Normen
FrG 1993 §48 Abs3;
FrG 1993 §48 Abs4;
FrG 1993 §54;
FrG 1993 §48 Abs3;
FrG 1993 §48 Abs4;
FrG 1993 §54;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von "Restjugoslawien" und ethnisch der albanischen Volksgruppe im Kosovo zugehörig. Der Beschwerdeführer war mit einem gefälschten Reisepaß von der Slowakei nach Österreich eingereist und hatte die Absicht, am 4. Dezember 1993 nach Rosenheim, BRD, weiterzureisen. Bei der Einreise nach Deutschland wurde er von Organen der bayrischen Grenzpolizei kontrolliert und wies sich bei dieser Paßkontrolle mit dem gefälschten Reisepaß aus. Die bayrische Grenzpolizei übergab den Beschwerdeführer noch an diesem Tag der Bundespolizeidirektion Salzburg, die mit Bescheid vom 4. Dezember 1993 über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. zur Sicherung der Abschiebung verhängte. Bei seiner Einvernahme vom 6. Dezember 1993 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, daß beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und ihn nach Erlangung eines Heimreisezertifikats in seine Heimat abzuschieben. Ferner wurde er im Beisein eines Dolmetschers auf die Möglichkeit der Antragstellung nach § 54 Fremdengesetz (FrG) hingewiesen und darüber belehrt, unter welchen Voraussetzungen die Schubhaft bis zu insgesamt sechs Monaten aufrecht erhalten werden könne (§ 48 Abs. 4 FrG).
Am 1. Februar 1994 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Restjugoslawien, in eventu einen Antrag auf Bewilligung eines Abschiebungsaufschubes mit der Begründung, er habe seiner Einberufung zum Militärdienst aus wichtigen Gründen nicht Folge geleistet, sodaß er als Kosovo-Albaner in Jugoslawien mit erheblicher Verfolgung zu rechnen habe.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 8. Februar 1994 (zugestellt am 14. Februar 1994) wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen; mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Februar 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. Februar 1994 auf Gewährung von Asyl abgewiesen.
Am 4. März 1994 stellte der Beschwerdeführer schließlich einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Slowenien und Ungarn sowie einen Eventualantrag auf Gewährung eines einjährigen Abschiebungsaufschubes gemäß § 36 Abs. 2 FrG.
Mit Bescheid vom 17. März 1994 hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer erhobene Schubhaftbeschwerde, soweit sie sich gegen die mit Bescheid vom 4. Dezember 1993 verhängte Schubhaft gerichtet habe, für den Zeitraum ab 1. März 1994 als unbegründet abgewiesen, soweit sie sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft am 28. Februar 1994 bezogen habe und gegen die mit Bescheid vom 5. Dezember 1993 verhängte Schubhaft gerichtet gewesen sei, wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer mit der zur hg. Zl. 94/O2/O188, protokollierten Beschwerde).
Am 22. März 1994 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Albanien und Rumänien ein und wiederholte seinen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Slowakei.
Mit Bescheid vom 7. April 1994 wurde die weitere Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers, soweit sie sich gegen die mit Bescheid vom 4. Dezember 1993 verhängte Schubhaft gerichtet habe, für den Zeitraum ab 22. März 1994 abgewiesen; soweit sie sich gegen die mit Bescheid vom 5. Dezember 1993 verhängte Schubhaft gerichtet habe, wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (Beschwerde protokolliert zur hg. Zl. 94/O2/O189).
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 11. April 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes abgewiesen.
Am 25. April 1994 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Makedonien.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 27. April 1994 wurde dem Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Ungarn keine Folge gegeben.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 6. Mai 1994 wurde gemäß § 54 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei (am 25. Mai 1994 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg den Berufungen des Beschwerdeführers gegen die beiden zuletzt genannten Bescheide keine Folge).
Mit dem (weiters angefochtenen) Bescheid vom 13. Mai 1994 wurde die Schubhaftbeschwerde für den Zeitraum ab dem 8. April 1994 als unbegründet abgewiesen und die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig festgestellt (Beschwerde protokolliert zur hg. Zl. 94/O2/O285).
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen
Beratung und Beschlußfassung verbunden und hierüber erwogen:
1. zu den zu den Zlen. 94/O2/O188, O189 protokollierten
Beschwerden:
Der Beschwerdeführer führt zunächst aus, die belangte Behörde habe eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der über ihn verhängten Schubhaft mit der Begründung verwehrt, daß die Frage, ob eine Abschiebung in die jugoslawische Föderation zulässig sei oder einer derartigen Abschiebung Gründe im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder 2 FrG entgegenstehen, ausschließlich von der im Verfahren nach § 54 Abs. 2 FrG zuständigen Behörde beurteilt werden dürfe, und ihm dadurch im Kernbereich eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft vorenthalten. Da seit dem 14. Februar 1994 als einziger denkbarer Haftgrund eine Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Jugoslawien in Betracht komme, eine derartige Abschiebung jedoch im Hinblick auf die derzeitige politische Situation in diesem Land offenkundig und augenscheinlich unzulässig sei, habe die Schubhaft nicht der Sicherung seiner Abschiebung in die Republik Jugoslawien dienen dürfen.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß die in den angefochtenen Bescheiden zu dieser Frage dargestellte Rechtsmeinung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, wonach im Hinblick auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat (im folgenden: UVS) zu erfolgen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/O41O, vom 22. April 1994, Zl. 94/O2/OO82, vom 8. Juli 1994, Zlen. 94/O2/O124, O127, und vom 12. August 1994, Zl. 94/O2/O123). Von dieser Möglichkeit der Antragstellung auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung durch die Fremdenbehörde hat der Beschwerdeführer mit seinen Anträgen (mehrmals) Gebrauch gemacht, indem er das Vorliegen von Abschiebungshindernissen hinsichtlich Jugoslawien, Ungarn, der Slowakei, Makedonien, Albanien und Rumänien behauptete, sodaß die Behauptung, daß nach dem Inhalt des betreffenden Verwaltungsaktes als "einziger" denkbarer Haftgrund eine Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Jugoslawien in Betracht komme, wollte man ihm nicht die Stellung völlig überflüssiger Anträge unterstellen, überhaupt unverständlich wird.
Die Beschwerde meint weiters, daß auch bei Zulässigkeit einer derartigen Abschiebung eine mehrmonatige Anhaltung des noch fast jugendlichen Beschwerdeführers in Schubhaft in keinem Verhältnis zum Zweck einer derartigen Maßnahme mehr stehe und der Fremdenpolizeibehörde eine Verletzung ihrer Verpflichtung, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauere (§ 48 Abs. 1 FrG), vorzuwerfen sei. In weitwendigen Ausführungen behauptet der Beschwerdeführer, daß die Fremdenbehörde keinesfalls Monate in Untätigkeit habe verharren dürfen, bevor hinsichtlich einer Abschiebung des Beschwerdeführers in einen anderen Zielstaat als die Republik Jugoslawien irgendwelche konkreten administrativen Vorbereitungshandlungen gesetzt worden seien. Der Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers in einen anderen Staat als Jugoslawien habe daher die Schubhaft im vorliegenden Fall keinesfalls zu dienen gehabt. Auch dieses Vorbringen ist schon im Hinblick darauf nicht begründet, daß zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide über den Antrag des Beschwerdeführers, gemäß § 54 FrG die Unzulässigkeit der Abschiebung nach Jugoslawien (und in andere Länder) festzustellen, noch nicht rechtskräftig entschieden war. Da sich die Dauer der Schubhaft innerhalb der zeitlichen Schranken des § 48 Abs. 4 FrG bewegte und dem Gesetz nicht entnommen werden kann, daß dem UVS bei einem Sachverhalt - wie dem vorliegenden - eine Prüfungsmöglichkeit zukäme, in welcher Reihenfolge die Fremdenbehörden die zur Durchsetzung der Abschiebung geeignet erscheinenden Maßnahmen treffen, liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor.
Anders als der Verfassungsgerichtshof, der in seinem Erkenntnis vom 23. Juni 1994, B 2019/93, ausgesprochen hat, daß ein mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellender Verstoß gegen die Bestimmung des § 48 Abs. 5 FrG dann vorliege, wenn das "Inkenntnissetzen" des Fremden nicht vor Ablauf der zweimonatigen Frist erfolge, hat der Verwaltungsgerichtshof Verstöße gegen Verfahrensvorschriften an der Bestimmung des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu messen. Demnach führen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie wesentlich sind und ihre Wesentlichkeit vom Beschwerdeführer dargetan wird.
Soweit der Beschwerdeführer daher eine Verletzung der Verständigungspflicht im Sinne des § 48 Abs. 4 (richtig: Abs. 5) FrG rügt und sich auch durch die Unterlassung der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde beschwert erachtet, es in der Folge aber unterläßt, die Relevanz dieser behaupteten Verstöße gegen Verfahrensvorschriften darzutun, erübrigt es sich, auf die diesbezüglichen Ausführungen einzugehen.
2. zu der zur Zl. 94/O2/O285 protokollierten Beschwerde:
Nach umfangreichen Ausführungen zur politischen Lage im ehemaligen Jugoslawien wendet sich der Beschwerdeführer auch in diesem Beschwerdefall dagegen, daß die Schubhaft während eines Zeitraumes von insgesamt 6 Monaten aufrecht erhalten worden sei und die Fremdenpolizeibehörde erster Instanz dem Verhältnismäßigkeitsgebot des § 48 Abs. 1 FrG dadurch zuwider gehandelt habe, daß sie mehr als 2 Monate habe verstreichen lassen, bis über den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Jugoslawien abgesprochen worden sei. Es reiche nicht aus, wenn die Behörde zur Erlangung der für die Einreise erforderlichen Bewilligung eines anderen Staates bei der in Salzburg etablierten konsularischen Vertretungsbehörde des Abschiebungszielstaates in regelmäßigen Abständen die Ausstellung einer Einreisebewilligung urgiere, ohne wenigstens zu erkunden, ob mit der Ausstellung einer derartigen Bewilligung überhaupt gerechnet werden könne bzw. welche konkreten Hindernisse der Ausstellung dieses Papieres entgegenstünden. Eine Notwendigkeit zur Sicherung der Abschiebung durch Aufrechterhaltung der Schubhaft könne nur dann bestehen, wenn diese Abschiebung tatsächlich mit entsprechendem Nachdruck und mit der gebotenen Raschheit betrieben werde. Nach dem Beschwerdevorbringen ersuchte die Bundespolizeidirektion Salzburg das jugoslawische Konsulat am 7. Dezember 1993 schriftlich um Ausstellung eines "Heimreisezertifikats"; die Erledigung am 25. Jänner 1994 schriftlich, am 28. Jänner, 18. Februar und 14. März 1994 telefonisch, am 5. April, 27. April und am 6. Mai 1994 mündlich oder schriftlich urgiert wurde. Da die belangte Behörde aufgrund des Verhaltens der jugoslawischen Vertretung in Salzburg (die die erforderlichen Dokumente nicht verweigert hat) davon ausgehen konnte, daß die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht ausgeschlossen erscheine, vermag der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen § 48 Abs. 1 FrG auch in diesem Falle nicht zu erkennen.
Die Beschwerden erweisen sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - die zur Zl. 94/O2/O285 protokollierte Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG - abzuweisen waren.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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