Normen
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §26;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §73;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §26;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §73;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. September 1992 war gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 iVm § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (FrPolG) ein bis 21. Juli 2002 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen worden.
Begründet war dieser Bescheid damit worden, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1990 wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO und des § 64 Abs. 1 KFG rechtskräftig bestraft worden wäre. Darüber hinaus wäre der Beschwerdeführer zwischen Juni und November 1990 wegen weiterer Übertretungen kraftfahrrechtlicher und straßenverkehrspolizeilicher Vorschriften rechtskräftig bestraft worden. Zu diesen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen wären im Jahr 1991 noch zwei rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen § 88 Abs. 1 und 4 StGB und wegen § 206 Abs. 1 StGB (letztere mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf drei Jahre), gekommen. Im Rahmen der nach § 3 Abs. 3 FrPolG durchgeführten Interessenabwägung war von der belangten Behörde der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit 1985 sowie der langjährige Aufenthalt der Eltern und zweier Geschwister des Beschwerdeführers im Bundesgebiet berücksichtigt worden. Ungeachtet des von ihr als nicht unbeträchtlichen Eingriff in das Leben des Beschwerdeführers gewerteten Aufenthaltsverbotes war die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen unbedingt geboten wäre. Nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen hätten die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer gewogen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.
2. Mit an die Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt gerichteter Eingabe vom 21. April 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Aufehbung des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes.
3. Mit Bescheid vom 18. Mai 1993 wies diese Behörde den Aufhebungs-Antrag gemäß § 26 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ab.
4. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 2. Juli 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In sachverhaltsmäßiger Hinsicht wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Beschwerdeführer nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn, und zwar in der Zeit zwischen 1. Oktober 1992 und 18. März 1993, neuerlich wegen einer Reihe von Verwaltungsübertretungen - § 43 Abs. 4 lit. d KFG; § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz; §§ 7 Abs. 1, 16 Abs. 1 lit. a und c, 4 Abs. 1 lit. a und c, 4 Abs. 5, 4 Abs. 1 lit. c, 4 Abs. 5 StVO - rechtskräftig bestraft worden sei.
Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, seien nicht weggefallen. Vielmehr habe der Beschwerdeführer nach Verhängung dieser Maßnahme neuerlich ein Verhalten gesetzt, welches die gröbliche Mißachtung der Normen, die zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit bestünden, deutlich dokumentiere (vorschriftswidriges Überholen bei Gegenverkehr, Verkehrsunfall mit Fahrerflucht). Bei Abwägung der für und gegen ein Aufenthaltsverbot sprechenden öffentlichen und privaten Interessen sei die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers und dessen Neigung zur Negierung österreichischer Rechtsvorschriften die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht zulässig mache, vielmehr die Vollstreckung dieser Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei. Den nicht unerheblichen familiären und privaten Bindungen des Beschwerdeführers, die aufgrund seines nunmehr achtjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestünden, sei im Hinblick auf die maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes kein größeres Gewicht beizumessen.
5. Die gegen diesen Bescheid zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem Gerichtshof nach Ablehnung von deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluß vom 28. September 1993, B 1353/93).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
2. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff i.S. des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen anderseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0389, und vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0503).
3. Das in den rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO und des § 64 Abs. 1 KFG (im Jahr 1990) und in den rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen wegen § 88 Abs. 1 und 4 StGB und wegen § 206 Abs. 1 StGB (im Jahr 1991) begründete öffentliche Interesse würde nach wie vor die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer rechtfertigen (§ 18 Abs. 2 Z. 2 iVm § 18 Abs. 1 FrG). Darüber hinaus hat die belangte Behörde mit Recht auch auf die seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes begangenen Gesetzesverstöße und daraus resultierenden rechtskräftigen Bestrafungen (wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes und der StVO) hingewiesen, sind doch im gegebenen Zusammenhang auch nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretene und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechende Umstände zu beachten (vgl. aus der zu § 8 FrPolG ergangenen hg. Rechtsprechung, die auch in Ansehung des § 26 FrG zum Tragen kommt, etwa die Erkenntnisse vom 20. Juli 1992, Zl. 92/18/0305, und vom 8. Oktober 1992, Zl. 92/18/0320). Die im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden maßgeblichen Interessen sind demnach nicht nur gleich groß geblieben, sondern haben noch an Gewicht gewonnen.
4.1. Zu § 19 FrG meint die Beschwerde, daß die Aufrechterhaltung des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes nicht dringend geboten i.S. von notwendig und unumgänglich sei. Dies deshalb, weil die Sicherung der im Art. 8 Abs. 2 MRK angesprochenen öffentlichen Interessen "durch anderweitige gesetzliche Maßnahmen, so durch den Entzug der Lenkerberechtigung, substituierbar" sei.
4.2. Diesem Vorbringen vermag der Gerichtshof nicht beizupflichten, denn kraftfahrrechtliche Maßnahmen, wie die Entziehung der Lenkerberechtigung, bieten keine Gewähr dafür, daß der Beschwerdeführer in Hinkunft nicht neuerlich gegen Vorschriften der StVO verstoßen werde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0515). Daß aber die belangte Behörde - ausgehend von dem von ihr zu Recht bejahten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes - die Zulässigkeit im Grunde des § 19 FrG als gegeben erachtete, kann schon angesichts der großen Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr, die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern, ebenso wie von solchen ohne Lenkerberechtigung ausgeht, nicht als rechtsirrig erkannt werden. Es kann ihr des weiteren nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Bestehenbleiben des Aufenthaltsverbotes aufgrund der seit Erlassung dieser Maßnahme vom Beschwerdeführer begangenen weiteren Gesetzesverstöße und seiner damit zum Ausdruck gebrachten Neigung, österreichische Rechtsvorschriften zu mißachten, umso dringender für geboten erachtete, um den Schutz der öffentlichen Ordnung (einschließlich eines geordneten Fremdenwesens) und der Gesundheit anderer zu gewährleisten, aber auch, um weitere strafbare Handlungen des Beschwerdeführers zu verhindern (Art. 8 Abs. 2 MRK).
5.1. Der Beschwerdeführer hält schließlich die bekämpfte Entscheidung auch aus dem Blickwinkel des § 20 Abs. 1 FrG für rechtswidrig. Er bringt vor, seit acht Jahren in Österreich zu leben und hier eine Beschäftigung auszuüben. Seine Eltern, mit denen er zusammen lebe, hielten sich schon viele Jahre (der Vater 22 Jahre) im Bundesgebiet auf; auch weitere nahe Angehörige seien hier ansässig. Im Hinblick auf diese persönlichen Verhältnisse wiege der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff unverhältnismäßig schwerer als die von der belangten Behörde ins Treffen geführten öffentlichen Interessen.
5.2. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, daß auf sämtliche der vorgenannten für den Beschwerdeführer sprechenden Umstände bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes Bedacht genommen worden war und die belangte Behörde ungeachtet dessen - in rechtlich unbedenklicher Weise - die maßgeblichen öffentlichen, für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sprechenden Interessen als unverhältnismäßig schwerer wiegend gewertet hatte (vgl. das diesbezügliche hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0451). Wenn bereits damals das Ergebnis der (gemäß § 3 Abs. 3 FrPolG vorgenommenen) Interessenabwägung die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zulässig gemacht hatte, so ist die Zulässigkeit der Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG umso mehr zu bejahen: Denn auf der einen Seite hat selbst die Beschwerde nicht geltend gemacht, daß sich in der Zeit seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes (Bescheid der belangten Behörde vom 28. September 1992, rechtskräftig mit der Zustellung am 7. Oktober 1992) und Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides an den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen etwas (wesentliches) zu seinen Gunsten geändert habe; auf der anderen Seite aber hat sich, wie schon dargetan (oben II.3.) die Lage der maßgeblichen öffentlichen Interessen sogar zuungunsten des Beschwerdeführers geändert. Die Beurteilung durch die belangte Behörde, daß die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht schwerer wögen als die dagegen sprechenden öffentlichen Interessen begegnet demnach keinen Bedenken.
6. Da somit - zusammengefaßt - die belangte Behörde zutreffend zu dem Ergebnis gelangt ist, es seien die Gründe, die seinerzeit zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer geführt hätten, nicht weggefallen, liegt die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt - nicht vor. Die Beschwerde war demzufolge gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
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