VwGH 93/15/0209

VwGH93/15/020927.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der T GmbH & Co KG in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 30. September 1993, Zl. B 60-3/93, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in den Jahren 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §22;
BAO §23;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG §23 Z2;
EStG §4 Abs4;
KStG §1 Abs2 Z2;
KStG §2 Abs2 Z1;
BAO §22;
BAO §23;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG §23 Z2;
EStG §4 Abs4;
KStG §1 Abs2 Z2;
KStG §2 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin - eine GmbH & Co KG - leistete ihrem (85 %-)Kommanditisten, nämlich dem Land Steiermark (in der Folge: Gesellschafter), vom Finanzamt nicht als Betriebsausgaben der Beschwerdeführerin anerkannte und beim Gesellschafter gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 und 1988 als Teil der im Rahmen seiner Beteiligung erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesehene Darlehenszinsen in Höhe von rund S 4,8 Mio pro Streitjahr. Anläßlich einer die Streitjahre betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung beantragte die Beschwerdeführerin, die geleisteten Zinsen (in Höhe der "Refinanzierungskosten" der Darlehen) als Sonderbetriebsausgaben anzuerkennen. Dem entsprach mangels eines erwiesenen unmittelbaren Zusammenhanges zwischen den der Beschwerdeführerin gewährten Darlehen bzw. den dafür geleisteten Zinsen und dem zur Refinanzierung aufgenommenen Fremdkapital bzw. den darauf entfallenden Zinsen weder der Prüfer noch im Anschluß daran das Finanzamt.

Auch im Berufungsverfahren gegen die dem Prüfer folgenden Bescheide des Finanzamtes betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in den Streitjahren vertrat die Beschwerdeführerin zunächst nur den schon geschilderten Rechtsstandpunkt. Noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides stellte sie allerdings den Eventualantrag, die dem Gesellschafter in den Streitjahren geleisteten Zinsen - auch wenn dem Refinanzierungsargument nicht gefolgt werde - nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 Z. 2 EStG zu behandeln.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in dem in Rede stehenden Punkt ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, nach dem Ergebnis der Ermittlungen im Abgabenverfahren sei eine Kreditaufnahme des Gesellschafters zur Refinanzierung der der Beschwerdeführerin gewährten Darlehen nicht erwiesen; vielmehr gehe aus den der belangten Behörde zur Kenntnis gebrachten Regierungsbeschlüssen hervor, daß der Gesellschafter primär aus laufenden Einnahmen (Ertragsanteilen, Steuern etc.) stammende Mittel zur Darlehensgewährung an die Beschwerdeführerin verwendet habe. Auch der von dieser gestellte Eventualantrag sei unbegründet, weil § 23 Z. 2 EStG eine zwingende Zuordnungsregel zu den gewerblichen Einkünften beinhalte. Daß die Kommanditbeteiligung des Gesellschafters an der Beschwerdeführerin nach Körperschaftsteuerrecht einen Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts darstelle, ändere daran nichts. Ob Rechtsbeziehungen zwischen der Trägerkörperschaft (dem Land Steiermark) und ihrem Betrieb gewerblicher Art (der Kommanditbeteiligung an der Beschwerdeführerin) steuerlich anzuerkennen seien, sei für die Entscheidung im vorliegenden Fall bedeutungslos.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde die dem Gesellschafter der Beschwerdeführerin von dieser in den Streitjahren geleisteten Darlehenszinsen "gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 bzw. EStG 1988 als Gewinnanteil des Gesellschafters Land Steiermark angesehen hat".

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Z. 2 EStG 1972 und 1988 sind Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben, Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Voraussetzung für die Anwendung der zitierten Bestimmung ist also, daß die von der Mitunternehmerschaft vergüteten Leistungen einem Mitunternehmer zuzurechnen sind.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 KStG 1988 sind Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts als solche körperschaftsteuerpflichtig. Sie sind somit eigene, von der Trägerkörperschaft zu unterscheidende Steuersubjekte, die steuerlich zu ihrer Trägerkörperschaft in Rechtsbeziehungen treten können. Dementsprechend wird in Rechtsprechung und Schrifttum die Auffassung vertreten, daß solche Rechtsbeziehungen vergleichbar sind jenen eines Einmanngesellschafters zu seiner GmbH (Trennungsprinzip, vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, Zl. 87/13/0028).

Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 KStG 1988 gilt als Betrieb gewerblicher Art auch die Beteiligung an einer Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind. Dies hat zur Folge, daß der Steuergesetzgeber in Fällen, in denen sich eine Körperschaft öffentlichen Rechts als Gesellschafter an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ein eigenes Ertragsteuersubjekt, nämlich den Betrieb gewerblicher Art vorsieht, der als Gesellschafter an die Stelle der Trägerkörperschaft tritt. Steuerlich ist also abweichend vom Handelsrecht nicht die Trägerkörperschaft Gesellschafter der Mitunternehmerschaft, sondern ihr Betrieb gewerblicher Art als selbständiges Steuersubjekt. Das hat weiters zur Folge, daß auch vom Regelungsinhalt des § 23 Z. 2 EStG nur Leistungsvergütungen zwischen der Mitunternehmerschaft einerseits und dem steuerlich als ihr Gesellschafter fungierenden Betrieb gewerblicher Art andererseits erfaßt werden. Leistungen, die von der Trägerkörperschaft erbracht und von der Mitunternehmerschaft vergütet werden, sind hingegen steuerlich als Leistungen Dritter anzusehen, deren Vergütungen grundsätzlich bei der Mitunternehmerschaft zu Betriebsausgaben führen.

Eine Einschränkung wird nur bei unangemessenen Leistungsvergütungen geboten sein, weil - wie bereits erwähnt - die Rechtsbeziehungen einer Trägerkörperschaft zu ihrem Betrieb gewerblicher Art jener eines Einmanngesellschafters zu seiner GmbH vergleichbar sind, sodaß der fehlende Interessengegensatz zu Vertragsgestaltungen führen kann, die unter einander fremden Steuersubjekten nicht getroffen würden. Das Vorliegen derartiger unüblicher Abmachungen wird von der belangten Behörde nicht behauptet und ist auch für den Gerichtshof nicht erkennbar.

Aus rechtssystematischen Erwägungen sieht sich der Gerichtshof noch zu folgender Aussage veranlaßt: Selbst wenn man aus § 2 Abs. 2 Z. 1 KStG 1988 nicht ableiten wollte, daß der Betrieb gewerblicher Art als Gesellschafter und eigenes Steuersubjekt die Trägerkörperschaft steuerlich aus ihrer Gesellschafterstellung verdrängt, führt auch eine systematische Interpretation zu demselben Ergebnis. Würde nämlich die Trägerkörperschaft eine bestimmte betriebliche Aktivität wie eine natürliche Person als Einzelunternehmer entfalten, so entstünde jedenfalls ein Betrieb gewerblicher Art i.S. des § 2 Abs. 1 KStG 1988, mit dem die Trägerkörperschaft in steuerlich anzuerkennende Rechtsbeziehungen treten könnte. Sie könnte daher ihrem Betrieb gewerblicher Art auch ein Darlehen gewähren, dessen Zinsen - unter der Voraussetzung der Angemessenheit der Vertragsgestaltung - bei dieser als Betriebsausgaben abzugsfähig wären. Da § 23 Z. 2 EStG den Zweck verfolgt, das betriebliche Engagement eines Einzelunternehmers steuerlich im wesentlichen mit jenem gleichzustellen, das von den Gesellschaftern einer Mitunternehmerschaft im Rahmen ihrer Mitunternehmerschaft entfaltet wird, spricht auch dieses Postulat der Gleichbehandlung für eine steuerliche Abzugsfähigkeit angemessener Leistungsvergütungen einer Mitunternehmerschaft an eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die ihr betriebliches Engagement im Rahmen dieser Mitunternehmerschaft entfaltet.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

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