt worden. Durch Vorlage ihres in Japan ausgestellten (und beglaubigt übersetzten) Zeugnisses über die Berechtigung zur Ausübung des Friseurgewerbes habe sie die tatsächliche Befähigung nachgewiesen. Von den österreichischen Behörden werde wohl nicht angenommen werden wollen, daß von japanischen Behörden ohne Vorliegen einer Berechtigung eine Urkunde über die Zulassung zur Gewerbeausübung ausgestellt werde. Ihre Geschäftsführertätigkeit habe sie durch den vorgelegten Firmenbuchauszug dokumentiert. Sie übe das Gewerbe unter Mithilfe der gewerberechtlichen Geschäftsführerin E seit 1991 in vollem Umfang aus. In Japan erfolge die Erteilung der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Friseure und Perückenmacher in Form des "vorgelegten Zertifikates". Ein weiterer Nachweis durch Vorlage von Zeugnissen sei nicht möglich, da solche in Japan nicht ausgestellt würden.
Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. September 1994 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin "keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 bestätigt". Zur Begründung führte die belangte Behörde (ergänzend zur Begründung des erstinstanzlichen Bescheides) aus, bei der Prüfung der zumindest nachzuweisenden hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 sei davon auszugehen, daß der Nachsichtswerber nach seiner Ausbildung und seiner bisherigen Tätigkeit über soviele Kenntnisse und Erfahrungen verfügen müsse, die erforderlich seien, um Leistungen zu erbringen, die in der Regel von Inhabern des jeweiligen Gewerbes verlangt würden. Aufgrund der Aktenlage könne aber nicht davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerin über die Befähigung in einem hinreichenden tatsächlichen Ausmaß verfüge. Aus der vorgelegten Friseur-Lizenz, die zur Gewerbeausübung in Japan berechtige, seien weder die Dauer noch die Art einer einschlägigen Ausbildung ersichtlich. Auch in ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin Nachweise über Umfang und Inhalt einer im angestrebten Gewerbe absolvierten Ausbildung weder beigebracht noch angeboten. Eine einschlägige Tätigkeit habe die Beschwerdeführerin nur behauptet aber nicht nachgewiesen. Im Rahmen der Meisterprüfung (für das Friseurgewerbe) seien im Prüfungsteil "Unternehmensprüfung" Kenntnisse im betriebswirtschaftlich-rechtlichen Bereich insbesondere auch in den Gebieten "unternehmerische Rechtskunde und Rechnungswesen" nachzuweisen. Aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin seit 1991 als handelsrechtliche Geschäftsführerin der T-Gesellschaft m.b.H. fungiere (für diese Tätigkeit seien jedoch keine kaufmännischen Qualifikationserfordernisse vorgeschrieben) und aus der vorgelegten Friseur-Lizenz könne jedoch nicht abgeleitet werden, daß bei der Beschwerdeführerin die kaufmännisch-rechtliche Befähigung in einem gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 erforderlichen Ausmaß vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nachsichtserteilung vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Gewerbe der "Friseure und Perückenmacher" verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheid geltend, sie habe die Befähigung zur Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes durch Beibringung des "Abschlußdiploms für die Meisterprüfung Nr. 95 vom 15. April 1986 der Friseurinnung Tokio, der Friseurlizenz (mit der bestätigt werde, daß sie gemäß Friseurgesetz
Ges. Nr. 163/1957 geeignet sei) sowie einer Bestätigung meiner beruflichen Tätigkeiten" nachgewiesen. Daher habe sie nachgewiesen, daß sie jenen Grad der Befähigung besitze, der ausreichend sei, um Leistungen zu erbringen, die in der Regel von Inhabern des angestrebten Gewerbes verlangt würden. Nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 GewO 1994 und unter den gegebenen Voraussetzungen sei ihr die Nachsicht (zwingend) zu erteilen. Aufgrund der vorgelegten Urkunden könne wohl ihre hinreichende tatsächliche Befähigung angenommen werden. Die besonderen in ihrer Person gelegenen Umstände, daß sie als japanische Staatsbürgerin über eine japanische Friseurlizenz verfüge und ihr fortgeschrittenes Alter - dem zufolge ihr die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises nicht zuzumuten sei - würden die Nachsichtserteilung rechtfertigen. Die belangte Behörde sei "infolge mangelhafter Beweisaufnahme und unrichtiger Tatsachenfeststellung" zu der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt, ihre tatsächliche Befähigung sei nicht gegeben. Solcherart habe die belangte Behörde ihre Einvernahme (zu Beweiszwecken) unterlassen und ihr das rechtliche Gehör nicht gewährt. Die belangte Behörde habe keine Beweise darüber aufgenommen, ob sie über die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse verfüge. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe keine Beweise über ihre tatsächliche berufliche Tätigkeit, über Art und Umfang ihrer absolvierten Ausbildung sowie ihre Prüfungen und ihre jahrelange Berufsausübung augenommen. Die belangte Behörde habe ihre Einvernahme unterlassen. Da die belangte Behörde den vorgelegten "japanischen Befähigungsnachweis" als einen nicht ausreichenden Beweis für ihre tatsächliche Befähigung angesehen habe, unterstelle sie damit, daß die japanischen Bestimmungen nicht mit den österreichischen Bestimmungen vergleichbar wären. Auch insoweit sei die Verfahrensvorschrift der "ausreichenden Beweisaufnahme" nicht erfüllt worden.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Vorweg ist festzuhalten, daß ausgehend vom Beschwerdevorbringen allein das Vorliegen der Voraussetzungen der hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 strittig ist. Ein Vorbringen dahingehend, daß sie die "volle Befähigung" im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. besitze, hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nämlich nicht erstattet.
Die aus der Sicht des Beschwerdefalles demnach in Betracht zu ziehende Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 lautet:
"(1) Sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilten, wenn
...
2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und
a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder
b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 1994, Zl. 94/04/0042, und vom 24. August 1995, Zl. 95/04/0017) ausgeführt hat, kann von einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. nur dann gesprochen werden, wenn aufgrund der vom Nachsichtswerber beigebrachten Unterlagen bzw. aufgrund des Ergebnisses des über sein Vorbringen bzw. sonst durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß er immerhin über so viele Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden.
Bezogen auf den Beschwerdefall ist der Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe durch die nunmehr mit der Beschwerde vorgelegten und in ihrem Beschwerdevorbringen im einzelnen bezeichneten Urkunden ihre (hinreichende tatsächlich) Befähigung nachgewiesen, zu erwidern, daß von der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage zum Beweis ihrer Befähigung im Verwaltungsverfahren lediglich die japanische Friseur-Lizenz vorgelegt wurde. Mit Schreiben vom 19. Jänner 1994 ersuchte die Beschwerdeführerin um Gewährung einer Frist von sechs Wochen zur Beschaffung "der erforderlichen Unterlagen, wie Nachweis der Dauer der Ausbildung und der erfolgreich abgelegten Prüfungen sowie der Kenntnisse im Arbeits- und Steuerrecht". Einem am 24. Jänner 1994 von der Behörde erster Instanz festgehaltenen Aktenvermerk ist zu entnehmen, daß die Antragstellerin angekündigt hat, "bis 4.3.1994 weitere Unterlagen nachzureichen". Mit Schreiben vom 9. März 1994 legte die Beschwerdeführerin in Ergänzung ihres Ansuchens eine beglaubigte Übersetzung ihrer Friseurlizenz, Bescheide über die Kenntnisnahme einer Geschäftsführerbestellung hinsichtlich der T-Gesellschaft m.b.H. sowie über ihre Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1973 und einen Firmenbuchauszug in Ansehung der genannten Gesellschaft vor. Weitere Unterlagen - insbesondere die nunmehr mit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beigebrachen Urkunden - wurden von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren jedoch nicht vorgelegt. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ausdrücklich behauptet, daß über das vorgelegte "Zertifikat" hinaus keine Urkunden von ihr vorgelegt werden könnten, da hinsichtlich der von der Behörde erster Instanz als nicht ausreichend nachgewiesen erachteten Umstände in Japan keine Urkunden ausgestellt würden. Daß die Beschwerdeführerin anstelle der nicht beigebrachten Urkunden andere Nachweise (insbesondere ihre Einvernahme) angeboten hätte, ist ihrem Berufungsvorbringen nicht zu entnehmen. Des weiteren läßt weder die Berufung noch die Beschwerde erkennen, daß die Beschwerdeführerin von der Behörde darüber im unklaren gelassen worden wäre, über welchen Sachverhalt sie weitere Nachweise zu erbringen habe.
Daß die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin nunmehr mit ihrer Beschwerde erstmals vorgelegten Urkunden noch nicht berücksichtigt hat, liegt auf der Hand, kann aber den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belasten. Im Beschwerdeverfahren ist nämlich mit dieser Urkundenvorlage für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts mehr gewonnen, weil der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufgrund der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen Sach- und Rechtslage zu überprüfen hat (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Mit ihrer erst im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Urkundenvorlage sieht die Beschwerdeführerin somit daran vorbei, daß sie im Verwaltungsverfahren trotz ausreichend gebotener Gelegenheit von einer Vorlage dieser Urkunden - unter Hinweis auf ihr ausdrückliches Berufungsvorbringen - keinen Gebrauch gemacht hat. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist aber nicht als Mittel zur Nachholung von im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde versäumten Parteihandlungen zu betrachten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Dezember 1983, Zl. 83/04/0189, vom 4. Juni 1985, Zl. 85/05/0001, vom 24. Oktober 1985, Zl. 83/06/0118, und vom 11. November 1985, Zl. 85/12/0040). Der Verwaltungsgerichtshof hat daher auf diese erst im Beschwerdeverfahren neu angebotenen Nachweise nicht einzugehen.
Ausgehend von den von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen kann der belangten Behörde aber keine rechtswidrige Beurteilung vorgeworfen werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, daß die Beschwerdeführerin durch die Vorlage ihrer japanischen Friseurlizenz allein noch keinen Nachweis über ihre kaufmännisch-rechtliche Befähigung erbracht habe. Daß sie eine auch der österreichischen Rechtsordnung gerecht werdende kaufmännisch-rechtliche (Ausbildung und) Befähigung zur Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes besitzt, hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren weder behauptet noch nachzuweisen versucht. Auch in der Beschwerde wird derartiges nicht einmal behauptet. Selbst den im Beschwerdeverfahren neuerungsweise vorgelegten Urkunden könnte eine derartige Befähigung nicht entnommen werden.
Vor dem Hintergrund dieses Verfahrensverlaufes versagt auch die Verfahrensrüge bzw. die am behördlichen Ermittlungsverfahren geübte Kritik, zumal damit keine Umstände aufgezeigt werden, die aus der Sicht des Beschwerdefalles geeignet wären, einen im Ergebnis anderen Bescheid herbeizuführen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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