VwGH 94/04/0165

VwGH94/04/016522.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juni 1994, Zl. Ge - 210942/6 - 1994/Pö/Ra, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juni 1994 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Marktfahrergewerbes (Fierantengewerbe), beschränkt auf Modeschmuck und Uhren, gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit 25. September 1985 im Besitze einer Berechtigung für das Marktfahrergewerbe. Der Antrag der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers sei mit Beschluß des Landesgerichtes Linz mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe auch im Berufungsverfahren keinen Nachweis dafür erbracht, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung seiner Verbindlichkeiten vorhanden wären. Gegen den Beschwerdeführer seien im Jahre 1992 von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und der Allgemeinen Sparkasse beim Bezirksgericht Linz Exekutionen beantragt worden. Der von der Sozialversicherungsanstalt in Exekution gezogene Betrag habe sich vom Jahre 1991 auf 1992 infolge Zahlung um ca. S 12.000,-- vermindert, ein Betrag von S 25.506,90 hafte jedoch weiterhin aus. Der Beschwerdeführer habe zwar vorgebracht, die Forderung der Allgemeinen Sparkasse in der Höhe von S 50.000,-- beglichen zu haben, den angeforderten Nachweis über die Bezahlung dieser Verbindlichkeit habe er jedoch trotz eines entsprechenden Erinnerungsschreibens vom 27. Oktober 1993 nicht erbracht. Für die Annahme, der Beschwerdeführer verfüge nunmehr über ausreichende liquide Mittel, um den mit der Ausübung des Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen zu können, bestehe daher keine ausreichende Grundlage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Nichtentziehung der Gewerbeberechtigung entgegen den Bestimmungen der §§ 13, 87 GewO verletzt". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 lägen vor. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß der Beschwerdeführer durch die weitere Ausübung des Marktfahrergewerbes keine weiteren Verbindlichkeiten aufgehäuft, vielmehr die bestehenden Verbindlichkeiten weitgehend abgedeckt habe. Die Verbindlichkeit gegenüber der Firma R sei erfüllt worden. Er habe pünktlich und regelmäßig Ratenzahlungen in der Höhe von monatlich S 2.000,-- an die Allgemeine Sparkasse Linz und nicht unerhebliche Zahlungen auch an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft geleistet. Diese Zahlungen habe er nur erbringen können, weil er neben seinem Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit das Zusatzeinkommen auf Grund der Ausübung des Marktfahrergewerbes erzielt habe. Der von der belangten Behörde festgestellte und ihrer Entscheidung zugrundegelegte Sachverhalt bedürfe in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Die belangte Behörde hätte insbesonders feststellen müssen, wie sich der Schuldenstand seit Abweisung des Konkursantrages bis zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung verändert hat. Entsprechende Beweiserhebungen hätten ergeben, daß sich der Schuldenstand des Beschwerdeführers erheblich verringert habe, keine zusätzlichen Schulden entstanden seien und die Rückzahlungen aus den durch die Gewerbeausübung erzielten Zusatzeinkünften finanziert worden seien. Die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer in dem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt, da sie - ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den von ihr erhobenen Beweisen zu geben - den Bescheid erlassen habe. Insbesonders seien ihm nicht die Beweisergebnisse zur Kenntnis gebracht worden, auf Grund welcher die belangte Behörde zu den Feststellungen gelangt sei, er hätte die Verbindlichkeit gegenüber der Allgemeinen Sparkasse Linz nicht erfüllt und an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft lediglich eine Zahlung von S 12.000,-- geleistet. Bei Gewährung des Parteiengehörs hätte er darlegen können, daß er tatsächlich regelmäßig Rückzahlungen an die Allgemeine Sparkasse pünktlich leiste, regelmäßig Zahlungen an die gewerbliche Sozialversicherungsanstalt geleistet habe und weiterhin dabei sei, diese Schulden abzudecken. Aufgabe der belangten Behörde wäre es gewesen, mit den einzelnen Gläubigern Kontakt aufzunehmen und zu erheben, ob diese Interesse an einer weiteren Gewerbeausübung des Beschwerdeführers hätten. Nur auf Grund der weiteren Gewerbeausübung bestehe die Möglichkeit der Schuldenrückzahlung.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Entziehung des in Rede stehenden Gewerbes gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994, er vermeint jedoch, daß die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorlägen.

Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 von der im Abs. 1 Z. 2 dieses Paragraphen - in Verbindung mit § 13 Abs. 3 leg. cit. - vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage vom Rechtsträger erwartet werden kann, daß er den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weshalb auch Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betreffenden Gewerbes zu haben, allein für eine derartige Annahme noch nicht als ausreichend anzusehen sind. Dies insbesondere auch deshalb, da, abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen, im Sinne der obigen Darlegungen zu berücksichtigen ist, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 93/04/0212). Auch muß nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können, da es bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum geht, daß die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden. Solange daher nicht die Erwartung der Zahlung aller Verbindlichkeiten bei Fälligkeit besteht, kommt auch einer den Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Relevanz zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 93/04/0030).

Ausgehend von dieser Rechtsprechung, von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß findet, vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm gestellten Prüfungsaufgabe eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen. Da es auf die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten ankommt, bedurfte es keiner weiteren Erhebungen durch die belangte Behörde darüber, wie sich der Schuldenstand des Beschwerdeführers seit Abweisung des Konkursantrages bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde verändert hat, da - auch vom Beschwerdeführer unbestritten - feststeht, daß der Beschwerdeführer seine Verbindlichkeiten nicht zur Gänze abgedeckt hat. Aus der Stellungnahme der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Oberösterreich, vom 7. Oktober 1992 ergibt sich überdies, daß der Beschwerdeführer Zahlungsvereinbarungen nicht eingehalten hat.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte ihm keine Gelegenheit gegeben, zu den erhobenen Beweisen noch einmal Stellung zu nehmen, ist durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. September 1993 die Mitteilung des Bezirksgerichtes Linz über die gegen ihn anhängigen Exekutionsverfahren zur Kenntnis gebracht und zur Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert. Der Aufforderung der belangten Behörde vom 27. Oktober 1993, eine Bestätigung der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich Bank AG darüber vorzulegen, daß die im Exekutionswege betriebene Verbindlichkeit in der Höhe von S 50.000,-- inzwischen - wie von der Gattin des Beschwerdeführers bei der Vorsprache bei der belangten Behörde am 15. September 1993 behauptet - getilgt sei, ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die erstmals in der Beschwerde vorgelegte Bestätigung der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich Bank AG, daß zur Rückführung der aushaftenden Kredite vom Beschwerdeführer pünktlich monatliche Ratenzahlungen von S 2.000,-- geleistet werden, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung dar. Mit dieser Bestätigung kann aber auch nicht entkräftet werden, daß der Beschwerdeführer nicht alle seine Verbindlichkeiten pünktlich erfüllt hat. Da - wie oben bereits dargelegt - Erklärungen von Gläubigern allein für eine Annahme, die Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer liege vorwiegend im Interesse der Gläubiger, noch nicht als ausreichend anzusehen ist, vermag der Beschwerdeführer auch mit seinem Vorbringen, es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen, mit einzelnen Gläubigern Kontakt aufzunehmen und zu erheben, ob diese Interesse an seiner weiteren Gewerbeausübung haben, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Im übrigen hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht näher konkretisiert, inwieweit die belangte Behörde das Ausmaß der gegen ihn bestehenden offenen Forderungen bzw. seine wirtschaftliche Lage unzutreffend festgestellt hätte. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf

die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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