VwGH 94/04/0199

VwGH94/04/019922.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. August 1994, Zl. 313.047/3-III/5a/94, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art49a Abs3;
GewO 1973 §13 Abs3 idF 1993/029;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §87 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewRNov 1992 Art4;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art49a Abs3;
GewO 1973 §13 Abs3 idF 1993/029;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §87 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1;
GewRNov 1992 Art4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 91/04/0276, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. September 1991, womit im Instanzenzug dem Beschwerdeführer die Konzession für das Baumeistergewerbe (§ 157 GewO 1973) mit dem Standort in W, X-Gasse 31/28, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 und 4 leg. cit. in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 1993/29, entzogen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In der Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof aus, der Beschwerdeführer habe sich schon im erstbehördlichen Verfahren bzw. in der Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid inhaltlich darauf berufen, daß seine wirtschaftliche Situation, die zu dem ihn betreffenden konkursbehördlichen Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21. Juni 1988 geführt habe, u.a. auf das Konkursverfahren des "Baumeisterbetriebes P" zurückzuführen sei. Der belangten Behörde wäre es ausgehend von der anzuwendenden Rechtslage und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen ihrer amtswegigen Erhebungspflicht oblegen, die ihr zumindest auf Grund der Lage der Akten des Gerichtsverfahrens mögliche Feststellung in Ansehung des in Rede stehenden Konkursverfahrens zu treffen, da im Hinblick auf die Tatbestandserfordernisse des § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 einem derartigen Umstand nicht etwa von vorneherein mangelnde Verfahrensrelevanz zugemessen werden könnte.

Aus dem Vorbringen in der nunmehr zur Beurteilung vorliegenden Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. August 1994 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Jänner 1990, mit dem ihm gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 in der bis 30. Juni 1993 geltenden Fassung die Konzession für das oben näher konkretisierte Baumeistergewerbe entzogen worden ist, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid "gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994" bestätigt. Hiezu stellte der Bundesminister fest, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21. Juni 1988, GZ. 4 Nc nnn/nn, sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführten Erhebungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers hätten ergeben, daß der Beitragsrückstand des Beschwerdeführers bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, für den Zeitraum 1. April 1989 bis 31. März 1994 S 212.182,21 betrage. Seit 1. Jänner 1992 habe der Beschwerdeführer lediglich Zahlungen im Gesamtausmaß von S 3.500,-- geleistet. Gegen den Beschwerdeführer, der am 22. Mai 1990 beim Exekutionsgericht Wien den Offenbarungseid abgelegt habe, seien seit 1991 fünf Exekutionen bewilligt worden (Höhe der Forderungen insgesamt mehr als 250.000,-- Schilling). Ein Gläubiger habe wegen seiner Forderungen in der Höhe von S 47.939,57 auch im Jahre 1993 Exekution geführt. Dem Beschwerdeführer sei anheimgestellt worden, Beweismittel dafür anzubieten, daß die Forderungen, derentwegen Exekution geführt worden sei, von ihm bezahlt bzw. auf andere Weise getilgt worden seien. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer nur um Fristerstreckung ersucht. Ob und in welcher Höhe derzeit Abgabenschuldigkeiten des Beschwerdeführers beim zuständigen Finanzamt aushafteten, habe mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers nicht erhoben werden können. Es sei anzunehmen, daß Abgabenschuldigkeiten des Beschwerdeführers bestünden. Obwohl der Vertreter des Beschwerdeführers sowohl am 18. Oktober 1993 als auch am 13. Mai 1994 Akteneinsicht genommen habe, habe der Beschwerdeführer von der Möglichkeit, ein Vorbringen zu erstatten, wonach auf Grund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, daß er den mit Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, keinen Gebrauch gemacht. Auf Grund der festgestellten ungünstigen wirtschaftlichen Situation verfüge der Beschwerdeführer offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mittel zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes. Es könne nicht erwartet werden, daß eine weitere Tätigkeit des Beschwerdeführers als selbständiger Gewerbetreibender den Gläubigern insgesamt nützlich sein könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, "daß ihm nicht rechtswidrig und ohne die gesetzlichen Voraussetzungen seine Baumeisterkonzession entzogen werde, insbesondere nicht ohne gänzliche Erledigung seines Vorbringens und der von ihm beantragten Beweise; weiters daß ein Konzessionsentzug dann unzulässig ist, wenn es zur Abweisung des Konkursverfahrens über sein Vermögen durch Verschulden Dritter, durch konjukturelle Schwankungen, durch Konkursverfahren über das Vermögen eines

3. Geschäftspartners, jedenfalls ohne sein Verschulden gekommen ist und wenn weiters die weitere Ausübung seiner Gewerbetätigkeit im Interesse der Gläuber gelegen ist; er erachtet sich weiters in seinem Recht verletzt, daß ein Konzessionsentzug dann unzulässig ist, wenn die dem ursprünglichen Konkursantrag zugrundeliegende Forderung rechtsirrig zustande gekommen ist bzw. mit seiner nunmehrigen Gewerbeausübung im Zusammenhang stand; er erachtet sich weiters in seinem Rechtsanspruch verletzt, daß ein Konzessionsentzug dann ausgeschlossen ist, wenn Nachsichtsgründe vorliegen. Er erachtet sich weiters in seinem Recht verletzt, daß ein von ihm gesetzter Sachverhalt nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage entschieden wird und nicht gemäß einer später eintretenden Gesetzesänderung, die auf frühere Sachverhalte nicht anzuwenden ist."

In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, die Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Konzessionsentzuges hänge - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Februar 1992 ausgeführt habe - auch im Falle der Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines die Kosten des Konkursverfahrens deckenden Vermögens davon ab, ob die Zahlungsunfähigkeit durch den Konkurs, das Augleichsverfahren oder die strafgesetzwidrigen Handlungen eines Dritten verursacht worden sei. Zur Prüfung dieses Umstandes habe der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid behoben. In dem nunmehr angefochtenen Bescheid sei die belangte Behörde diesem klaren Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht nachgekommen. Auf die diesbezüglich vorgelegten Urkunden werde im angefochtenen Bescheid "nicht einmal Bezug genommen". Die belangte Behörde gehe bloß auf die Frage ein, ob die weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger liege und berufe sich dabei auf eine erfolgte Gesetzesänderung. Dabei werde jedoch übersehen, daß Gesetzesänderungen nicht zurückwirkten und sohin der gegenständliche Sachverhalt auf Grund der seinerzeitigen Gesetzeslage zu beurteilen sei. Da "für den seinerzeitigen Sachverhalt relevant" gewesen sei, "ob der Sachverhalt auf die Machenschaften des Baumeisters P zurückzuführen" gewesen seien oder nicht, so hätte die belangte Behörde dies jedenfalls prüfen müssen.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Der von einer - monokratischen - Verwaltungsbehörde gemäß § 58 Abs. 2 AVG gefaßte Spruch eines Bescheid hat der im Zeitpunkt der Erlassung bestehenden Rechtslage zu entsprechen. Welche Rechtslage für die Entscheidung maßgeblich ist, ist dem materiellen Recht zu entnehmen. Soweit keine Übergangsbestimmungen bestehen, hat im allgemeinen auch die Rechtsmittelbehörde das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht - auch im Falle einer Änderung der Rechtslage während des Berufungsverfahrens - anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise hat nur dann Platz zu greifen, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem konkreten Zeitraum Rechtens war (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9315/A und die daran anschließende Rechtsprechung). Auch im Falle der Aufhebung eines Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde anläßlich der Fortführung und des neuerlichen Abschlusses des Verfahrens eine inzwischen eingetretene Änderung des Sachverhaltes ebenso wie eine inzwischen eingetretene Änderung der Rechtslage zu berücksichtigen (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 626 f).

Gemäß Art. IV Abs. 1 der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 1993/29, trat dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 1993 - soweit in den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Absätze 2 bis 7 nicht anderes bestimmt ist - in Kraft, ohne daß das Gesetz für anhängige Verwaltungsverfahren eine besondere Übergangsregelung vorsieht. Mit Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl. Nr. 1994/194 wurde die Gewerbeordnung 1973 auf Grund des Art. 49a B-VG mit 18. März 1994 wiederverlautbart (GewO 1994). Nach Art. 49a Abs. 3 B-VG sind von dem der Herausgabe der Wiederverlautbarung folgenden Tag an alle Gerichte und Verwaltungsbehörden für die danach verwirklichten Tatbestände an den wiederverlautbarten Text des Bundesgesetzes gebunden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher eine Rechtswidrigkeit des am 30. August 1994 (Tag der Zustellung an den Beschwerdeführer) erlassenen angefochtenen Bescheides in der Anwendung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen der GewO 1994 durch die belangte Behörde nicht zu erblicken.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt. Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vemögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen. Nach Abs. 4 dieses Paragraphen ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.

Durch die Neufassung des § 13 Abs. 3 GewO 1994 mit der Gewerberechtsnovelle 1992 ist die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 3 zweiter Halbsatz GewO 1973 (alt) entfallen, wonach ein solcher Ausschluß von der Gewerbeausübung nicht auszusprechen ist, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Demnach hatte die belangte Behörde dieses Tatbestandsmerkmal im Hinblick auf die geänderte Rechtslage - entgegen den Beschwerdeausführungen - nicht mehr zu prüfen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, zumal der Beschwerdeführer keine weiteren Gründe dargelegt hat, worin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegen soll. Eine solche ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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