Normen
EStG 1972 §2 Abs3 Z2;
EStG 1972 §2 Abs3 Z3;
EStG 1972 §22;
EStG 1972 §23;
EStG 1972 §2 Abs3 Z2;
EStG 1972 §2 Abs3 Z3;
EStG 1972 §22;
EStG 1972 §23;
Spruch:
Der Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich Einkommensteuer 1983 bis 1986 und Gewerbesteuer 1982 bis 1986 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte ist praktischer Arzt. In seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1982 bis 1986 erklärte er Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb einer Kuranstalt, in welcher unter ärztlicher Aufsicht eine Kur absolviert werden kann. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (resultierend aus der Kuranstalt), hinsichtlich derer er auch Gewerbesteuererklärungen einreichte, ermittelte der Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs 1, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972. In den den Erklärungen angeschlossenen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen zur Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind ua Laboreinnahmen und "Einnahmen Kuranstalt" ausgewiesen.
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß "im allgemeinen" bei einer "gemischten" Tätigkeit die Einkünfte aus der freiberuflichen (die Ordination betreffenden) und der gewerblichen (die Kuranstalt betreffenden) Tätigkeit steuerrechtlich zu trennen seien. Dieser Trennungsgrundsatz finde dort keine Anwendung, wo sich die beiden Tätigkeiten gegenseitig bedingten und derart miteinander verflochten seien, daß die gesamte Tätigkeit nach der Verkehrsauffassung als Einheit anzusehen sei. In der Folge wurden in dem gemäß § 150 BAO über die Prüfung ergangenen Bericht festgehalten, daß eine Kuranstalt ohne Arzt nicht geführt werden könne. Der Betrieb von Krankenanstalten oder Kliniken durch einen Arzt stelle dann eine freiberufliche Tätigkeit dar, wenn es sich hiebei um ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit handle. Dies sei anzunehmen, wenn der vom Arzt erstrebte Heil- oder Forschungszweck die Unterbringung in einer derartigen Anstalt erforderlich mache. Kein notwendiges Hilfsmittel und somit gewerbliche Einkünfte seien jedoch aus dem Betrieb einer Krankenanstalt anzunehmen, wenn aus der Beherbergung, der Verpflegung und den "sonstigen Dienstleistungen (zB tägliche Dunstwickel, Bewegungstherapie usw) mit Ausnahme der Vergütung für ärztliche Dienste" ein besonderer Gewinn angestrebt werde. Im gegenständlichen Fall sei auf Grund der Verrechnung eine genaue Trennung zwischen der Vergütung für "geleistete ärztliche Dienste (ärztliches Pauschale für die gesamte Kur) und den übrigen Einnahmen (Tagespauschale für die komplette Kur einschließlich Kurdiäten, tägliche Dunstwickel und Bewegungstherapie)" möglich. Betrachte man nun die Einkünfte aus dem Anstaltsbetrieb nach Abzug der Einnahmen für die ärztliche Tätigkeit, so hätten sich in den Jahren 1982 bis 1985 Gewinne zwischen rd S 550.000,-- und S 1,2 Mio und für 1986 ein Verlust von rd S 65.000,-- ergeben. Somit sei im Betrieb der Kuranstalt ein "besonderes Gewinnstreben" zu erblicken, weshalb dieser Betätigung die Eigenschaft eines notwendigen Hilfsmittels für die ärztliche Tätigkeit nicht zukomme. Vom Prüfer wurden in der Folge im wesentlichen die bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit erklärten "Einnahmen Kuranstalt" den aus dem Betrieb der Kuranstalt erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet und auch bei der Gewerbesteuer erfaßt.
Der Mitbeteiligte erhob gegen die entsprechend ergangenen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide Berufung. Darin trat er zwar nicht der Ansicht, daß der Betrieb der Kuranstalt als Einheit anzusehen sei, entgegen, vertrat aber die Ansicht, daß die Einkünfte - entgegen seinen Erklärungen - insgesamt als solche aus selbständiger Arbeit zu beurteilen seien, weil der Schwerpunkt der Tätigkeit hinsichtlich der Kuranstalt die ärztliche Tätigkeit sei. Eine Aufnahme in die Krankenanstalt könne nur nach vorhergehender ärztlicher Untersuchung erfolgen. Dabei werde eine Diagnose gestellt und jedem Patienten individuell die notwendige Heilmaßnahme verordnet. Der Mitbeteiligte trat auch der Ansicht entgegen, die Einnahmen für physikotherapeutische und diätetische Maßnahmen seien nicht Einnahmen aus der ärztlichen Tätigkeit, sondern als im Zusammenhang mit der Unterbringung stehend zu beurteilen, weil gerade diese Therapien wesentliche Bestandteile der Behandlung darstellten.
In einer Stellungnahme des Prüfers zur Berufung wurde darauf hingewiesen, daß es sich bei der Kur um eine alte Naturheilmethode handle, die nicht von einem Arzt erfunden worden sei. Sie bilde das Herzstück der Behandlung und laufe nach einem vorgegebenen (althergebrachten) Kurplan ab. Die ärztliche Tätigkeit beschränke sich im fast ausschließlich anzutreffenden Normalfall lediglich auf eine gründliche Anfangs- und Abschlußuntersuchung mit EKG, Spirometrie, eine Harnuntersuchung je Woche, Stuhluntersuchung auf Blut, zwei Zimmervisiten je Woche und Gelegenheit zur Aussprache mit dem Kurarzt. Die Kurgäste kämen somit zur Kur, um an einem seit vielen Jahrzehnten unverändert praktizierten und von einem Nichtarzt entwickelten Naturheilverfahren teilzunehmen. Dieses Verfahren bediene sich heute neben anderem Personal (zB einem Kurdirektor, Rezeptionskräften, Packerinnen, Küchenpersonal usw) eines praktischen Arztes, der feststelle, ob die Gäste dem vorgegebenen Kurplan gesundheitlich gewachsen seien oder nicht, zB würden Personen mit akuten Krankheiten zur Kur nicht zugelassen. Es handle sich also - einschließlich des Arztes - um Hilfspersonen, die den Ablauf des Verfahrens garantierten. Als Werbeträger diene die betreffende Kur als Naturheilmethode "(gewerbliche Tätigkeit)" und nicht die Kenntnisse des Mitbeteiligten als praktischer Arzt. Die betreffende Kur als Naturheilverfahren präge somit das Gesamtbild der einheitlichen Tätigkeit. Mit einem - seit 1986 - eingehaltenen Abrechnungsmodus ("Tagespauschale für komplette Kur inklusive Kurdiät und tägl. Dunstwickel und Bewegungstherapie und ärztliches Pauschale für gründliche Anfangs- und Abschlußuntersuchungen, usw)" bringe der Mitbeteiligte eindeutig zum Ausdruck, daß die täglichen Dunstwickel und Bewegungstherapien Ausfluß der seit 165 Jahren praktizierten Naturheilmethode seien und von der ärztlichen Tätigkeit nicht berührt würden.
In seiner Stellungnahme hiezu wies der Mitbeteiligte darauf hin, daß sich in den Zimmern der Kuranstalt weder eine Dusche noch eine Badewanne befinde, weil eine über die täglichen Dunstwickel hinausgehende Wasseranwendung während der Behandlungsdauer medizinisch kontraindiziert sei; den Patienten seien nur die notwendigsten hygienischen Säuberungsmaßnahmen, nicht aber Duschen, Baden oder Schwimmen gestattet. Auf Grund dieser Ausstattung der Zimmer der Krankenanstalt könne an eine Beherbergung ohne die ärztliche Tätigkeit überhaupt nicht gedacht werden und aus der Unterbringung in diesen Zimmern auch kein besonderer Gewinn erzielt werden.
In der Folge trat der Mitbeteiligte den Ausführungen des Prüfers in seiner Stellungnahme, daß die Kur seit ihrer Erfindung im wesentlichen unverändert durchgeführt werde, entgegen. Ebenso wie der Erfinder die Kur individuell gehandhabt habe, so gelte das gleiche für den Mitbeteiligten aufbauend auf seinen speziellen Kenntnissen als Arzt. Der Mitbeteiligte wende das medizinische Heilverfahren basierend auf wissenschaftlichen Grundsätzen der heutigen Zeit und dem heutigen Wissensstand entsprechend an.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung bezüglich Einkommen- und Gewerbesteuer 1982 bis 1986, bezogen auf den Berufungsantrag, die gesamten Einkünfte aus der Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kur als solche aus selbständiger Arbeit zu beurteilen, teilweise Folge und setzte die Bemessungsgrundlagen und Abgaben im wesentlichen wieder in dem Ausmaß fest, wie sie der Mitbeteiligte erklärt hatte. Entfalte ein Abgabepflichtiger eine sogenannte "gemischte" Tätigkeit, müsse "diese nur dann einem einheitlichen (steuerrechtlichen) Schicksal" zugeführt werden, wenn beide Tätigkeitsgebiete eine untrennbare Verflechtung miteinander aufwiesen. Soweit es aber möglich sei, die sich ihrem Inhalt nach unterscheidenden Leistungsbereiche voneinander abzugrenzen, so seien diese gesondert jeweils für sich zu beurteilen. Im gegenständlichen Fall sei es nun schon im Hinblick auf die vom Mitbeteiligten verrechneten Pauschalien unschwer möglich, festzustellen, welcher Teil der vom Mitbeteiligten erbrachten Gesamtleistung auf ärztliche Tätigkeiten bzw sonstige (nicht ärztliche) Betreuungs- und Beherbergungsleistungen entfallen seien, zumal der Senat an der Richtigkeit der durch den Mitbeteiligten (erklärungsgemäß) erfolgten Zuordnung der anläßlich der Abführung der Kur erzielten Einnahmen zu den einzelnen (selbständigen und gewerblichen) Leistungsarten keinerlei Bedenken hege.
Der Präsident der Finanzlandesdirektion erhob dagegen hinsichtlich Einkommensteuer 1983 bis 1986 und Gewerbesteuer 1982 bis 1986 gemäß § 292 BAO Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, worin er sich im wesentlichen gegen die Trennbarkeit der ärztlichen von der nicht ärztlichen Tätigkeit bezogen auf die Kuranstalt wandte. Die aus dem Betrieb der Kuranstalt erzielten Einkünfte hätten bei - nach Ansicht des Beschwerdeführers - richtiger Beurteilung in ihrer Gesamtheit als solche aus Gewerbebetrieb beurteilt werden müssen.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher er nach eingehender Beschreibung der Kuranwendung die Ansicht vertrat, daß die Voraussetzungen für eine Beurteilung der Einkünfte aus dem Betrieb der Krankenanstalt ausschließlich als solche aus selbständiger Arbeit erfüllt seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 EStG 1972 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb ua Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind ua Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Ärzte.
Gemäß § 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.
Übt ein Abgabepflichtiger neben seiner selbständigen Arbeit eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind diese Betätigungen nach allgemeinen Grundsätzen voneinander zu trennen. Der Steuerpflichtige unterhält dann einen Betrieb, aus dem er Einkünfte aus selbständiger Arbeit, und einen weiteren Betrieb, aus dem er Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Stehen die beiden Tätigkeiten in engem, sachlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang, so wird aus beiden Tätigkeiten eine einheitliche Betätigung, die das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes zur Folge hat. Im Fall einer derartigen einheitlichen Betätigung muß dann entschieden werden, unter welche Einkunftsart die daraus fließenden Einkünfte fallen (vgl Schubert, Pokorny, Schuch, Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, Anm 8 zu § 22).
Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde im Ergebnis davon aus, daß zwischen den zu beurteilenden Tätigkeiten des Beschwerdeführers ein enger, sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang nicht bestehe, weshalb die - wenn auch im Rahmen der Kuranstalt erzielten - Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit als solche aus selbständiger Arbeit und die Einkünfte "aus den nicht ärztlichen Tätigkeiten" als solche aus Gewerbebetrieb zu beurteilen seien.
Der Beschwerdeführer meint demgegenüber, daß sich ihrem Inhalt nach unterscheidende Tätigkeiten dann untrennbar miteinander verkettet seien und demnach einem "einheitlichen - steuerrechtlichen - Schicksal" zu unterwerfen seien, wenn nach der Verkehrsauffassung beide Tätigkeiten als wirtschaftliche Einheit angesehen würden. Da die anläßlich der Abführung der Kur erbrachten ärztlichen und nicht ärztlichen Tätigkeiten von den sich der Kur unterziehenden Personen in ihrer Gesamtheit in Anspruch genommen worden seien, habe die Entfaltung der nicht ärztlichen Tätigkeiten (Verabreichung von Dunstwickeln, speziellen Kurspeisen und Wein) daher zwangsläufig die Ausführung der ärztlichen Tätigkeiten bedungen bzw sie notwendigerweise vorausgesetzt, zumal nach dem Inhalt des Bewilligungsbescheides der Landesregierung hinsichtlich der Kuranstalt diese unter der verantwortlichen Leitung eines in Österreich zur Praxis berechtigten Arztes zu stehen gehabt hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt im Ergebnis die Ansicht des Beschwerdeführers, daß der Betrieb einer Kuranstalt nach der Verkehrsauffassung einen einheitlichen Betrieb bildet, auch wenn hiebei - sei es durch den Betreiber, sei es durch Ärzte, Pflege- und allenfalls sonstiges Personal - unterschiedlichste Leistungen erbracht werden. Handelt es sich doch bei der Kuranstalt um einen einheitlichen Betrieb, weswegen für ein Herauslösen einzelner Teilleistungen, ungeachtet des Umstandes, daß zu ihrer Erbringung die ärztliche Qualifikation Voraussetzung ist, keine Veranlassung besteht. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Mitbeteiligte neben der von ihm betriebenen Kuranstalt auch praktischer Arzt ist, und insofern einen von der Kuranstalt getrennten Betrieb führt, dessen Einnahmen - unbestritten - als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu beurteilen sind.
Soweit der Mitbeteiligte in seiner Gegenschrift die Frage anspricht, ob seine Einkünfte aus dem Betrieb der Krankenanstalt als solche aus Gewerbebetrieb oder als solche aus selbständiger Arbeit zu beurteilen sind, ist zu sagen, daß der Verwaltungsgerichtshof nach Lage des Falles schon deshalb keine Bedenken gegen die Beurteilung der Einnahmen aus dem Betrieb der Kuranstalt als solche aus Gewerbebetrieb hat, weil die in der Kuranstalt - wenngleich unter ärztlicher Aufsicht - ausgeübte Naturheilmethode nicht als notwendige Ergänzung der ärztlichen Tätigkeit des Mitbeteiligten im Rahmen seiner Ordination als praktischer Arzt angesehen werden kann, sondern eine eigenständige Einnahmequelle neben dessen ärztlichen Beruf bildet.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
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