Normen
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVO 1960 §84 Abs4;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVO 1960 §84 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Tiroler Landesregierung hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, "folgende Werbung (Plakat und dazugehörige Plakatwand als untrennbare Einheit) innerhalb von fünf Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides gemäß den §§ 84 Abs. 4 und 94b lit. b Straßenverkehrsordnung 1960, idF BGBl. Nr. 423/1990, zu entfernen:
Die auf Grundstück 396 GB Jenbach befindliche Plakatwand im Ausmaß von 2,5 x 5 m, die mit Reklame für Konsumgüter beklebt ist, welche an einer Betonwand eines Stolleneinganges in weniger als 100 m vom Fahrbahnrand der Unterinntaler Landesstraße L 215 außerhalb von Ortsgebieten etwa 20 m außerhalb der Ortstafel "Jenbach" beim Achsenseekraftwerk angebracht wurde".
Zur Begründung wird im angefochtenen Bescheid u.a. ausgeführt, unmittelbar an der Unterinntaler Landesstraße außerhalb des Ortsgebietes von Jenbach befinde sich eine Plakatwand. Die Plakatwand sei mit Werbeplakaten beklebt. Diese Plakate würden laufend wechseln. Wie sich aus einer von der Beschwerdeführerin vorgelegten Auflistung der Plakatthemen in der Zeit vom 2. Jänner bis zum 30. Juni 1993 ergibt, würden die aufgeklebten Plakate jeweils Konsumgüter bewerben. Plakatwand und Werbeplakat bildeten im vorliegenden Fall eine untrennbare Einheit, weil das Plakat ohne die Plakatwand nicht im Ortsbild in Erscheinung treten könne. Das Plakat müsse auf einem Träger sein, um stabil und ausfaltbar sichtbar zu sein. Ein wesentliches Indiz dafür, daß Werbeplakat und Plakatwand im gegenständlichen Fall als untrennbare Einheit anzusehen seien, stelle der Umstand dar, daß die Werbefläche nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bereits seit acht Jahren bewirtschaftet, das heißt mit Plakten versehen werde. Die vorliegende Werbung sei gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 verboten. Da eine Bewilligung im Sinne des § 84 Abs. 3 StVO 1960 nicht vorliege, sei die Behörde verpflichtet, Werbung und Werbeträger entfernen zu lassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und darin die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 84 StVO 1960 lautet:
"(1) Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, und Tankstellen dürfen außerhalb von Ortsgebieten nur mit dem Hinweiszeichen "Pannenhilfe" (§ 53 Z. 4) bzw. "Tankstellen" (§ 53 Z. 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und Erhaltung dieser Zeichen sind vom Inhaber des Gewerbebetriebes zu tragen.
(2) Ansonsten sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb der Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.
(3) Die Behörde hat Ausnahmen von dem im Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzer Satz sinngemäß.
(4) Ist eine Werbung oder Ankündigung entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung des Abs. 3 angebracht worden, so hat die Behörde den Besitzer oder Verfügungsberechtigten mit Bescheid zu verpflichten, die Werbung oder Ankündigung zu entfernen."
Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe die Plakatwand ungefähr im Jahre 1986 aufgestellt und bei der Gemeinde Jenbach einen Antrag auf Bewilligung eingebracht. Damals seien die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" betreffend die Gemeinde Jenbach so angebracht gewesen, daß sich die Hinweistafel im Ortsgebiet (im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO 1960) befunden habe. Die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie nicht ermittelt habe, daß die Plakatwand bei Antragstellung im Ortsgebiet gelegen wäre und warum die Gemeinde Jenbach über den Antrag nicht entschieden habe.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin vermag aber eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht aufzuzeigen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu beurteilen. Bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sowie des angefochtenen Bescheides befanden sich Plakatwand und Werbung aber unbestritten außerhalb des Ortsgebietes. Für das gegenständliche Verfahren ist es daher nicht von Bedeutung, ob sich die Plakatwand bei Stellung eines Antrages an die Gemeinde Jenbach im Jahr 1986 innerhalb des Ortsgebietes von Jenbach befunden hat und aus welchen Gründen die Gemeinde Jenbach nicht über den genannten Antrag abgesprochen hat.
Soweit die Beschwerdeführerin des weiteren ins Treffen führt, der Beseitigungsauftrag hätte deshalb nicht erfolgen dürfen, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinn des § 84 Abs. 3 StVO 1960 vorlägen, ist zu entgegnen, daß eine im Gegensatz zu dem im § 84 Abs. 2 StVO 1960 enthaltenen generellen Verbot angebrachte Werbung oder Ankündigung nur dann zulässig ist, wenn eine Ausnahme von diesem Verbot bewilligt worden ist. Eine derartige Bewilligung lag aber zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unbetrittenermaßen nicht vor. Auf die Beschwerdeausführungen zur Frage, welche Behörde zur Erteilung einer Bewilligung des § 84 Abs. 3 StVO 1960 zuständig gewesen wäre, ist mangels Relevanz auf das gegenständliche Verfahren daher nicht einzugehen.
Innerhalb des Beschwerdepunktes, der im gegenständlichen Fall die Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin durch den Beseitigungsauftrag der belangten Behörde betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof auch von Amts wegen die Rechtswidrigkeit eines Bescheides wahrzunehmen. Aus folgendem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet:
Das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO 1960 bezieht sich nach seinem klaren Wortlaut auf die Werbungen und Ankündigungen. Der Gesetzgeber will mit der genannten Regelung eine durch Werbungen und Ankündigungen hervorgerufene Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit der Straßenbenutzer, vor allem der Kraftfahrer, verhindern. Ein Beseitigungsauftrag im Sinne des § 84 Abs. 4 StVO 1960 hat daher ausschließlich die Werbung bzw. Ankündigung zu betreffen, es sei denn, Werbung und Werbeträger stellten eine untrennbare Einheit dar (vgl. hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1979, Zl. 886/78, Slg. 9831/A). Die Beurteilung, ob Werbeträger und Werbung bzw. Ankündigung eine untrennbare Einheit bilden, ist Teil der rechtlichen Würdigung.
Im gegenständlichen Fall betrifft der Beseitigungsauftrag eine 5 m lange und 2,5 m hohe Plakatwand, an der laufend wechselnde Plakate aufgeklebt wurden. Tafeln, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, stellen aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/18/0136) grundsätzlich keine untrennbare Einheit mit den angebrachten Werbungen bzw. Ankündigungen dar. Eine Plakatwand, an der, wie im gegenständlichen Fall, laufend wechselnde Plakate befestigt werden, kann mit den einzelnen Plakaten eine untrennbare Einheit nicht bilden. Die belangte Behörde, die eine untrennbare Einheit zwischen Plakatwand und Plakat deshalb annahm, weil ein Plakat auf (irgend)einem Träger befestigt sein muß, um sichtbar zu sein, und weil die Plakatwand bereits seit 8 Jahren mit unterschiedlichen Plakaten versehen werden, hat die Rechtslage verkannt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde spricht auch der Umstand, daß die Plakatwand bereits sei vielen Jahren mit (verschiedenen) Plakaten versehen werde, nicht für, sondern gegen das Vorliegen einer untrennbaren Einheit. Die belangte Behörde hat somit zu Unrecht einen auf § 84 Abs. 4 StVO 1960 gestützten Beseitigungsauftrag für die Plakatwand ausgesprochen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Ersatz für Stempelgebühren war für zwei Beschwerdeausfertigungen (S 240,--) und eine Beilage (angefochtener Bescheid, S 60,--) zuzusprechen.
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