VwGH 93/15/0115

VwGH93/15/011529.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Josef und der Maria B in G, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom 18. Februar 1993, Zl. 39-GA4BK-DVie/90, betreffend vorläufige einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1984 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21;
BAO §22;
BAO §23;
EStG 1972 §28;
BAO §21;
BAO §22;
BAO §23;
EStG 1972 §28;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer haben unter tatkräftiger Mitwirkung ihres Sohnes Josef B., Bauingenieur, in den Jahren 1984 bis 1986 ein Mehrfamilienhaus errichtet; die Kollaudierung des zwei 2-Zimmerwohnungen (mit jeweils 47 m2) samt Balkon (mit jeweils 3,5 m2) und eine 4-Zimmerwohnung (mit 113 m2) samt Balkon und Terrasse (mit 29 m2) enthaltenden Gebäudes erfolgte am 6. November 1987. Zusätzlich wurden fünf Garagen errichtet. Die zwei 2-Zimmerwohnungen (je samt Garage) wurden mit schriftlichen Verträgen an familienfremde Personen vermietet. Die 4-Zimmerwohnung (ebenfalls samt Garage) wird vom Sohn der Beschwerdeführer genutzt. Josef B. ist unter der Adresse des Gebäudes seit 10. Dezember 1984 gemeldet. Bis September 1987 bewohnte er die Wohnung ohne Bezahlung eines Mietzinses, von Oktober 1987 bis Dezember 1988 entrichtete er nach ursprünglicher Darstellung der Beschwerdeführer S 2.200,--, nach später berichtigter Darstellung S 5.500,-- pro Monat, welcher Betrag unbestrittenermaßen auch ab dem (außerhalb der Streitjahre gelegenen) Jahr 1989 als monatlicher Mietzins entrichtet wurde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde dem zwischen den Beschwerdeführern und Josef B. mündlich abgeschlossenen Mietvertrag mangels genügend deutlicher Fixierung der Bedingungen die Anerkennung und schied alle die 4-Zimmerwohnung betreffenden Einnahmen und Ausgaben aus den jeweiligen Überschußrechnungen für die Streitjahre aus. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus:

Josef B. habe bei Errichtung des Gebäudes tatkräftig mitgewirkt, ja sogar eine Notunterkunft in dem Gebäude in Kauf genommen, um besser am Bau mitarbeiten zu können. Das Honorar für seine Mitarbeit und auch die "Verrechnung mit Mietzinsen" sei jedoch nicht entsprechend geregelt worden. Erst über abgabenbehördlichen Vorhalt sei mit Schriftsatz vom 17. November 1992 die Behauptung aufgestellt worden, Josef B. habe am 25. September 1987 eine Rechnung in Höhe von S 49.500,-- für die Erstellung der Einreichpläne für Bauüberwachung und Materialkontrolle, für Rechnungsprüfung und Vermessungsarbeiten erstellt und sei diese Forderung mit den von ihm von Oktober 1987 bis Dezember 1988 zu leistenden Mietzahlungen verrechnet worden (Gegenverrechnungsbetrag: S 3.300,-- im Monat). Von einer Mietzinsvereinbarung von S 5.500,-- und einer Gegenverrechnung mit Mietzinsen sei jedoch in früheren Eingaben noch nicht die Rede gewesen. Im Schriftsatz vom 11. Februar 1991 sei vielmehr vorgebracht worden, die von Josef B. zu leistende Miete sei erst später auf S 5.500,-- ANGEHOBEN worden. Auch in den ursprünglich eingereichten Überschußrechnungen werde die Gegenverrechnung nicht erwähnt. Es bestehe somit Unklarheit über die Art der Abgeltung der Mitarbeit des Sohnes bei der Gebäudeerrichtung, über die tatsächliche Höhe des von ihm geleisteten Mietzinses, über die Vertragsdauer (fraglich sei der Zeitpunkt der Fertigstellung der Wohnung sowie der Laufzeit des Mietvertrages) und über allfällige Wertsicherungsklauseln. Insgesamt erscheine damit eine steuerliche Anerkennung des behaupteten Mietverhältnisses zu Josef B. nicht möglich. Gehe man aber im Sinne der ursprünglich eingereichten Unterlagen und Schriftsätze von einem mit Josef B. von Oktober 1987 bis Dezember 1988 vereinbarten Mietzins in Höhe von S 2.200,-- pro Monat für die Mietwohnung im Ausmaß von 113 m2 zuzüglich Balkon und Terrasse (29 m2) und Garage aus, so sei der Mietzins mit Sicherheit als nicht fremdüblich - nämlich als zu gering - anzusehen. Daran ändere sich auch nichts, wenn man die von den Beschwerdeführern mit S 2.640,-- pro Monat bewerteten, nach Ansicht der belangten Behörde erst ab dem Jahr 1990 erbrachten Hausbesorgerarbeiten des Josef B. miteinbeziehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die von den Beschwerdeführern erstattete Replik in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen steuerlich nur anerkannt, wenn sie a) nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen, weiters b) einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und schließlich c) zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen auch abgeschlossen worden wären. Betreffend den als Anerkennungskriterium erforderlichen klaren und eindeutigen Inhalt gilt die Regel, daß bei unklaren Vertragsgestaltungen derjenige zur Aufklärung beizutragen hat, der sich auf die unklare Vereinbarung beruft (siehe z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. August 1994, Zl. 93/15/0205, m.w.N.).

Den aufgezeigten Kriterien kommt Bedeutung ausschließlich im Rahmen der Beweiswürdigung zu. Sie kommen (nur) in Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (siehe z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 92/15/0221).

Die Beschwerde bringt vor, der mit Josef B. im Oktober 1987 mündlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandvertrag weise die genannten Kriterien auf; der Vertrag besitze nämlich einen eindeutigen und klaren Inhalt, ausreichende Publizität und halte einem Fremdvergleich stand. Für das gültige Zustandekommen eines Bestandvertrages fordere das Gesetz (§ 1094 ABGB) nur die Willenseinigung der Vertragspartner über zwei Dinge: über die Bestandsache und über den Zins. Dabei genüge Bestimmbarkeit des Bestandzinses anstelle der Bestimmtheit, etwa durch Vereinbarung eines ortsüblichen Preises. Die tatsächliche Übergabe der Sache an den Bestandnehmer sei nicht erforderlich; ebensowenig die endgültige Festlegung aller Einzelheiten des Vertrages. Soweit darüber nachträglich keine Einigung erzielt werden könne, hätten die gesetzlichen Regelungen Geltung. Fehle die Schriftform, so könne dies allein einer Anerkennung nicht entgegenstehen, wenn auf andere Art belegt werden könne, daß ein Mietvertrag in einer Zweifel ausschließenden Weise nach außen als Mietvertrag zum Ausdruck gekommen sei. Dies sei erkenntlich an der Bezahlung des laufenden Bestandzinses sowie der Verrechnung von Betriebskosten und dergleichen. Die Schriftlichkeit einer Vereinbarung sei nicht erforderlich, wenn die Vereinbarung nach außen hin auf andere Weise zum Ausdruck komme. Allein entscheidend sei, daß der Steuerpflichtige in der Lage sei, der Behörde den Bestand und die effektive Durchführung von Vereinbarungen nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen. Im vorliegenden Fall sei glaubhaft gemacht worden, daß Josef B. eine Wohnung bezogen und für diese laufend Bestandzins in ortsüblicher Form und Betriebskosten entrichtet habe. Die Vereinbarung sei daher nach außen hin ausreichend zum Ausdruck gebracht worden. Die Vereinbarung weise auch einen eindeutigen und klaren Inhalt auf, weil die Bestandsache feststehe und die Miete ihrer Höhe nach bestimmt worden sei. Die Dauer des Bestandverhältnisses sei mit unbestimmter Vertragsdauer vereinbart worden. In bezug auf Mieterinvestitionen, Instandhaltungspflichten und die Kündigungsmöglichkeit beider Vertragsteile seien die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes zugrunde zu legen. Der Bestandzins von S 5.500,-- pro Monat halte inhaltlich einem Fremdvergleich stand, weil für die beiden anderen Wohnungen im Mehrfamilienhaus ein monatlicher Mietzins von S 4.070,-- pro Monat vereinbart worden sei; man müsse nämlich berücksichtigen, "daß nach dem geltenden Mietenspiegel, herausgegeben von der Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder für Wohnungen über 70 m2 ein bis zu 20 % niedrigerer Quadratmeter-Preis gegenüber Wohnungen mit einer Fläche von ca. 40 m2 anzusetzen" sei. Die Beschwerde erwähnt auch die Lage des Bestandobjektes (in Hallwang, Ortsteil Tuffen, im Grünland in einer bäuerlichen Gegend) und den Umstand, daß das Wohnhaus über keine Zentralheizung verfüge. Die Nichtanführung der Eingangsrechnung des Josef B. vom 25. September 1987 über von ihm erbrachte Leistungen im Wert von S 49.500,-- sei darauf zurückzuführen, daß die Beschwerdeführer ursprünglich irrtümlich diesen Umstand nicht als verfahrensrelevant erachtet hätten. Erst die Belehrung durch ihren steuerlichen Vertreter habe zu einer geänderten Beurteilung geführt. Unklarheiten in bezug auf die Art der Abgeltung der Mitarbeit des Josef B. bei der Gebäudeerrichtung, in bezug auf die tatsächliche Höhe des vereinbarten Mietzinses und in bezug auf die Gegenverrechnung mit den Leistungen des Josef B. seien somit ausgeräumt. Josef B. habe Hausbesorgungsarbeiten ab Oktober 1987 übernommen. Vorher hätten Verschmutzungen bauseits behoben werden müssen.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerde die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Der angefochtene Bescheid weist im wesentlichen auf folgende Widersprüche in der von den Beschwerdeführern im Abgabenverfahren gegebenen Sachverhaltsdarstellung hin:

Die Beschwerdeführer haben im Abgabenverfahren zunächst behauptet, das von ihnen errichtete Gebäude sei bereits Ende des Jahres 1986 fertiggestellt worden und hätte bereits zu diesem Zeitpunkt zur Gänze vermietet werden können. Auch war davon die Rede, daß die Miete zunächst S 2.200,-- pro Monat betragen habe und erst später auf S 5.500,-- ANGEHOBEN worden sei. Erst im Verlauf des Abgabenverfahrens brachten die Beschwerdeführer vor, die Miete habe bereits seit Oktober 1987 S 5.500,-- betragen. Erstmals wurde dann auch die Existenz einer Rechnung des Josef B. über die von bei der Gebäudeerrichtung erbrachten Leistungen behauptet, welche mit den Mieten "gegenverrechnet" worden sei.

Wenn die belangte Behörde wegen dieser zweifellos gegebenen Widersprüche der späteren Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführer keinen Glauben geschenkt hat, so ist darin keine Unschlüssigkeit zu erblicken. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde steht vielmehr mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung, wonach der ersten in einem behördlichen Verfahren gegebenen Sachverhaltsdarstellung höhere Glaubwürdigkeit als einer späteren Darstellung beizumessen ist, im Einklang. Auch das Ermittlungsverfahren weist keinen wesentlichen Mangel auf, zumal es nach der schon zitierten hg. Rechtsprechung Sache der Beschwerdeführer gewesen wäre, bei der unklaren Vertragsgestaltung zur Aufklärung beizutragen.

Hat die belangte Behörde aber in der Zeit von Oktober 1987 bis Dezember 1988 nur einen Mietzins von S 2.200,-- mit Josef B. als vereinbart angesehen, so stellt sich diese Vereinbarung auch unter Berücksichtigung der behaupteten Hausbesorgerleistungen des Josef B. nicht als fremdüblich dar, zumal selbst die Beschwerde nur ausgehend von einem Monatsmietzins von S 5.500,-- zur gegenteiligen Annahme gelangt.

Da somit die in der zitierten hg. Rechtsprechung genannten Kriterien nicht allesamt erfüllt sind, war die Nichtanerkennung eines zwischen den Beschwerdeführern und Josef B. in den Streitjahren behaupteten fremdüblichen Mietverhältnisses nicht rechtswidrig. Infolgedessen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Da im vorliegenden Fall keine durch die bisherige Rechtsprechung nicht schon klargestellte Rechtsfrage zu lösen war, konnte die Entscheidung gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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