Normen
GrEStG 1955 §1;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 litb;
VwRallg;
GrEStG 1955 §1;
GrEStG 1955 §11;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 litb;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505, der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführenden Parteien und die Allgemeine Bauten-Vertriebsgesellschaft mbH in Wien schlossen am 10. Juli 1986 einen Kaufvertrag. Punkt II und XVII des Vertrages lauten:
"II.
KAUFGEGENSTAND:
Gegenstand dieses Vertrages ist das ideelle Dritteleigentum an der Parzelle Nr. 169/2 im Ausmaß von ca. 708 m2 (gesamt), anteilig 203 m2. Weiters das Eigentum zu 1/24 Anteil an der Parzelle Nr. 169/8 im Ausmaß von ca. 1212 m2 (gesamt). Die kaufende Partei kauft hiemit diese Liegenschaftsanteile geldlastenfrei zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten und Begründung von Wohnungseigentum. Dieser Kauf bezweckt den Erwerb des Mindestanteiles im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 BGBl. Nr. 417/75 in der jeweiligen Fassung.
XVII.
GRUNDERWERBSTEUERBEFREIUNG:
Die kaufende Partei wird bezüglich des gegenständlichen Liegenschaftserwerbes Grunderwerbsteuerbefreiung gem. § 4 Abs. 1 Ziffer 2 lit. a GrEstG beantragen. Festgestellt wird, daß die kaufende Partei von der verkaufenden Partei nur den Kaufgegenstand erwirbt und als selbständiger Bauherr die Arbeiterwohnstätte plant und errichten wird. Die verkaufende Partei übernimmt aber keine Gewähr für die Befreiung von der GrESt."
Auf "Anfrage gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 über die bauliche Vollendung des Einfamilienhauses innerhalb von 8 Jahren ab Kaufvertragsdatum" teilten die beschwerdeführenden Parteien am 8. Oktober 1990 u.a. mit, daß eine Arbeiterwohnstätte errichtet worden sei (Benützungsbewilligung: 15. Jänner 1988) und es keinen gemeinsamen Baubeschluß mit den weiteren Miteigentümern gegeben habe. Ein solcher sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da auf jedem Grundanteil ein Einfamilienhaus errichtet werden sollte und es jedem Miteigentümer freigestellt gewesen sei, ob und wie (im Rahmen der Bauvorschriften) die Liegenschaft verbaut werde.
Mit den an die beschwerdeführenden Parteien ergangenen Bescheiden jeweils vom 13. Juni 1991 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Grunderwerbsteuer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 mit 8 % von der Gegenleistung in der Höhe von S 686.000,-- mit jeweils S 54.880,-- fest. In den gesondert ergangenen Begründungen dieser Bescheide wurde u.a. ausgeführt, nur das gemeinsame Tätigwerden aller Miteigentümer zur Errichtung der Baulichkeiten hätte nach Vorliegen aller anderen Voraussetzungen im gegebenen Fall die Bauherreneigenschaft begründen können. Da dieser gemeinsame Beschluß nicht existiere, die Mitplanung laut Inserat nur im Innenausbau möglich gewesen sei und der nunmehrige Erwerber in ein fertig geplantes Reihenhausprojekt eingetreten sei, könne die Bauherreneigenschaft dem einzelnen Erwerber nicht zuerkannt werden.
Mit den im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom 13. Juni 1991 erhobenen Berufungen u.a. mit der Begründung, ein gemeinsamer Baubeschluß sei im vorliegenden Fall nicht gefaßt worden, ab.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Befreiung von der Grunderwerbsteuer gemäß den für den Erwerbsvorgang zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des GrEStG 1955 sowie für den Fall, daß ein Befreiungstatbestand nicht vorliege, durch die denkunmögliche und rechtswidrige Anwendung des § 11 GrEStG 1955 in dem Recht auf eine dem Gesetz entsprechende Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verletzt.
Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung beider Rechtssachen wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und danach erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 2 GrEStG 1987 sind auf vor dem 1. Juli 1987 verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden.
Im vorliegenden Beschwerdefall sind demnach die Bestimmungen des GrEStG 1955 anzuwenden.
Beim Erwerb von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum verbunden werden soll, kann zur Erreichung der Bauherreneigenschaft der Auftrag zur Errichtung des Wohnhauses bzw. der Reihenhausanlage nur von der Eigentümergemeinschaft erteilt werden, wofür von vornherein die Fassung eines gemeinsamen, darauf abzielenden Beschlusses erforderlich ist. Denn nur die Gesamtheit aller Miteigentümer kann rechtlich über das ihnen gemeinsame Grundstück kraft ihres Willenentschlusses verfügen. Die Bauherreneigenschaft einer Miteigentümergemeinschaft ist also nur dann gegeben, wenn sämtliche Miteigentümer gemeinsam tätig werden und das Risiko tragen. Inhaltsgleiche Einzelerklärungen von Miteigentümern können den erforderlichen gemeinsamen, auf Errichtung des gesamten Bauwerkes gehenden Beschluß der Eigentümergemeinschaft nicht ersetzen (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Bd. II,
3. Teil, Rz 93 und 94 zu § 5 GrEStG 1987 samt angeführter Rechtsprechung).
Ein solcher gemeinsamer Beschluß der Miteigentümergemeinschaft liegt nicht vor. Dies wurde von den beschwerdeführenden Parteien sowohl in der bereits erwähnten Anfragebeantwortung als auch in einer auf Vorhalt ergangenen Stellungnahme vom 14. September 1992 dargelegt. Die insofern getroffenen Feststellungen in den Bescheiden vom 13. Juni 1991, in den Berufungsvorentscheidungen und in den angefochtenen Bescheiden wurden nicht bestritten. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde insofern bereits entschieden, weil ein gemeinsamer Beschluß beim Erwerb von Miteigentumsanteilen an einer Liegenschaft, mit denen das Wohnungseigentum verbunden werden soll, nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unabdingbare Voraussetzung für die Zuerkennung der Bauherreneigenschaft ist.
Die in den Beschwerden herangezogene Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 kommt schon mangels Vorliegen der Bauherreneigenschaft der beschwerdeführenden Parteien nicht zum Tragen. "Schaffender" einer Arbeiterwohnstätte kann nur derjenige sein, der auch als Bauherr der Arbeiterwohnstätte in Betracht kommt. Ein Erwerbsvorgang ist nur dann nach dieser Bestimmung steuerfrei, wenn der Erwerber des Grundstückes zugleich Bauherr ist (vgl. Erkenntnis vom 25. Juni 1981, Zl. 16/0148/79).
Nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 ist der erste Erwerb einer geschaffenen oder vom Veräußerer zu schaffenden Arbeiterwohnstätte unter der Voraussetzung von der Grunderwerbsteuer befreit, daß der Erwerber das Hausgrundstück als "Eigenheim" übernimmt. Die Anwendung der Befreiungsbestimmung scheitert jedoch daran, daß von einem Eigenheim nur bei Alleineigentum an dem Grundstück (samt Haus) gesprochen werden kann und nicht auch beim Erwerb eines Miteigentumsanteiles an einem Grundstück, mit dem bloß das Recht auf ausschließliche Nutzung eines Hauses oder alleinige Verfügung darüber (Wohnungseigentum) verbunden ist (vgl. Erkenntnis vom 23. Februar 1984, Zl. 82/16/0093).
Dem in den Beschwerden erhobenen Vorwurf, die belangte Behörde habe lediglich geprüft, ob der Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z. 3 GrEStG 1955 zum Tragen kommen könne, nicht aber auch ob weitere Befreiungstatbestände erfüllt wären, kommt - ungeachtet, ob dieser Vorwurf überhaupt berechtigt ist - keine Relevanz zu, weil die Voraussetzungen für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach den Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 insgesamt nicht gegeben sind.
Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die beschwerdeführenden Parteien in ihren Rechten nicht verletzt worden sind. Die Beschwerden waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
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